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     1744  0 Kommentare "Kauft Bonds!"

    Nein, diese Aufforderung an alle Bullen ist nicht ganz ernst gemeint. Aber sie weist auf die aktuelle Schwachstelle der Finanzmärkte hin. Solange die Anleihegläubiger insbesondere die viel beachteten 10-jährigen TBonds aus Furcht vor einer baldigen Anhebung der Leitzinsen verkaufen, reißt die steigende Rendite die ohnehin schon große Kluft weiter auf. Das erhöht den Anpassungsdruck und verstärkt die Befürchtungen, die Erholung der Wirtschaft übersteht schnelle und kräftige Zinsschritte nicht, die noch dazu erst in einem späten Stadium des Konjunkturzyklus erfolgen würden.

    Die Sache der Bullen ist noch nicht verloren. Die Aktien-Indices setzen sich gegenwärtig mit ihren 200-Tag-Linien auseinander. In den meisten Fällen sind die entweder noch erreichbar oder es ist sogar ein kleines Reversal an diesen Auffangnetzen erkennbar. Der Housing-Index macht allerdings einen ausgesprochen wackeligen Eindruck. Der TRIN-Index ist völlig konträr zu anderen Marktstruktur-Indikatoren weiterhin leicht bullisch zu interpretieren. Der VIX zeigt an, dass „Schluss mit lustig“ ist, um es einmal salopp zu formulieren. Er hat gesamten gestrigen Handel in negativem Terrain verbracht. Dabei hat er ein Gap gerissen, was für den heutigen Verlauf eine besonders kritische Vorgabe ist: Viel Zeit bleibt nicht.

    Der SOX behauptet sich weiterhin. Die Situation hat aus meiner Sicht Ähnlichkeit mit dem Frühjahr 2000, als der Index ebenfalls das Ende der Welt anzukündigen schien und dann in einem furiosen Schlussspurt noch einmal alles mit sich hoch riss. Das war damals auch im Mai – so viel zum Thema „Sell in May and go away“. Dieses Mal könnte es vielleicht wieder heißen: „Stay in May and pray“?

    Es gibt weitere Parallelen zum Jahr 2000: Die Rendite der 10-jährigen TBonds hatte damals eine rund vier Wochen dauernde Rallye aufs Parkett gelegt, die zwischen dem 8. und 18. Mai bis auf fast 6,6 Prozent führte. Aktuell startete der Abverkauf der Staatsanleihen spät im März und dauert noch an. Der SOX versuchte am 11. Mai 2000 ein erstes Reversal, der zweite Versuch am 24. Mai brachte den Erfolg. Damals wie heute versprühten übrigens die Marktforscher Optimismus über die Entwicklung der Halbleiter-Branche und mancher Analyst hielt die gedrückten Aktienkurse der Chip-Fabriken für Einstiegs-Schnäppchen.

    Noch dürfte die Sache der Bullen also nicht verloren sein. Das gilt insbesondere, nachdem gestern und heute einiges an spekulativer Luft aus der Preisentwicklung für Rohöl entwichen ist.

    Die TimePattern sehen die Entwicklung der einzelnen Indices kaum verändert. Beim NDX allerdings hat sich das Bild mit dem gestrigen Schlusskurs unter 1400 eingetrübt. In der Gesamtschau stützen die TimePattern weiterhin das Bild einer temporären Höherbewertung von Aktien.



    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    "Kauft Bonds!" Nein, diese Aufforderung an alle Bullen ist nicht ganz ernst gemeint. Aber sie weist auf die aktuelle Schwachstelle der Finanzmärkte hin. Solange die Anleihegläubiger insbesondere die viel beachteten 10-jährigen TBonds aus Furcht vor einer …