Börsen-Zeitung
Pulverfass Persischer Golf / Kommentar zur Entwicklung auf dem Ölmarkt von Dieter Kuckelkorn
Frankfurt (ots) - Die Region rund um den Persischen Golf,
unverzichtbar für die weltweite Energieversorgung, ist und bleibt ein
Pulverfass: In der Nacht zum Freitag wurde ein iranischer Öltanker im
Roten Meer vor der saudi-arabischen Küste mit zwei Raketen
angegriffen und in Brand gesetzt. Der Brent-Ölpreis reagierte prompt
mit einem Sprung nach oben.
Damit nimmt die Kriegsgefahr in der Region wieder zu - worauf der
Angriff offensichtlich auch abzielte. Zuletzt hatte sich in dieser
Hinsicht die Lage deutlich beruhigt. Zwar hatte die US-Administration
nach den jemenitischen Angriffen auf saudische Ölanlagen wieder
mehrfach mit einem Angriff auf den Iran gedroht. Die glaubhaften
Hinweise der iranischen Regierung, man werde sich in diesem Fall mit
militärischen Mitteln effektiv wehren, sorgten dann jedoch für eine
Beruhigung der Gemüter. Vom saudisch-arabischen Kronprinzen Mohammed
bin Salman war sogar in einem Fernsehinterview die für ihn höchst
ungewöhnliche Äußerung zu vernehmen, man müsse im Konflikt mit dem
Iran eine friedliche Lösung anstreben.
unverzichtbar für die weltweite Energieversorgung, ist und bleibt ein
Pulverfass: In der Nacht zum Freitag wurde ein iranischer Öltanker im
Roten Meer vor der saudi-arabischen Küste mit zwei Raketen
angegriffen und in Brand gesetzt. Der Brent-Ölpreis reagierte prompt
mit einem Sprung nach oben.
Damit nimmt die Kriegsgefahr in der Region wieder zu - worauf der
Angriff offensichtlich auch abzielte. Zuletzt hatte sich in dieser
Hinsicht die Lage deutlich beruhigt. Zwar hatte die US-Administration
nach den jemenitischen Angriffen auf saudische Ölanlagen wieder
mehrfach mit einem Angriff auf den Iran gedroht. Die glaubhaften
Hinweise der iranischen Regierung, man werde sich in diesem Fall mit
militärischen Mitteln effektiv wehren, sorgten dann jedoch für eine
Beruhigung der Gemüter. Vom saudisch-arabischen Kronprinzen Mohammed
bin Salman war sogar in einem Fernsehinterview die für ihn höchst
ungewöhnliche Äußerung zu vernehmen, man müsse im Konflikt mit dem
Iran eine friedliche Lösung anstreben.
In der Folge fiel der Brent-Ölpreis wieder deutlich zurück. Dazu
trug bei, dass die globalen Konjunkturdaten und Frühindikatoren klar
darauf hinweisen, dass sich zumindest die verarbeitende Industrie in
allen wichtigen Weltregionen bereits in der Rezession befindet. Der
US-Handelskrieg gegen China, dessen friedliche Beilegung trotz der
wieder laufenden bilateralen Gespräche in weiter Ferne liegt, hat das
Potenzial, die konjunkturelle Lage erheblich zu verschärfen - zumal
man nicht unbedingt das Gefühl hat, dass die führenden Akteure in
Washington genügend ökonomischen Sachverstand besitzen, um zu
überblicken, welche Schäden auch der US-Wirtschaft im Fall einer
weiteren Eskalation drohen.
Käme es beim Ölpreis nur auf das Spiel von sich weiter
abschwächender Nachfrage und einem zumindest außerhalb der Opec
steigenden Angebot an, so müsste der Ölpreis weiter sinken. Wir
erinnern uns an Brent-Preisniveaus von zeitweise unter 30 Dollar
Anfang 2016, zu welchen allerdings auch die damalige Uneinigkeit und
Untätigkeit der Opec beitrug.
Zu einem solchen Preisrückgang wird es aber aktuell unter anderem
wegen der Markteingriffe der Opec und ihrer Verbündeten nicht kommen.
Insbesondere Saudi-Arabien ist wegen des immer noch geplanten
Aramco-Börsengangs auf einen relativ hohen Ölpreis angewiesen. Dieser
Börsengang der staatlichen Ölgesellschaft ist auch einer der Gründe,
die gegen eine Täterschaft der Saudis beim Terroranschlag auf den
iranischen Tanker sprechen. Die saudische Führung ist - die
jemenitischen Angriffe auf die Ölanlagen haben ihr das noch einmal
verdeutlicht - auf ein ruhiges Umfeld für das IPO angewiesen.
Damit stellt sich die Frage, wer hinter dem Anschlag steckt und ob
dieser geeignet ist, die Lage im Golf und damit auch den Ölpreis
explodieren zu lassen. Es spricht einiges für die vom Iran
verbreitete Vermutung, dass die israelische Regierung hinter der
Attacke stehen könnte. Der israelische Premierminister Benjamin
Netanjahu fürchtet einen schwindenden Einfluss seines Landes im Nahen
Osten durch den Aufstieg des Iran zur wichtigsten regionalen Macht.
Er drängt den Verbündeten USA daher schon lange zu einem Angriff auf
den Iran nach dem Muster des Kriegs gegen Saddam Hussein. Würde sich
die iranische Regierung zu einer militärischen Reaktion auf die
jüngste Provokation hinreißen lassen, hätte er vielleicht sein Ziel
erreicht. Danach sieht es allerdings derzeit nicht aus. Es bemühen
sich aktuell alle Beteiligten in der Region, die Lage unter Kontrolle
zu halten.
Es gibt nur eine Situation, die zu einer weitreichenden
Konfrontation führen würde: Sollte der Iran wegen der Sanktionen und
sonstiger Maßnahmen keinerlei Öl mehr exportieren können, wird er
auch andere Ölproduzenten daran hindern, ihr Öl durch die Straße von
Hormus zu verschiffen. Dazu wird es aber wohl nicht kommen - wegen
der großen Erfahrungen der Iraner in der Umgehung westlicher
Sanktionen und aufgrund der tatkräftigen Unterstützung Russlands und
Chinas, für die der Iran ein zentraler Knotenpunkt auf der Neuen
Seidenstraße ist. Und Israel verfügt allein nicht ansatzweise über
die militärischen Mittel, eine Blockade des Iran durchzusetzen.
Sollte sich an dieser geopolitischen Gemengelage nichts ändern -
mögliche Ansatzpunkte hierfür wären ein US-Präsident, der häufig
seine Meinung ändert, oder auch ein Machtwechsel in Washington -, ist
ein starker Anstieg des Ölpreises derzeit nicht zu erwarten.
(Börsen-Zeitung, 12.10.2019)
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trug bei, dass die globalen Konjunkturdaten und Frühindikatoren klar
darauf hinweisen, dass sich zumindest die verarbeitende Industrie in
allen wichtigen Weltregionen bereits in der Rezession befindet. Der
US-Handelskrieg gegen China, dessen friedliche Beilegung trotz der
wieder laufenden bilateralen Gespräche in weiter Ferne liegt, hat das
Potenzial, die konjunkturelle Lage erheblich zu verschärfen - zumal
man nicht unbedingt das Gefühl hat, dass die führenden Akteure in
Washington genügend ökonomischen Sachverstand besitzen, um zu
überblicken, welche Schäden auch der US-Wirtschaft im Fall einer
weiteren Eskalation drohen.
Käme es beim Ölpreis nur auf das Spiel von sich weiter
abschwächender Nachfrage und einem zumindest außerhalb der Opec
steigenden Angebot an, so müsste der Ölpreis weiter sinken. Wir
erinnern uns an Brent-Preisniveaus von zeitweise unter 30 Dollar
Anfang 2016, zu welchen allerdings auch die damalige Uneinigkeit und
Untätigkeit der Opec beitrug.
Zu einem solchen Preisrückgang wird es aber aktuell unter anderem
wegen der Markteingriffe der Opec und ihrer Verbündeten nicht kommen.
Insbesondere Saudi-Arabien ist wegen des immer noch geplanten
Aramco-Börsengangs auf einen relativ hohen Ölpreis angewiesen. Dieser
Börsengang der staatlichen Ölgesellschaft ist auch einer der Gründe,
die gegen eine Täterschaft der Saudis beim Terroranschlag auf den
iranischen Tanker sprechen. Die saudische Führung ist - die
jemenitischen Angriffe auf die Ölanlagen haben ihr das noch einmal
verdeutlicht - auf ein ruhiges Umfeld für das IPO angewiesen.
Damit stellt sich die Frage, wer hinter dem Anschlag steckt und ob
dieser geeignet ist, die Lage im Golf und damit auch den Ölpreis
explodieren zu lassen. Es spricht einiges für die vom Iran
verbreitete Vermutung, dass die israelische Regierung hinter der
Attacke stehen könnte. Der israelische Premierminister Benjamin
Netanjahu fürchtet einen schwindenden Einfluss seines Landes im Nahen
Osten durch den Aufstieg des Iran zur wichtigsten regionalen Macht.
Er drängt den Verbündeten USA daher schon lange zu einem Angriff auf
den Iran nach dem Muster des Kriegs gegen Saddam Hussein. Würde sich
die iranische Regierung zu einer militärischen Reaktion auf die
jüngste Provokation hinreißen lassen, hätte er vielleicht sein Ziel
erreicht. Danach sieht es allerdings derzeit nicht aus. Es bemühen
sich aktuell alle Beteiligten in der Region, die Lage unter Kontrolle
zu halten.
Es gibt nur eine Situation, die zu einer weitreichenden
Konfrontation führen würde: Sollte der Iran wegen der Sanktionen und
sonstiger Maßnahmen keinerlei Öl mehr exportieren können, wird er
auch andere Ölproduzenten daran hindern, ihr Öl durch die Straße von
Hormus zu verschiffen. Dazu wird es aber wohl nicht kommen - wegen
der großen Erfahrungen der Iraner in der Umgehung westlicher
Sanktionen und aufgrund der tatkräftigen Unterstützung Russlands und
Chinas, für die der Iran ein zentraler Knotenpunkt auf der Neuen
Seidenstraße ist. Und Israel verfügt allein nicht ansatzweise über
die militärischen Mittel, eine Blockade des Iran durchzusetzen.
Sollte sich an dieser geopolitischen Gemengelage nichts ändern -
mögliche Ansatzpunkte hierfür wären ein US-Präsident, der häufig
seine Meinung ändert, oder auch ein Machtwechsel in Washington -, ist
ein starker Anstieg des Ölpreises derzeit nicht zu erwarten.
(Börsen-Zeitung, 12.10.2019)
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