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     2307  0 Kommentare Obama, hilf!

    Zur Jahreswende sah es noch so aus, als wäre der insgeheim herrschende Konsens tragfähig: Aktien haben am 20./21. Nov 2008 ein Tief ausgebildet, die wirtschaftliche Erholung startet in der zweiten Jahreshälfte 2009, Unternehmensanleihen sind kaufenswert, Aktien sind billig, die schlechten Nachrichten sind weitestgehend in den Kursen verarbeitet.

    Solchermaßen gestärkt, rückten die Bullen in den ersten Januar-Tagen noch ein Stückchen vor. Doch dann meldete sich die Finanzkrise mit Wucht zurück – mit einer ganzen Salve an schlechten Nachrichten. Sogar die stolze Deutsche Bank musste ein katastrophales viertes Quartal melden – und nun wird der Staat an ihr beteiligt, wenn auch (bisher) nur indirekt.

    Hobby-Statistiker werden nicht müde, zu erklären, auf ein schlechtes Jahr folge ein gutes („normalerweise“). Ja, das Jahr 2008 war schlecht – es brachte für US-Aktien die dritt-schlechteste Performance in über 110 Jahren Dow-Geschichte. Möglicherweise haben die Leute 1930 auch gedacht, dass mit diesem viert-schlechtesten Aktien-Jahr das Schlimmste vorbei war. Doch dann mussten sie 1931 erleben, dass es noch (viel) schlechter geht: 1931 brachte mit über 50 Prozent den höchsten Dow-Jahresverlust der vergangenen 110 Jahre.

    Ausgeschlossen ist es also keineswegs, das auf „schlecht“ “schlechter“ folgt. Und unwahrscheinlich ist es auch nicht. Eine Kreditblase von den zuletzt gesehenen Ausmaßen platzt nicht innerhalb von ein paar Monaten. Was Dekaden braucht, um zu entstehen, braucht Zeit, um zu vergehen. Abhängig davon, ob und wie die Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik greifen, ist mit einer noch mindestens ein Jahr andauernden Periode fallender Asset-Preise zu rechnen, in der die deflationäre Wirkung des "Deleveraging" die inflationären Effekte der Geld- und Fiskalpolitik aussticht. Auch danach dürfte das Wirtschaftswachstum nachhaltig niedrig bleiben, mit stagnierenden Asset-Preisen. Wenn die Rezession in eine Depression mündet, dürfte das die inflationären Effekte weiter dämpfen, anderenfalls wäre das sich anschließende Szenario die Stagflation.

    In jeder Krise gibt es charakteristische psychologische Prozesse: Zunächst wird versucht, das Geschehen zu ignorieren. Da eine Krise durch Verdrängung nicht verschwindet, kommt schließlich blankes Entsetzen auf mit entsprechenden Panik-Attacken. Je schwerer die Krise, je länger dauert diese erste Etappe und umso wahrscheinlicher werden ihre Phasen mehrfach durchlaufen. Erst allmählich kann man in der zweiten Etappe die Krise akzeptieren. Das schafft schließlich die Grundlage für die dritte Etappe, die der Handlung: Die aktive Auseinandersetzung mit der Krise ist die Bedingung zu ihrer Überwindung und Neuorientierung.
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    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Obama, hilf! Zur Jahreswende sah es noch so aus, als wäre der insgeheim herrschende Konsens tragfähig: Aktien haben am 20./21. Nov 2008 ein Tief ausgebildet, die wirtschaftliche Erholung startet in der zweiten Jahreshälfte 2009, Unternehmensanleihen sind …