Kursrally: Anleger setzen wieder auf das Prinzip Hoffnung - Seite 2
Standardfloskel der Notenbanken
Eben so wenig plausibel ist es, dass die Anleger sich derart über die jüngsten Aussagen des US-Notenbankchefs Jerome Powell gefreut haben sollten, wie es auch einige Medien zum gestrigen Kursanstieg berichteten. Powell habe demnach die Absicht bekräftigt, notfalls weitere geldpolitische Lockerungen zu beschließen, sollte dies nötig sein. Diese Aussage findet sich allerdings quasi in jedem Statement zu den letzten geldpolitischen Beschlüssen. Es ist daher nicht mehr als eine Standardfloskel und für die Börsen ebenso nichts Neues.
Keine schnelle Rückkehr auf das Vor-Krisen-Niveau
Vielmehr sollte man darauf achten, was Powell noch gesagt hat. Denn er schloss sich weiteren Experten an, die der Meinung sind, dass die Wirtschaft zwar in der zweiten Jahreshälfte wieder Fahrt aufnehmen, eine komplette Erholung aber möglicherweise bis zur Einführung eines Impfstoffes auf sich warten lassen wird. Und das auch nur, solange eine zweite Infektionswelle ausbleibt. Für das aktuelle laufende Quartal gab er dagegen eine dramatische Prognose ab: Das US-BIP könne um 20 % bis 30 % einbrechen und die Arbeitslosenquote auf 20 % bis 25 % ansteigen. OK, nun sind diese Prognosen auch nicht neu. Neu ist lediglich, aus wessen Mund sie kommen.
Und das gilt auch für die aktuellen Erwartungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Danach werde es ebenfalls deutlich länger dauern, bis sich die Wirtschaft vollständig erholt. Die eingehenden Daten seien schlechter als erwartet, sagte IWF-Direktorin Kristalina Georgieva gestern. Und: „Natürlich bedeutet das, dass wir sehr viel länger für eine vollständige Erholung von dieser Krise benötigen werden."
Ganz ähnlich klingt EZB-Chefvolkswirt Philip Lane: „Aus heutiger Sicht sieht es auf jeden Fall unwahrscheinlich aus, dass die Wirtschaftstätigkeit vor 2021, wenn nicht sogar später, zu ihrem Vorkrisenniveau zurückkehren wird", sagte Lane einer spanischen Zeitung. Ich erinnere dazu an ähnlich lautende Prognosen unter anderem aus der Börse-Intern vom 5. Mai.
Am Markt herrscht das Prinzip Hoffnung
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Der Aktienmarkt scheint sich also mit den aktuellen Kursentwicklungen gegen die Meinung der renommiertesten Experten und die mehrheitlichen Prognosen zu stellen. Und daher muss man sich die Frage stellen, ob hier nicht aktuell schon wieder eine Übertreibung läuft und das Prinzip Hoffnung etwas überstrapaziert wird – mal wieder.
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