Europa im Durcheinander - Seite 2
Einen effektiven Mechanismus, die italienische Regierung von einem übermässigen fiskalischen Stimulus abzuhalten, besitzt Europa nicht. Das Europäische Semester mit seinem Defizit-Prozeduren und Politikvorschlägen ist hier mehr ein zahnloser Tiger und wird zu Recht kaum mehr in der Öffentlichkeit diskutiert. Im Zweifelsfall wäre es in der Lage, Italien bei Nichtbeachtung der Kommissionsvorschläge zu einer zinslosen Zwangseinlage von 0,2% des BIP zu verurteilen. Diese wäre dann vermutlich in der ersten Hälfte 2020 zu leisten. Also in knapp 2 Jahren – ein Zeitraum, der zum einem die Halbwertzeit italienischer Regierungen übersteigt und zum anderem noch viel stärker die Geduld der Anleihemärkte. Hier aber setzt ein anderer Mechanismus ein, der diesen Donnerstag von der EU-Kommission vorgestellt wurde.
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Einer der Schwachpunkte der EWU ist die enge Verbindung von der Bonität von Regierungen und den Banken eines Landes. Um diesen Link zu brechen, soll versucht werden, den home bias der Portfolioinvestitionen von Banken zu schwächen. Möglich sein könnte dies mittels der Zurverfügungstellung von einem grösseren Volumen an sicheren Anleihen. Dazu soll die Regulierung von sogenannten sovereign bond-backed securities (SBBS) geändert werden, sodass Banken einen stärkeren Anreiz haben in Anleiheprodukte zu investieren, die aus einem Pool an Staatsanleihen bestehen. Dagegen ist zunächst wenig zu sagen. Wir bezweifeln jedoch auch, dass die Existenz von SBBS einen grossen Unterschied machen würde. Erstens, können Banken bereits jetzt ihr Staatsanleihenrisiko einfach diversifizieren. Zweitens, konnte in der Vergangenheit beobachtet werden, dass nationale Krisen in der EWU schnell systemisch werden können, sodass die Diversifikationseffekte im Krisenfall dahin schmelzen. Drittens, ist es nicht klar, ob ein geringerer home bias die systemischen Risiken in der EWU reduziert oder erhöht. Jahrelang wurden Investoren in Europa beruhigt, dass die hohen italienischen Staatsschulden kein Grund zur Besorgnis seien, da sie hauptsächlich von Italienern selbst gehalten würden und Ansteckungseffekte auf andere Länder im Krisenfall daher begrenzt seien. Während italienische Banken mittels SBBS nun ihre italienischen Risiken reduzieren würden, erhöhten sie sich in anderen Ländern. Vor allem würden sich die Anreize für die italienische Regierung verändern, da sie die von Inländern zu tragenden Kosten eines Zahlungsausfalls reduzierten.