checkAd

     490  0 Kommentare Eine Abrechnung: Die 3 Denkfehler der Europäischen Zentralbank

    Es gab mal eine Zeit, in der ich den Euro mochte und überzeugt war, dass die Zentralbank auf ihn aufpasste. Das war einmal. Heute bin ich überzeugt, dass sie den Euro in eine ausweglose Situation gebracht hat. Grundlage sind drei IrrtümerHey EZB, altes Haus! Wir haben schon so viel zusammen erlebt. Über 20 Jahre kennen wir uns schon. Und weißt du was? Am Anfang fand ich dich richtig cool. Ich war damals Bankberater und hielt in Schulen Vorträge über die neue Europa-Währung. Du würdest schon aufpassen, dass sie stabil bleibe, hatte ich damals angekündigt. Und ich glaubte das auch wirklich. Ich war jung und begeistert von der Idee einer gemeinsamen Währung. Damals.
    Und heute?
    Heute halte ich den Euro, also deinen Schutzbefohlenen, nur noch für eine Idee, im Grunde gut gemeint aber in der Praxis unglaublich schlecht umgesetzt. Weitere Versuche, die Länder unter einen Hut zu kriegen? Fehlanzeige. Stattdessen fehlen mit frei schwingenden Wechselkursen und landeseigenen Zinsen zwei wichtige Ventile für volkswirtschaftliche Differenzen. Soll heißen: Es hat nicht mehr jedes Land die Zinsen und die Währung, die es verdient.
    Doch das hast du ja gar nicht verbockt, das waren Regierungen, die sich darauf ausruhen, dass du die Zinsen immer schön tief hältst. Wir haben bis zur Oberkante der Unterlippe verschuldete Staaten, denen höhere Zinsen sofort das finanzielle Genick brechen würden. Wir haben frustrierte Anleger, denen du alles wegkaufst und deren Renditen du vernichtet hast. Wir haben einen Euro, der die Staaten nicht vereint, sondern verzankt hat. Wir haben einen Finanzmarkt, der nicht mehr so funktioniert, wie er soll. Normalerweise bekommt ein Schuldner, der sich übernimmt, von seinen Gläubigern die Quittung, indem sie höhere Zinsen fordern. Dieses Grundgesetz hast du ausgehebelt, wie die Renditen italienischer Anleihen belegen.


    Soweit ich das einschätzen kann, offenbarst du mindestens drei dicke Denkfehler, die ich einer Profi-Truppe wie deiner nie zugetraut hätte.
    Denkfehler Nummer 1: Die Inflation muss knapp unter 2 Prozent liegen
    Du selbst hast dir 2003 ins Gebetbuch geschrieben, dass die Inflation nicht einfach nur unter, sondern nahe 2 Prozent liegen soll. Und seitdem kriegst du immer gleich Schnappatmung, wenn die Preise mal nur um 1 Prozent anziehen. Erstens ist das noch keine Deflation. Zweitens ist noch immer umstritten, ob Deflation wirklich immer und überall schlecht ist. Vielleicht ist sie nämlich gar nicht die Ursache für Abschwünge, sondern nur deren Symptom.
    Nun gibt es ja die These, dass Einkäufe und Investitionen aufgeschoben werden, wenn die Preise sinken. Kriegt man ja schließlich immer billiger, einfach abwarten. Das lässt Nachfrage sinken, Gewinne schrumpfen und Unternehmen Menschen entlassen. Die gefürchtete Deflationsspirale entsteht auf diese Art. Ein paarmal schon passiert, gar keine Frage.
    Doch ebenso kann jeder Computer-Freak den Zusammenhang in fünf Sekunden weglachen. In der Computer-Industrie haben wir Deflation, seit es sie gibt. Schau dir mal das Mooresche Gesetz an. Das ist pure Deflation, in ein Semi-Naturgesetz gegossen. Soweit ich weiß, geht es der Hightech-Industrie gar nicht mal sooo schlecht.
    Ich habe mir in meinem Leben inzwischen sieben PCs gekauft, obwohl ich jeden einzelnen von ihnen ein Jahr später billiger oder besser gekriegt hätte. Aber dann hätte ich ja ein Jahr lang nicht darauf daddeln können. Denn das ist einer deiner Fehler, EZB: Du glaubst, dass sich Nachfrage immer nur nach den Preisen richtet. Den Nutzen als Kaufmotiv vergisst du völlig.
    Denkfehler Nummer 2: Du bist für die Wirtschaft zuständig
    Nein, bist du nicht. Vor allem versuchst du damit, die Hausaufgaben der Regierungen zu übernehmen. Nein, du bist lediglich für vernünftige monetäre Rahmenbedingungen zuständig. Dein Auftrag ist nicht, Unternehmen zu päppeln, sondern im Abschwung Engpässe im Geldkreislauf zu vermeiden. Oder Engpässe zu erzeugen, wenn es irgenwann vielleicht doch mal wieder überschäumt. Und angesichts von über 2 Billionen Euro, die du über Anleihekäufe auf Bankkonten geschippt hast, kann ich gerade keinen Engpass erkennen. Das wirkt eher wie die berühmt-berüchtigte Liquiditätsfalle.
    Was soll es also noch bringen, wenn du dir kraftstrotzend auf die eigene Brust hämmerst und noch eine Billion in die Banken drückst? Wenn du mich fragst (machst du nicht, ich weiß): Nichts.
    Denkfehler Nummer 3: Du musst um jeden Preis eine Rezession verhindern
    Dabei vergisst du, dass eine Rezession durchaus ihre Aufgaben hat. Sie trennt durch ein schwieriges Wirtschaftsumfeld die sinnvollen von den sinnlosen Investitionen. Übrigens gepaart mit Deflation. Wer hat sauber kalkuliert, und wer war ein Stück zu optimistisch? Letztere müssen dann nachbessern oder im Extremfall die Tore schließen. So schmerzhaft das ist, das gehört nun mal zum Kapitalismus dazu und ist sozusagen der Gütetest für die Wirtschaft. Das andere nennt sich Planwirtschaft. Kenne ich aus meiner Kindheit, ist nicht so schön.
    Nur willst du das nicht einsehen. Stattdessen willst du über den Strafzins Banken zwingen, auch noch den letzten Mist zu finanzieren. Nur um das Geld aus den Büchern zu kriegen. Die Rechnung lautet dann: Selbst, wenn am Ende nur eine Schwarze Null winkt, ist das immer noch besser als ein Minuszins. Ein derart pervertiertes Investitionswesen hätte ich früher nie für möglich gehalten.
    Was dir dagegen zweifellos zusteht, ist, in einer harten Rezession oder gar Depression finanziell gegenzusteuern. Gar keine Frage. Aber auch da überschätze mal bitte nicht deine Mittel und Fähigkeiten! Man kann mit Geld leider nicht alles regeln, auch wenn du das immer wieder versuchst.
    Hey EZB, wir haben uns auseinandergelebt. Du hast es geschafft, dass der Euro per Kredit zum Nulltarif verschleudert wird. Wenn man die alte Regel "Der Zins ist der Preis des Geldes" bemüht, hast du den Euro quasi kostenlos gemacht. Wer soll denn so eine Währung noch ernst nehmen?
    Du bugsierst den Euro in eine Situation, aus der er nicht mehr rauskommt. Zinsen werden nicht mehr steigen können, deine gekauften Anleihen wirst du nicht so einfach aus den Büchern kriegen, ohne dass irgendwo ein Land oder eine Bank implodiert. Oder mehr. Oder siehst du das anders? Beweis mir, dass ich mich irre! Es würde mich freuen.
    Wenn man im Computerspiel in eine ausweglose Situation gerät, lädt man den letzten Spielstand nochmal und versucht dann, alles besser zu machen. In deinem Fall wäre das kurz vor Mario Draghis Amtsantritt. Wenn es doch nur so einfach wäre.

    Weiterlesen auf www.dasinvestment.com



    DAS INVESTMENT
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DAS INVESTMENT wurde 1999 als DER FONDS gegründet und 2007 umbenannt. Das Magazin zählt zu den führenden Fonds-Content-Providern im deutschsprachigen Europa. Themen sind Investmentfonds, Märkte und Volkswirtschaften, geschlossene Fonds, Private Equity, Immobilien sowie Steuern und Recht. Zur Mediengruppe zählen auch die Magazine private banking magazin (Online und Print) sowie die Internetseite multiasset.com. Zudem richtet die Mediengruppe auch den private banking kongress aus.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von DAS INVESTMENT
    Eine Abrechnung: Die 3 Denkfehler der Europäischen Zentralbank Es gab mal eine Zeit, in der ich den Euro mochte und überzeugt war, dass die Zentralbank auf ihn aufpasste. Das war einmal. Heute bin ich überzeugt, dass sie den Euro in eine ausweglose Situation gebracht hat. Grundlage sind drei Irrtümer

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer