ETF Securities Research – Devisen
Anleiheballon hemmt den Euro
Euro wirkt weiterhin überzogen
Der Euro legte in diesem Jahr bisher 12 Prozent zu, sodass er von den G10-Währungen gegenüber dem US-Dollar am zweitbesten abschnitt. Die Konsenserwartungen für den Euro liegen für das Jahresende 2017 bei 1,18 zum US-Dollar und bei rund 0,91 zum Pfund, was weiteren Zugewinnen von 0,4 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent entspricht. Wir halten die Konsenserwartungen für übermäßig optimistisch.
Mit den übermäßig optimistischen Wechselkursen täuscht sich der Markt nach unserer Überzeugung in der vorsichtigen Haltung der EZB. Die Notenbankpolitik war in der Vergangenheit stets konservativ ausgerichtet. Die EZB war immer sorgfältig darauf bedacht, den Markt nicht zu erschrecken. Draghis ausgewogene Kommentare deuten darauf hin, dass die Anreize noch einige Zeit bestehen bleiben und dass der Markt, der mit der baldigen Beendigung der quantitativen Lockerung rechnet, enttäuscht wird. Wir sind der Auffassung, dass die Stärke des Euro in Gefahr ist, da die EZB an ihren konservativen geldpolitischen Vorgaben nichts geändert hat.
Ferner meinen wir, dass der Markt die Botschaft der EZB permanent falsch versteht. Nach einer weit verbreiteten Auffassung hat die restriktive Bundesbank größeren Einfluss auf die Geldpolitk, als dies tatsächlich der Fall ist. So sagte Bundesbankpräsident Weidmann, er sehe „nicht die Notwendigkeit, ständig geldpolitisch Gas zu geben“, indem weiter Anleihen gekauft werden. Diese Haltung befindet sich aber im Widerspruch zur Mehrheit der Direktoriumsmitglieder und Entscheidungsträger der EZB. EZB-Chefvolkswirt Praet hat in den vergangenen Wochen mehrfach darauf hingewiesen, dass beständige Ankäufe von Anleihen auf niedrigeren Niveaus weiter notwendig seien, um eine nachhaltige Entwicklung der Inflation hin zur Zielmarke zu erreichen. Auch Präsident Draghi bestätigte die Notwendigkeit, „einen angemessenen Grad an geldpolitischer Akkommodierung beizubehalten, um eine möglichst baldige Rückkehr der Inflationsraten ... zum EZB-Mandat sicherzustellen.“
Ein Ballon, keine Blase
Obwohl die Verzinsung europäischer Anleihen nahe ihres absoluten Tiefstands schwankt, wäre es falsch, von einer Blase im üblichen Sinne zu sprechen. Die Verzinsungen sind künstlich niedrig, weil die EZB außergewöhnliche Anreize setzt. Unter diesem Gesichtspunkt würden wir diese Situation nicht als Anleiheblase charakterisieren, sondern als Anleiheballon.