Das wahre politische Kapitalmarktrisiko heißt nicht Trump, sondern Europa! - Seite 2
Insgesamt wird sich Amerika weniger politisch korrekt, dafür mehr politisch direkt zeigen.
Geopolitisch zeigt sich mit Trump immerhin ein Hoffnungsschimmer
In puncto Beziehung zu Russland ist Trump ideologiebefreit. Die harte Haltung unter Obama wird aufweichen. Ich persönlich kann keinen Nachteil darin entdecken, wenn die USA mit Väterchen Frost wieder ins Gespräch kommen. Wenn man geostrategische Konflikte – gerade im Nahen Osten und speziell Syrien – eingrenzen will, kommt man an Gesprächen mit dem nicht lupenreinen Demokraten Putin nicht vorbei. Sollten die zwei Alpha-Tiere erfolgreich an der Beziehungskrise ihrer beiden Länder arbeiten, profitieren nicht zuletzt auch Europa und Deutschland. Die Flüchtlingskrise verlöre schon an Brisanz, weil man zu ihrer Lösung nicht mehr unterwürfig auf EU-fremde Länder angewiesen ist, die zur Verfolgung ihrer rechtsunstaatlichen Ziele auch vor Erpressungen nicht zurückschrecken. Und sollten sogar Sanktionen gegen Russland und Gegensanktionen von Russland zurückgeführt werden, wird sich keine Industrie mehr freuen als die deutsche.
Spätestens dann wird sich so mancher Politiker in Europa schnell einer geläuterten Rhetorik über Trump befleißigen. Titulierungen wie Schreihals, Horrorclown oder Hassprediger werden nicht mehr vorkommen. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ sprach der Wendehals.
Freihandel kein Freifahrtschein mehr für Deutschland
Mittlerweile ist auch Amerika froh über seine Exporte. Doch sind die USA dank einer großen, konsumfreudigen Bevölkerung und verschuldungstrunkenen Finanzpolitik darauf nicht annähernd so angewiesen wie z.B. Deutschland. Unsere volkswirtschaftliche Nahrungskette hat oft genug mit Außenhandel ihren Anfang genommen und beim Konsum geendet. Wenn die USA wollten, könnten sie uns mit Handelsprotektionismus tatsächlich so richtig wehtun. Donald Trump wird sich hier zwar nicht als Sadist per se aufführen, aber wiederum als knallharter Geschäftsmann: Keine Leistung ohne Gegenleistung.
Ab seiner Amtseinführung am 20. Januar 2017 wird ein kälterer handelspolitischer Wind wehen. Europa und speziell Deutschland werden mehr für die Weltkonjunktur tun müssen. Das, was uns der IWF seit Jahren durch die Blume sagt, wird uns die neue US-Administration eher mit dem Hammer nahe bringen: Investiert mehr, lasst deutlich mehr Schulden und weniger germanische Stabilität zu. Und für Griechenland wird man etwas fordern, was bislang für Frau Merkel und Herrn Schäuble Teufelszeug war: Einen großzügigen Schuldenschnitt. Für Trump muss alles aus dem Weg geräumt werden, was dem Wachstum schadet, auch Schulden. Schulden und ihre Streichung sind für ihn nichts Anrüchiges. Sie sind nur Mittel zum Zweck. So hat er es auch in seinem Immobilienimperium gemacht. Seine Botschaft: Von mir lernen, heißt siegen lernen.