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    Börsen-Zeitung  1597  0 Kommentare "Ende eines Experiments", Kommentar zur Entwicklung an den Märkten in den vergangenen Tagen mit Blick auf die nächste Woche von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Wer eine rasche Beruhigung nach dem Flash Crash
    in New York zu Wochenanfang erwartet hat, sieht sich enttäuscht: Die
    Aktienkurse sind nach kurzer Erholung wieder unter Druck geraten.
    Die Korrektur von gut 10% seit dem Rekord Ende Januar gemessen am
    S&P 500 ist in den Augen von William Dudley, Chef der New York Fed,
    aber unbedeutend - "Small Potatoes". Es ist zu hoffen, dass es sich
    hier nicht um eine Neuauflage legendärer "Peanuts" handelt.

    Verschiedene Dinge kommen in der Korrektur zusammen. Nicht zuletzt
    eine größer werdende Zahl von Marktteilnehmern, die eine neue
    Marktphase mit steigender Inflation erwarten, ausgehend von den USA.
    Da Kurse im Orderbuch "an der Grenze" gemacht werden, reicht es,
    wenn einige Akteure nicht mehr bereit sind, zu den hohen Bewertungen
    noch in den Markt einzusteigen. Diese gehen wohl davon aus, dass
    die Zinsen über einen längeren Zeitraum und kontinuierlich steigen
    dürften. Bisher wurde vielleicht nur von ein, zwei Zinsschritten
    ausgegangen. Resultieren daraus steigende Realzinsen, schmälert dies
    den Barwert der künftigen Gewinne der Unternehmen, und die Bewertung
    sinkt - die Aktienkurse fallen.

    Skeptiker warnen seit Jahren, auf die schrittweise
    Liquiditätsdrosselung durch die Notenbanken seien viele
    Marktteilnehmer, wenn es dann dazu kommt, nicht vorbereitet. Da die
    Bewertungen immer höher gestiegen sind, könnte das Ende dieses
    Experiments zu weiteren Turbulenzen führen, weil die Effekte daraus
    unterschätzt werden. Hinzu kommt die Neigung zu "Deficit Spending" in
    wichtigen Wirtschaftsregionen, was Sorgen vor einer Geldentwertung
    befeuert.

    Die bisherige Korrektur kam abrupt, ist aber bisher moderat: Der
    S&P 500 ist auf den Stand von November zurückgefallen. Das
    (erwartete) Auslaufen der Wertpapierkaufprogramme großer Notenbanken
    stellt den Beginn des Endes des größten geldpolitischen Experiments
    moderner Wirtschaftsgeschichte dar. Es ist gut möglich, dass der
    Markt angesichts dieser Dimension noch heftiger reagieren wird.
    Niemand weiß, ob die unerwünschten Nebeneffekte sichtbar werden,
    wenn die enorme Liquidität wegfällt.

    Die Veröffentlichung des US-Konsumentenpreisindex am Mittwoch gilt
    darum als bedeutsam. Jim Reid, Ökonom bei der Deutschen Bank, geht
    davon aus, dass sich dann entscheiden dürfte, ob der Bullenmarkt
    eine Fortsetzung findet oder ob die Korrektur weitergeht, sprich eine
    neue Zeitrechnung beginnt.

    Abrupte, heftige Kursveränderungen sind ein Zeichen, dass neue
    Informationen verarbeitet werden. Hinzu kommt ein technischer Faktor:
    Das Ende der Ära üppiger Liquiditätszufuhr dürfte die
    Schwankungsbreite der Kurse - die Volatilität - erhöhen. Die
    Volatilität war zuvor über viele Jahre hinweg stetig gesunken.
    Experten verwiesen als Ursache dafür auch auf die quantitative
    Lockerungspolitik der Notenbanken.

    Am vergangenen Montag machte der Chicagoer Volatilitätsindex Vix
    nun den größten je verzeichneten Sprung nach oben. Auch in Frankfurt
    zog der VDax New an. Es muss sich zeigen, ob es sich um eine Episode
    handelt oder ob die Volatilität dauerhaft höher bleibt. Es muss sich
    auch zeigen, was dies dann für die riesige Zahl an Finanzprodukten
    bedeuten würde, die inzwischen mit Volatilität verknüpft sind.
    Erfahrene Fondsmanager halten sie für sehr komplex, da sie teils
    "Derivate auf Derivate" darstellen. Kommt Fremdfinanzierung ins
    Spiel, könnten daraus ungewollte Ansteckungseffekte resultieren, weil
    etwa am Kassamarkt Zwangsverkäufe nötig werden.

    Wie groß die mit Volatilität verknüpften Anlagesummen sind, ist
    unklar. Schätzungen reichen laut Bloomberg bis 2 Bill. Dollar. Sie
    entfallen auf Strategien, die Anlagen nach Risikobeitrag gewichten
    (Risk Parity), oder auf Volatilitätszielfonds, Hedgefonds oder
    Exchange Traded Products (ETP). Société Générale schätzt dabei die
    mit dem Vix verbundenen ETP auf "nur" 8 Mrd. Dollar Volumen.

    Es gibt aber Marktteilnehmer, die hier Ansteckungseffekte
    befürchten. Ein Indiz war der Kurseinbruch der Aktien der Credit
    Suisse am Dienstag. Die Bank hat eine börsengehandelte
    Schuldverschreibung ausstehend, Velocity Shares Daily Inverse VI
    (XIV). Nach dem Rekordsprung des Vix brach deren Wert um 90% ein
    (vgl. Grafik). CS habe so einen substanziellen Handelsverlust
    erlitten, wurde kolportiert. Die Bank dementierte - sie sei
    abgesichert gewesen. Wie im Prospekt dargelegt wird das Produkt nun
    zu einem Bruchteil des früheren Werts aus dem Handel genommen.
    Erleiden nun weitere Vola-Produkte ein ähnliches Schicksal, wird das
    den Markt belasten.

    (Börsen-Zeitung, 10.02.2018)

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