Depotentnahmen: Mythen und Missverständnisse - Seite 2
"B-Entnahmen": Damit sind hier Entnahmen gemeint, die durch Anteilsverkäufe finanziert werden, also aus der Veräußerung einzelner Wertpapier- oder Fondsanteile. Anteilsveräußerungen werden gelegentlich mit "Substanzverkäufen" oder "Kapitalverkäufen" umschrieben.
Im Folgenden legen wir sieben Argumente dar, die belegen, dass der unterschiedlichen Bewertung der beiden Entnahmetypen eher Meinungen als Fakten zugrunde liegen. Darüber hinaus werden uns diese sieben Argumente in Summe zur wesentlichen Schlussfolgerung führen:
Die Bevorzugung von Entnahmen, die aus laufenden Erträgen stammen, gegenüber Entnahmen, die aus Anteilsverkäufen kommen, hat keine wirkliche wirtschaftliche Fundierung. In den meisten Fällen existiert rein rational betrachtet kein Grund, die eine Entnahmeart gegenüber der anderen Art zu bevorzugen. Wer das dennoch tut, begeht den Fehler, ein irrelevantes Entscheidungskriterium zu einem relevanten Kriterium zu erheben.
Kommen wir nun zu den sieben Argumenten:
Argument 1: Bei der Steuerbelastung gibt es keinen nennenswerten Unterschied
Aus steuerlicher Sicht besteht zwischen A-Entnahmen (laufenden Erträgen) und B-Entnahmen (Anteilsverkäufen) bei Kapitalanlagen im Privatvermögen in den meisten Ländern, so auch in Deutschland, kein wesentlicher Unterschied. Da, wo einer besteht, werden B-Entnahmen steuerlich sogar eher günstiger behandelt (wie z. B. in der Schweiz und in den USA). (Nota Bene: Wir unterstellen bei allen steuerlichen Aussagen in diesem Beitrag, dass die betreffenden Vermögenswerte in Privatvermögen, nicht im betrieblichen Vermögen, gehalten werden.)
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Argument 2: Bei Transaktionskosten existiert kein materieller Unterschied
Aus Transaktionskostensicht (Kosten für Käufe und Verkäufe von Wertpapieren oder Fondsanteilen) haben A-Entnahmen bei oberflächlicher Betrachtung Vorteile. Wer tiefer analysiert, wie wir das in unserem Blog-Beitrag "Ausschüttende vs. thesaurierende Fonds" vom Dezember 2017 getan haben, wird erkennen, dass dieser Vorteil in der Praxis in den meisten relevanten Konstellationen entweder gar nicht besteht oder nicht ins Gewicht fällt. Das viel gehörte Argument ,"Ausschüttungen verursachen keine Transaktionskosten, Anteilsverkäufe jedoch schon", greift in diesem Zusammenhang zu kurz. Warum das so ist, haben wir im besagten Blog-Beitrag dargelegt.