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    Börsen-Zeitung  487  0 Kommentare Pulverfass Persischer Golf / Kommentar zur Entwicklung auf dem Ölmarkt von Dieter Kuckelkorn

    Frankfurt (ots) - Die Region rund um den Persischen Golf,
    unverzichtbar für die weltweite Energieversorgung, ist und bleibt ein
    Pulverfass: In der Nacht zum Freitag wurde ein iranischer Öltanker im
    Roten Meer vor der saudi-arabischen Küste mit zwei Raketen
    angegriffen und in Brand gesetzt. Der Brent-Ölpreis reagierte prompt
    mit einem Sprung nach oben.

    Damit nimmt die Kriegsgefahr in der Region wieder zu - worauf der
    Angriff offensichtlich auch abzielte. Zuletzt hatte sich in dieser
    Hinsicht die Lage deutlich beruhigt. Zwar hatte die US-Administration
    nach den jemenitischen Angriffen auf saudische Ölanlagen wieder
    mehrfach mit einem Angriff auf den Iran gedroht. Die glaubhaften
    Hinweise der iranischen Regierung, man werde sich in diesem Fall mit
    militärischen Mitteln effektiv wehren, sorgten dann jedoch für eine
    Beruhigung der Gemüter. Vom saudisch-arabischen Kronprinzen Mohammed
    bin Salman war sogar in einem Fernsehinterview die für ihn höchst
    ungewöhnliche Äußerung zu vernehmen, man müsse im Konflikt mit dem
    Iran eine friedliche Lösung anstreben.

    In der Folge fiel der Brent-Ölpreis wieder deutlich zurück. Dazu
    trug bei, dass die globalen Konjunkturdaten und Frühindikatoren klar
    darauf hinweisen, dass sich zumindest die verarbeitende Industrie in
    allen wichtigen Weltregionen bereits in der Rezession befindet. Der
    US-Handelskrieg gegen China, dessen friedliche Beilegung trotz der
    wieder laufenden bilateralen Gespräche in weiter Ferne liegt, hat das
    Potenzial, die konjunkturelle Lage erheblich zu verschärfen - zumal
    man nicht unbedingt das Gefühl hat, dass die führenden Akteure in
    Washington genügend ökonomischen Sachverstand besitzen, um zu
    überblicken, welche Schäden auch der US-Wirtschaft im Fall einer
    weiteren Eskalation drohen.

    Käme es beim Ölpreis nur auf das Spiel von sich weiter
    abschwächender Nachfrage und einem zumindest außerhalb der Opec
    steigenden Angebot an, so müsste der Ölpreis weiter sinken. Wir
    erinnern uns an Brent-Preisniveaus von zeitweise unter 30 Dollar
    Anfang 2016, zu welchen allerdings auch die damalige Uneinigkeit und
    Untätigkeit der Opec beitrug.

    Zu einem solchen Preisrückgang wird es aber aktuell unter anderem
    wegen der Markteingriffe der Opec und ihrer Verbündeten nicht kommen.
    Insbesondere Saudi-Arabien ist wegen des immer noch geplanten
    Aramco-Börsengangs auf einen relativ hohen Ölpreis angewiesen. Dieser
    Börsengang der staatlichen Ölgesellschaft ist auch einer der Gründe,
    die gegen eine Täterschaft der Saudis beim Terroranschlag auf den
    iranischen Tanker sprechen. Die saudische Führung ist - die
    jemenitischen Angriffe auf die Ölanlagen haben ihr das noch einmal
    verdeutlicht - auf ein ruhiges Umfeld für das IPO angewiesen.

    Damit stellt sich die Frage, wer hinter dem Anschlag steckt und ob
    dieser geeignet ist, die Lage im Golf und damit auch den Ölpreis
    explodieren zu lassen. Es spricht einiges für die vom Iran
    verbreitete Vermutung, dass die israelische Regierung hinter der
    Attacke stehen könnte. Der israelische Premierminister Benjamin
    Netanjahu fürchtet einen schwindenden Einfluss seines Landes im Nahen
    Osten durch den Aufstieg des Iran zur wichtigsten regionalen Macht.
    Er drängt den Verbündeten USA daher schon lange zu einem Angriff auf
    den Iran nach dem Muster des Kriegs gegen Saddam Hussein. Würde sich
    die iranische Regierung zu einer militärischen Reaktion auf die
    jüngste Provokation hinreißen lassen, hätte er vielleicht sein Ziel
    erreicht. Danach sieht es allerdings derzeit nicht aus. Es bemühen
    sich aktuell alle Beteiligten in der Region, die Lage unter Kontrolle
    zu halten.

    Es gibt nur eine Situation, die zu einer weitreichenden
    Konfrontation führen würde: Sollte der Iran wegen der Sanktionen und
    sonstiger Maßnahmen keinerlei Öl mehr exportieren können, wird er
    auch andere Ölproduzenten daran hindern, ihr Öl durch die Straße von
    Hormus zu verschiffen. Dazu wird es aber wohl nicht kommen - wegen
    der großen Erfahrungen der Iraner in der Umgehung westlicher
    Sanktionen und aufgrund der tatkräftigen Unterstützung Russlands und
    Chinas, für die der Iran ein zentraler Knotenpunkt auf der Neuen
    Seidenstraße ist. Und Israel verfügt allein nicht ansatzweise über
    die militärischen Mittel, eine Blockade des Iran durchzusetzen.

    Sollte sich an dieser geopolitischen Gemengelage nichts ändern -
    mögliche Ansatzpunkte hierfür wären ein US-Präsident, der häufig
    seine Meinung ändert, oder auch ein Machtwechsel in Washington -, ist
    ein starker Anstieg des Ölpreises derzeit nicht zu erwarten.

    (Börsen-Zeitung, 12.10.2019)

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