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     1323  0 Kommentare Europa im Durcheinander

    In Europa reden mal wieder alle aneinander vorbei. Immerhin möchte man meinen- es wird wieder über Europa diskutiert– etwas, was beispielsweise im deutschen Wahlkampf im letzten Jahr fast komplett gefehlt hat. Die Notwendigkeit scheint nun etwas gestiegen zu sein. Der Versuch von populistischen Parteien eine Regierung in Italien zu bilden, droht unerwünschte Antworten zu geben, auf Fragen, die zu lange vermieden wurden. Und auch die Finanzmärkte geben Antworten auf Probleme, die zu lange ungelöst bleiben. Der Anstieg der Zinsdifferenz zwischen 10-jährigen deutschen und italienischen Staatsanleihen auf über 200 Basispunkte sagt alles. Die Währungsunion ist inhärent instabil. Sie ist dies nicht nur im institutionellen Sinne, sondern auch im politischen. Es gibt keine wirksamen politischen Mittel, nationale Regierungen dazu zu bringen, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die zur Stabilität des Euroraums beiträgt. Die deutsche Politik tut dies sicherlich nicht in ihrem Beharren auf Haushaltsüberschüsse und einem Lohnniveau, das zu Leistungsbilanzüberschüssen führt, die global einmalig sind. Im Gegenteil – der Titel des Exportweltmeisters wird mit Stolz getragen.

    In diesem Umfeld verwundert der Aufruf der 154 deutschen Wirtschaftsprofessoren, die letzten Montag in der FAZ vor einer Haftungsunion sowie den europapolitischen Vorstellungen von Macron und Juncker warnen. Ihr Vorschlag Strukturreformen voranzubringen, mag zwar richtig sein, er geht aber auch an der ökonomischen und politischen Realität in den meisten Ländern der EWU vorbei. Zumindest ein Teil der italienischen Parteien wurde nicht gewählt, weil sie Strukturreformen, sondern weil sie eine expansivere Fiskalpolitik versprochen hat. Dies mag angesichts eines positiven Primärsaldos und einer steigenden gesamtwirtschaftlicher Sparquote sogar tendenziell nicht komplett verkehrt sein. Gleichwohl funktioniert eine expansivere Fiskalpolitik nur dann, wenn nicht gleichzeitig das mittelfristige Produktionspotenzial reduziert wird. Die Absicht der italienischen Regierung, die Pensionsreform zurückzunehmen, hätte aber genau diesen Effekt.


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    Dr. Karsten Junius
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    Dr. Karsten Junius ist seit dem 1. April 2014 Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin AG und hat die Leitung des Economic Research inne. Bevor er zur Bank J. Safra Sarasin stiess, war Dr. Junius beim Internationalen Währungsfonds als „Principal Economist“ tätig. In vorgängigen Positionen arbeitete er als Leiter Kapitalmarkt- und Immobilien Research bei Deka Bank und als Ökonom bei Metzler Asset Management GmbH. Davor war er Ökonom am Institut für Weltwirtschaft der Universität Kiel. Dr. Karsten Junius ist CFA Charterholder und doktorierte in Volkswirtschaft an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.
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    Verfasst von Dr. Karsten Junius
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