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    Börsen-Zeitung  458  0 Kommentare Draghi in der Zwickmühle, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Stephan Lorz

    Frankfurt (ots) - Das Signal von EZB-Präsident Mario Draghi war
    unmissverständlich: Sein Hinweis am Dienstag auf die anhaltend gute
    Konjunktur im Euroraum und die nur "temporär" schwache Inflation
    konnte einzig als Start für einen Rückzug der Europäischen
    Zentralbank (EZB) aus ihrer unkonventionellen Geldpolitik verstanden
    werden. Die Märkte reagierten entsprechend heftig, hatte sich
    diesbezüglich doch schon großer Erwartungsdruck aufgebaut.

    Auch wenn die Notenbank am Mittwoch mit aller Kraft versuchte,
    Draghis Rede zu relativieren: Seine neue Sichtweise auf die
    Inflationsentwicklung ist verstörend. Denn selbst nach den
    EZB-Projektionen bleibt die Teuerung im Jahr 2019 mit 1,6% weit
    unterhalb des 2-Prozent-Ziels. Kann man bei einer Zeitspanne bis Ende
    2019 überhaupt noch von "temporär" sprechen? Was macht Draghi
    eigentlich so sicher, dass es danach mit der Teuerung wieder aufwärts
    gehen wird?

    Offensichtlich steckt die EZB in einer Zwickmühle: Die Geldflut
    hat zwar den Kreditmarkt belebt, schlägt aber kaum auf die Teuerung
    durch. Die Notenbank müsste nach ihrem Verständnis den aktuellen Kurs
    also noch länger beibehalten. Doch damit wächst die Gefahr, dass
    wegen ökonomischer Fehlanreize die nächste Krise genährt wird. Zudem
    läuft der EZB schlicht die Zeit davon: Schon bald wird sie die
    Anleihekäufe drosseln müssen, weil sie sonst die selbstgesteckten
    Grenzen ihres Kaufprogramms verletzen würde. Aktuell darf sie nur bis
    zu 33% der Emission einer Staatsanleihe erwerben. Das wäre beim
    aktuellen Kaufvolumen nach Berechnungen des Vermögensverwalters Pimco
    im Falle Deutschlands bereits im März 2018 erreicht. Der politische
    Schaden, den eine Ausweitung oder Verletzung dieser Schwelle
    anrichten würde, wäre enorm.

    Aber womöglich ist Draghis Hinweis auf frei interpretierbare
    "temporäre Faktoren", welche die Inflation schwächen, nur eine Finte,
    um der sich aufdrängenden Diskussion über das Inflationsziel aus dem
    Weg zu gehen. Viele Ökonomen sind nämlich überzeugt, dass
    strukturelle Veränderungen die Teuerung weltweit auf absehbare Zeit
    zügeln. Eigentlich müsste das Inflationsziel also eher herabgesetzt
    werden. Eine Debatte darüber käme aus Sicht der EZB aber einer
    Kapitulation gleich und dürfte zudem für große Zwietracht im EZB-Rat
    sorgen. Andere Notenbanken haben sich deshalb schon ein Ersatzziel
    gesetzt, das sie in den Vordergrund schieben: Finanzstabilität. Doch
    auch danach wäre ein Exit aus den Bondkäufen längst überfällig.

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