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     1535  0 Kommentare Sorglosigkeit

    Die Aktienmärkte fanden –mit einem Tag Verspätung- Gefallen daran, dass Greenspan am Mittwoch in einer weiteren Rede vor dem Kongress seine Aussagen vom Vortag relativierte. Hohe Produktivität und schwach ausgelastete Kapazitäten ließen keinen unmittelbar zunehmenden Preisdruck erwarten. Zudem zeige der Arbeitsmarkt zwar Anzeichen einer Trendwende, aber ein preistreibender Beschäftigungsboom sei ebenfalls nicht in Sicht, sagte er.

    Die Sorglosigkeit der Aktienmärkte, gemessen am VIX, kennt keine Grenzen. Der Index stieß gestern mit 13,86 intraday in Allzeittief-Regionen vor. Nun gibt es kein Gesetz, das dem VIX einen weiteren Rutsch bis auf 10 verbietet. Dann müsste lediglich noch die passende Steigerungsform zu „sorglos“ erfunden werden. Keine Frage, dass in diesem Falle alle Kursdeckel davonfliegen.

    Aber wie wahrscheinlich ist das? Da hilft ein Blick auf die statistische Streuung der Tagesveränderungen des VIX etwa anhand der Standardabweichung über jeweils 20 Tage weiter. Diese VIX-Volatilität ist Anfang März sprunghaft angestiegen und hat sich bis Anfang April fast verdreifacht. Sie hat sich damit weit überproportional zum VIX selbst bewegt. Aktuell liegt sie auf einem Niveau, das zuletzt Anfang Februar 2003 gesehen wurde, und damit oberhalb des Bereichs, in der sich der Wert zwischen März 2003 und Februar 2004 bewegt hat.

    Meiner Meinung nach zeigt sich hier klar die noch im Verborgenen zunehmende Unsicherheit des Marktes. In einer solchen Situation genügt ein kleiner Anlass, um ihn aus dem Tritt zu bringen und gen Süden zu schicken. Solche Anlässe sind schnell da, sei es der Irak, terroristische Anschläge, Seiteneffekte steigender Zinsen, hohe Energiekosten, aber auch die Frage, ob der Jobzuwachs wirklich nachhaltig ist, sei es irgendein "marktechnischer Umstand". So lange sie fehlen, vergnügen sich die Marktteilnehmer mit den Quartalszahlen, von denen viele positiv überraschen. Gute Unternehmenszahlen drücken den Markt von unten hoch, Zinserhöhungsängste deckeln ihn – die perfekte Voraussetzung für eine volatile Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau. In deren Rahmen könnten sich die Indices durchaus an die letzten Höchststände anschleichen. Wenn nichts dazwischen kommt...

    Als Anfang März diesen Jahres der letzte Sorglosigkeits-Rekord aufgestellt wurde, war es Freitag. Am darauf folgenden Montag begannen die Kurse zu purzeln. (Heute ist auch Freitag).

    Am Ende dieser Woche ist also klar, was auch vorher schon klar war: Einen Zinsschritt der Fed wird es geben, er wird aber wohl erst im zweiten Halbjahr kommen. Eingedenk der Tatsache, dass Veränderungen der Leitzinsen mit einer Verzögerung von sechs bis neun Monaten auf die Realwirtschaft durchschlagen, ist das ein sehr später Zeitpunkt. Üblicherweise werden Zinserhöhungen bereits dann vorgenommen, wenn sich das Wirtschaftswachstum noch beschleunigt. Aber Greenspan muss in Sorge um sein Kredit-Kartenhaus so handeln. Und es geht nicht nur um Hypothekenkredite - die in den USA vergebenen Effektenkredite sollen nach Angaben von Sal. Oppenheim aktuell einen größeren Umfang ausmachen als zu Zeiten der 2000er Bubble. Ich denke, Greenspan zielt darauf ab, eine „schöne“ Inflation in Gang zu setzen, um die Wirkung steigender Zinsen auf die Schuldner abzufedern.

    Der deutliche Kurszuwachs gestern ließ die TimePattern nicht ganz unbeeindruckt. Das Shortsignal im NDX wurde geschlossen und auf Long geschaltet. Mehr allerdings ist bei den Aktien-bezogenen Indices nicht passiert. Der SOX zeigt sich sowohl im tatsächlichen Kursverlauf, wie in der Prognose weiterhin schwach. Stark bleibt (noch) Oil Brent. Bei den 10-jährigen TBonds gibt es eine klare Indikation auf temporär fallende Renditen.

    Schönes Wochenende!



    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Sorglosigkeit Die Aktienmärkte fanden –mit einem Tag Verspätung- Gefallen daran, dass Greenspan am Mittwoch in einer weiteren Rede vor dem Kongress seine Aussagen vom Vortag relativierte. Hohe Produktivität und schwach ausgelastete Kapazitäten ließen …