Varoufakis kritisiert Neugestaltung Europas
Disziplin und Ordnung - Zuchtmeister Schäuble will an Griechenland Exempel statuieren
Bis vor Kurzem bekleidete er noch das Amt des griechischen Finanzministers… Yanis Varoufakis. Der streitbare und konfrontationsfreudige Politiker der Syriza hat in seinem deutschen Amtskollegen keinen Freund finden können. Ihre erste gemeinsame Pressekonferenz Anfang Februar setzte den Ton, der sich bis zum Abdanken von Varoufakis noch verschärfen sollte. Damals betonte Schäube noch: „Griechenland gehört zum Euro“. Von gegenseitiger Toleranz aber nicht notwendigerweise Akzeptanz war die Rede sowie von Kooperationsbereitschaft auf beiden Seiten.
Doch die Differenzen, die sich am ersten Treffen zeigten, verfestigten sich. „We agreed to disagree“, offenbarte Schäuble. Varoufakis hingegen widersprach sofort: „We not even agreed to disagree.“ Es folgten der Mittelfinger-Skandal, das Tonband-Gate, der Waterboarding-Vorwurf und das Verdammen der Institutionen als Terroristen. Abgesehen von dem Ernst das Lage Griechenlands, der nicht vermögenden Griechen und Rentner, die um ihr Geld bangen sowie des kritikwürdigen Euro-Schneeballsystem, mit dem das Land weiter in die Knie gezwungen wird, diplomatischen gesehen, fabrizierte Varoufakis ein Eigentor nach dem anderen. Nichts desto trotz hat er für sich alles erreicht - Wertsteigerung inklusive (siehe: Varoufakis tritt zurück - "Minister No More!“)
Neugestaltung der Eurozone mit Durchgriff auf nationale Haushalte
Doch Varoufakis wäre nicht Varoufakis, wenn er nicht noch einmal nachlegen würde. In einem persönlichen Rückblick auf das letzte halbe Jahr erklärt der Ex-Finanzministerister Athens in der Wochenzeitung „Die Zeit“: Schäuble habe zusammen mit anderen Politikern der Euro-Gruppe die soziale Krise eines Mitgliedstaates „kontrolliert verschärft“, um seinen Plan von einer Neugestaltung der Euro-Zone durchzusetzen. „Wahlen können nichts ändern“, mit diesen Worten sei er selbst, so Varoufakis, bei seinem ersten Auftreten in der Euro-Gruppe begrüßt worden.
Grexit als Startschuss der Disziplinierung
Den Startschuss für die Neugestaltung Europas sei ein von Schäuble forcierter Grexit. Das Ziel dahinter sei einfach zu durchschauen: Griechenland sollte aus der Euro-Zone gedrängt werden, um „Mitgliedstaaten zu disziplinieren, die sich seinem ganz speziellen Plan zum Umbau der Euro-Zone widersetzten“. Das sei eine „rituelle Aufopferung eines Mitgliedstaats“, so Varoufakis in der „Zeit“.
Der Vorbote der neuen Euro-Zone sei eine „kontrollierte Eskalation der jahrelangen griechischen Leiden, die durch geschlossene Banken verschärft“ würden. Der von Schäuble geplante Umbau, so Varoufakis, ziele unter anderem darauf, einen „Haushalts-Oberaufseher“ für die Euro-Staaten zu bestimmen, der über ein Vetorecht gegen nationale Haushalte verfügt.
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Politische Union ohne demokratische Grundprinzipien
Doch dies verstoße „gegen Grundprinzipien der westlichen liberalen Demokratie“, betont Varoufakis. „Die Konsequenz, mit der Dr. Schäuble für eine politische Union eintritt, die den
Grundprinzipien einer demokratischen Föderation widerspricht, ist beeindruckend.“ Varoufakis fordert in der „Zeit“ alle Europäer selbtst auf zu entscheiden, ob Schäubles Vorhaben im Einklang stehe
„mit Ihrem Traum von einem demokratischen Europa“.
Grexit für ein neues Griechenland - verlockende Idee für Varoufakis
Noch während der Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern wehrte sich Varoufakis gegen jede Andeutung eines Austritts Athens aus der Euro-Währungsunion. Mittlerweile wurde jedoch bekannt, dass er als Finanzminister des Landes durchaus einen Grexit im Blick hatte. Wie das Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ berichtet, sollten zuerst auf Euro lautende Schuldscheine als faktische Parallelwährung ausgegeben werden. Dem sollte ein Schuldenschnitt auf bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlegte griechische Staatsanleihen folgen. Zudem sollte die griechische Zentralbank samt Milliardenreserven übernommen werden. Dem Bericht zufolge sei dies auch der wahre Hintergrund, warum Varoufakis sein Amt als Finanzminister aufgab. Er konnte im griechischen Premier Alexis Tsipras keinen Befürworter seines Grexit-Plans finden. Im Gegenteil, Tsipras ließ ihn fallen.