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    Revolution in den Hörsälen?  3039  1 Kommentar Schluss mit der neoklassischen Monokultur!

    Sie sind jung, wissensbegierig - und wollen sich nicht länger mit einer einseitigen Lehre zufrieden geben. In den Wirtschaftswissenschaften regt sich Widerstand gegen die Dominanz der neoklassischen Lehre. Warum das uns alle was angeht?

    Er ist der gefeierte Ökonom der Stunde: Thomas Piketty. Sein Buch „Kapital im 21. Jahrhundert“ avancierte innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller und entfachte die Debatte um eine zunehmende Ungleichheit im kapitalistischen System aufs Neue. Damit geht er auf Distanz zu vielen seiner Kollegen in den Wirtschaftswissenschaften. Denn dort ist die neoklassische Idee von perfekt funktionierenden freien Märkten noch immer fest in den Köpfen verankert. und wird als unantastbares Credo gepredigt. Eine „intellektuelle Monokultur“ nennt das ein Bündnis von Studierender der Wirtschaftswissenschaften und fordert eine „Plurale Ökonomik“.

    Schluss mit der "Intellektuellen Monokultur"

    Vor einiger Zeit prangerte das Bündnis „ISIPE“ (International Student Initiative for Pluralism in Economics) aus 40 Studierenden-Vereinigungen aus insgesamt 19 Ländern in einem offenen Brief die Dominanz der neoklassischen Theorien an. „Wir beobachten eine besorgniserregende Einseitigkeit der Lehre, die sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verschärft hat“, heißt es in dem Aufruf. Sie kritisieren, dass andere Theorien wie etwa post-keynesianische, feministische, marxistische Ansätze oder auch die österreichische Schule in den Lehrplänen gar nicht oder nur unzureichend vorkommen. Die meisten Studierenden der Volkwirtschaftslehre verließen die Universität, ohne jemals von einer dieser Traditionen gehört zu haben, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

    Kritiker von ISIPE werfen dem Bündnis vor, es würde sich ausschließlich gegen die neoklassische Wirtschaftslehre richten. Dabei gehöre diese Denkschule ihrer Meinung nach aus einem guten Grund zum Mainstrain der Wirtschaftswissenschaften – weil sie funktioniere. Die von ihr abgeleiteten Modelle hätten in der Vergangenheit stets unter Beweis gestellt, dass sie durchaus in der Lage seien, Phänomene wie die Finanz- und Wirtschaftskrise adäquat abzubilden und zu erklären.

    Dem würden nicht unbedingt alle zustimmen, war es doch gerade das Versagen der Ökonomen, die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und ihre Folgen nicht vorherzusehen, welches die gesamte Disziplin in eine schwere Vertrauenskrise stürzte.

    Alle Denkschulen auf den Prüfstand stellen

    Doch Thomas Vass, Mitbegründer des ISIPE-Bündnisses will sich auf solche Grabenkämpfe nicht einlassen. Es gehe nicht darum, eine Denkschule abzulehnen und durch eine andere zu ersetzen. „Wir wollen nicht den Kampf zwischen den verschiedenen Denkschulen, der in der Vergangenheit ausgefochten wurde, neu entfachen“, so Vass gegenüber dem Nachrichtenportal „Ozy“. Vielmehr versuche das Bündnis, die Studierenden dazu einzuladen, alle Denkschulen im Lichte der heutigen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt kritsch zu prüfen. Darüber hinaus rufen die Studierenden dazu auf, sich interdisziplinären Ansätzen und Methoden zu öffnen. Zu oft verschränke sich die Lehre allein auf quantitative Ansätze mit Zahlen und Formeln.

    Die politischen Entscheidungsträger von morgen

    Doch was kümmert uns eine interne Richtungsdebatte einer wissenschaftlichen Disziplin? Niamh Ni Mhaoileoin bringt es auf den Punkt: Weil die Wirtschaftsstudenten von heute die politischen Entscheidungsträger von morgen sein werden. In der Tat sind Ökonomen aus dem politischen Tagesgeschäft kaum mehr wegzudenken. Kaum eine weltpolitische Entscheidung, die ohne Zutun von IMF, Weltbank oder Europäischer Zentralbank gefällt wird. Und auch Politiker vertrauen nach der Krise ebenso wie vor der Krise noch immer dem Rat der Ökonomen. Oder wie John Maynard Keynes, ohne Zweifel einer der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, einst sagte: „Die Männer der Tat, die sich frei wähnen von jeglichem … Einfluss, sind für gewöhnlich Sklaven irgendeines längst verblichenen Ökonomen“.





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