BNP-Ökonom
„2015 wird ein wichtiges Jahr“ - Seite 2
Reinhold Knaus, Senior Economist bei BNP Paribas.
FundResearch: Die Inflation im Euroraum ist derzeit sehr niedrig. Ist eine Deflation im kommenden Jahr wahrscheinlich? Und wenn ja, hat das negative Auswirkungen?
Reinhold Knaus: Deflation ist möglich, wobei insbesondere dem Ölpreis eine Schlüsselrolle zufallen wird. Deflationäre Prozesse halten wir für aber für unwahrscheinlich. Sinkende Löhne waren in Japan einer der Treiber der Deflation. Das ist für die meisten Länder in der Eurozone nicht zu erwarten. In einzelnen Ländern besteht dieser Druck, aber dies ist eher als eine einmalige Anpassung zur Wiedererstellung der Wettbewerbsfähigkeit im Euro zu sehen und muss einer Rückkehr zu Wachstum sowie wieder steigenden Löhnen nicht im Wege stehen.
FundResearch: Die EZB hat 2014 den Leitzins bis auf 0,05 Prozent abgesenkt. Weniger geht kaum. Wird sie 2015 beim Anleihenkauf richtig Gas geben und Liquidität in den Markt schieben?
Reinhold Knaus: Die EZB hat ihren Willen bekundet das Wachstum zu stützen und die Bildung von Deflationserwartungen zu bekämpfen. Insofern wird sie zweifelsohne Liquidität in den Markt pumpen. Tempo und Umfang der Liquiditätsführung wird in starkem Maße von der Wachstums- und Inflationsentwicklung getrieben werden.
FundResearch: Was wird die Fed im kommenden Jahr machen?
Reinhold Knaus: Die Fed wird bestrebt sein, wie im Jahre 2014 den Märkten ein Gefühl von Berechenbarkeit zu geben. Im Auf und Ab der Wirtschaftsdaten hat die Fed kontinuierlich das Tapering bis zum Ende der Anleihekäufe durchgezogen. Ähnliches wird sie 2015 durch moderate Zinserhöhungen versuchen, die auch das Ziel haben einen abrupten und starken Zinsanstieg am langen Ende zu vermeiden. Allerdings erscheint eine höhere Volatilität wahrscheinlich, im Auf und Ab der Wirtschaftsdaten werden sich Erwartungen über Timing und Ausmaß des Straffungsprozesses entsprechend hin- und her bewegen.
FundResearch: Wo bzw. wie sollten Anleger 2015 ihr Geld investieren?
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Reinhold Knaus: Die Unterstützung aller Assetklassen durch die Geldpolitik wird nachlassen, weil die Divergenz zwischen den einzelnen Regionen zunehmen wird und – getrieben durch die USA – mehr Volatilität zu erwarten ist. Fundamentaldaten und die Frage, ob eine Assetklasse relativ eher billig oder teuer ist, gewinnen an Bedeutung. Bei Renten sehen wir das Ende der Rallye, aber kein Ende des Niedrigzinsumfeldes. Für risikoreichere Assetklassen sind wir konstruktiv, insbesondere auch für Aktien. In einer Weltwirtschaft mit niedrigerem Wachstum und mehr Volatilität sind Megatrends und auch Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen interessant. Insgesamt ist es wichtig, dass Anleger ihre Prioritäten klar definieren. Je nachdem ob dies Kapitalerhalt, laufender Ertrag oder Wertzuwachs ist, muss die Anlagestrategie und der Umgang mit Risiken unterschiedlich definiert werden.