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     1323  0 Kommentare Europa im Durcheinander - Seite 2

    Einen effektiven Mechanismus, die italienische Regierung von einem übermässigen fiskalischen Stimulus abzuhalten, besitzt Europa nicht. Das Europäische Semester mit seinem Defizit-Prozeduren und Politikvorschlägen ist hier mehr ein zahnloser Tiger und wird zu Recht kaum mehr in der Öffentlichkeit diskutiert. Im Zweifelsfall wäre es in der Lage, Italien bei Nichtbeachtung der Kommissionsvorschläge zu einer zinslosen Zwangseinlage von 0,2% des BIP zu verurteilen. Diese wäre dann vermutlich in der ersten Hälfte 2020 zu leisten. Also in knapp 2 Jahren – ein Zeitraum, der zum einem die Halbwertzeit italienischer Regierungen übersteigt und zum anderem noch viel stärker die Geduld der Anleihemärkte. Hier aber setzt ein anderer Mechanismus ein, der diesen Donnerstag von der EU-Kommission vorgestellt wurde.

     

    Einer der Schwachpunkte der EWU ist die enge Verbindung von der Bonität von Regierungen und den Banken eines Landes. Um diesen Link zu brechen, soll versucht werden, den home bias der Portfolioinvestitionen von Banken zu schwächen. Möglich sein könnte dies mittels der Zurverfügungstellung von einem grösseren Volumen an sicheren Anleihen. Dazu soll die Regulierung von sogenannten sovereign bond-backed securities (SBBS) geändert werden, sodass Banken einen stärkeren Anreiz haben in Anleiheprodukte zu investieren, die aus einem Pool an Staatsanleihen bestehen. Dagegen ist zunächst wenig zu sagen. Wir bezweifeln jedoch auch, dass die Existenz von SBBS einen grossen Unterschied machen würde. Erstens, können Banken bereits jetzt ihr Staatsanleihenrisiko einfach diversifizieren. Zweitens, konnte in der Vergangenheit beobachtet werden, dass nationale Krisen in der EWU schnell systemisch werden können, sodass die Diversifikationseffekte im Krisenfall dahin schmelzen. Drittens, ist es nicht klar, ob ein geringerer home bias die systemischen Risiken in der EWU reduziert oder erhöht. Jahrelang wurden Investoren in Europa beruhigt, dass die hohen italienischen Staatsschulden kein Grund zur Besorgnis seien, da sie hauptsächlich von Italienern selbst gehalten würden und Ansteckungseffekte auf andere Länder im Krisenfall daher begrenzt seien. Während italienische Banken mittels SBBS nun ihre italienischen Risiken reduzieren würden, erhöhten sie sich in anderen Ländern. Vor allem würden sich die Anreize für die italienische Regierung verändern, da sie die von Inländern zu tragenden Kosten eines Zahlungsausfalls reduzierten.


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    Dr. Karsten Junius
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    Dr. Karsten Junius ist seit dem 1. April 2014 Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin AG und hat die Leitung des Economic Research inne. Bevor er zur Bank J. Safra Sarasin stiess, war Dr. Junius beim Internationalen Währungsfonds als „Principal Economist“ tätig. In vorgängigen Positionen arbeitete er als Leiter Kapitalmarkt- und Immobilien Research bei Deka Bank und als Ökonom bei Metzler Asset Management GmbH. Davor war er Ökonom am Institut für Weltwirtschaft der Universität Kiel. Dr. Karsten Junius ist CFA Charterholder und doktorierte in Volkswirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.
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    Verfasst von Dr. Karsten Junius
    Europa im Durcheinander - Seite 2 In Europa reden mal wieder alle aneinander vorbei. Immerhin möchte man meinen- es wird wieder über Europa diskutiert– etwas, was beispielsweise im deutschen Wahlkampf im letzten Jahr fast komplett gefehlt hat. Die Notwendigkeit scheint nun etwas …

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