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    Finanzmarktkolumne  1608  0 Kommentare Italien vor einem Defizitverfahren

    Die italienische Regierung bleibt bei ihrem Konfrontationskurs gegenüber der EU-Kommission und der Absicht das Haushaltsdefizit abweichend von früheren Vereinbarungen auf über 2% zu erhöhen. Wir erwarten, dass sie diesen Kurs bis zu den Europawahlen im Mai beibehält, um so auf einer Welle EU-kritischer Ressentiments, ihren Stimmenanteil zu maximieren. Die gestiegenen Zinsaufschläge italienischer Anleihen verteuern die Neukreditaufnahme, erschweren die mittelfristige Stabilisierung der Staatsverschuldung und belasten den privaten Sektor, was die Wachstumsdynamik bereits in den nächsten Monaten weiter abschwächen könnte.

    Die italienische Regierung lässt sich nicht beirren – weder von der EU-Kommission, noch dem Internationalen Währungsfonds, noch von Landsmann Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie bleibt bei ihren expansiven Haushaltsplänen. Dass diese den Vereinbarungen mit der EU-Kommission und den europäischen Fiskalregeln widersprechen und daher Widerspruch aus Brüssel provozieren, scheint sie für die italienische Regierung nur noch attraktiver zu machen. So lässt sich leicht ein Feindbild aufbauen, gegen das sie für das vermeintliche Wohl des italienischen Volkes kämpfen kann. Umfragen zeigen, dass die Strategie von Lega-Chef Salvini aufgeht. Seine Popularität ist seit der Bildung der Koalitionsregierung mit der 5-Stern Partei deutlich angestiegen. Daher wird er seine Strategie vor der Europawahl wohl kaum ändern und hat stattdessen eher den Schulterschluss mit anderen EU-kritischen Parteien anderer Länder suchen.

    Der EU-Kommission wird es kaum möglich sein, substanziell auf die italienische Regierung zuzugehen – zu weit liegen die Vorstellungen der italienischen Regierung von dem europäischen Regelwerk entfernt. Dabei geht es nicht nur um das Defizit. Auch die optimistische Wachstumsannahme, auf der die erwarteten Steuereinnahmen basieren, wird kritisiert. Eigentlich sollen die Wachstumsannahmen für die Haushaltsplanungen von einer regierungsunabhängigen Institution gemacht werden. Das ist in Italien aber ebenso noch nicht der Fall. Angesichts der vielen Ausnahmen, die Italien in der Vergangenheit gewährt wurden, dürfte eine erneute Ausweitung des Haushaltsdefizits kaum von der EU toleriert werden können, wenn sie die Fiskalregeln nicht komplett aufgeben möchte. Die Kommission hat daher mit dem heutigen Bericht den ersten Schritt für die Aufnahme eines Defizitverfahrens gemacht. Dieses beinhaltet zu einem späteren Zeitpunkt die Möglichkeit eine unverzinsliche Einlage von 0,2% von Italien zu verlangen. Wenn die italienische Regierung das europäische Fiskalregelwerk auch dann weiter verletzt, kann ihr eine Strafe von bis zu 0,5% des BIP auferlegt werden. Soweit wird es aber wohl kaum kommen.


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    Dr. Karsten Junius
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    Dr. Karsten Junius ist seit dem 1. April 2014 Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin AG und hat die Leitung des Economic Research inne. Bevor er zur Bank J. Safra Sarasin stiess, war Dr. Junius beim Internationalen Währungsfonds als „Principal Economist“ tätig. In vorgängigen Positionen arbeitete er als Leiter Kapitalmarkt- und Immobilien Research bei Deka Bank und als Ökonom bei Metzler Asset Management GmbH. Davor war er Ökonom am Institut für Weltwirtschaft der Universität Kiel. Dr. Karsten Junius ist CFA Charterholder und doktorierte in Volkswirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.
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    Verfasst von Dr. Karsten Junius
    Finanzmarktkolumne Italien vor einem Defizitverfahren Die italienische Regierung bleibt bei ihrem Konfrontationskurs gegenüber der EU-Kommission und der Absicht das Haushaltsdefizit abweichend von früheren Vereinbarungen auf über 2% zu erhöhen. Wir erwarten, dass sie diesen Kurs bis zu den Europawahlen im Mai beibehält, um so auf einer Welle EU-kritischer Ressentiments, ihren Stimmenanteil zu maximieren. Die gestiegenen Zinsaufschläge italienischer Anleihen verteuern die Neukreditaufnahme, erschweren die mittelfristige Stabilisierung der Staatsverschuldung und belasten den privaten Sektor, was die Wachstumsdynamik bereits in den nächsten Monaten weiter abschwächen könnte.

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