Börsen-Zeitung
Nur Begleiter / Kommentar zur Kritik am Sustainable-Finance-Beirat von Jan Schrader
Frankfurt (ots) - Endlich, so die gefühlte Stimmung im Saal, tut
sich was. Die Finanzindustrie treibt unter dem Wohlwollen der
Bundesregierung im Austausch mit zivilgesellschaftlichen Gruppen das
nachhaltige Finanzwesen voran, auch wenn der Weg noch weit ist,
lautete der Tenor auf dem Sustainable-Finance-Gipfel, der gestern in
Frankfurt den Festsaal im Gesellschaftshaus des Palmengartens füllte.
Gut gelaunt und anekdotenreich sprach der hessische
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir zum inflationär genutzten Begriff
der Nachhaltigkeit, der sogar schon in den Wortschatz des Fußballers
Lukas Podolski Einzug gehalten habe, ehe er ernster wurde und den
Vertretern der Finanzbranche eine zentrale Rolle zuschrieb: Sie
seien Begleiter und Wegbereiter einer Transformation, sagte der
Grünen-Politiker.
Das kam gut an. Denn im SustainableFinance-Beirat, der die
Bundesregierung berät und Finanzunternehmen einbindet, herrscht
Aufbruchstimmung. Man darf dem WWF-Vertreter Matthias Kopp glauben,
dass sich die üblichen Gräben zwischen zivilgesellschaftlichen
Gruppen und Finanzunternehmen in dem Gremium nicht so weit auftun,
wie es eigentlich zu erwarten wäre. Die Detailarbeit steht vier
Monate nach Start des Beirats noch aus, so dass viele Streitpunkte
noch gar nicht aufgekommen sind. Zur Harmonie dürfte aber auch
beitragen, dass einige Branchenvertreter im Beirat prominente
Fürsprecher eines nachhaltigen Finanzwesens sind, ob Kristina Jeromin
von der Deutschen Börse, Michael Schmidt, der einst für die DekaBank
im Expertenrat der EU-Kommission saß, oder Ingo Speich, der sich als
Konzernschreck auf Hauptversammlungen einen Namen gemacht hat. Die
etablierten Verbände haben bereits kalte Füße bekommen, dass die
Diskussion über die Regeln für ein nachhaltiges Finanzwesen
weitgehend ohne sie laufen könnte - mit dieser Vermutung liegen sie
richtig.
Auffällig ist jedoch die Rolle, die der Beirat für die
Bundesregierung ausübt. Während ihr Klimapaket gerade von
zivilrechtlichen Gruppen als unzureichend kritisiert wird, kann die
Regierung im Finanzwesen nun Tatendrang demonstrieren und Vorschläge
des Gremiums übernehmen - auch mit dem Segen der Finanzindustrie, die
über etliche Firmen im Gremium präsent ist. Dabei wird Klimaschutz
nicht von der Finanzbranche in Gang gesetzt, die immer an die
ökonomische Perspektive jener Menschen und Unternehmen gebunden ist,
die sie finanziert. Banken, Versicherer und Fondshäuser können nur
Begleiter sein, die Rolle als Wegbereiter liegt beim Gesetzgeber.
(Börsen-Zeitung, 17.10.2019)
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Bundesregierung im Austausch mit zivilgesellschaftlichen Gruppen das
nachhaltige Finanzwesen voran, auch wenn der Weg noch weit ist,
lautete der Tenor auf dem Sustainable-Finance-Gipfel, der gestern in
Frankfurt den Festsaal im Gesellschaftshaus des Palmengartens füllte.
Gut gelaunt und anekdotenreich sprach der hessische
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir zum inflationär genutzten Begriff
der Nachhaltigkeit, der sogar schon in den Wortschatz des Fußballers
Lukas Podolski Einzug gehalten habe, ehe er ernster wurde und den
Vertretern der Finanzbranche eine zentrale Rolle zuschrieb: Sie
seien Begleiter und Wegbereiter einer Transformation, sagte der
Grünen-Politiker.
Das kam gut an. Denn im SustainableFinance-Beirat, der die
Bundesregierung berät und Finanzunternehmen einbindet, herrscht
Aufbruchstimmung. Man darf dem WWF-Vertreter Matthias Kopp glauben,
dass sich die üblichen Gräben zwischen zivilgesellschaftlichen
Gruppen und Finanzunternehmen in dem Gremium nicht so weit auftun,
wie es eigentlich zu erwarten wäre. Die Detailarbeit steht vier
Monate nach Start des Beirats noch aus, so dass viele Streitpunkte
noch gar nicht aufgekommen sind. Zur Harmonie dürfte aber auch
beitragen, dass einige Branchenvertreter im Beirat prominente
Fürsprecher eines nachhaltigen Finanzwesens sind, ob Kristina Jeromin
von der Deutschen Börse, Michael Schmidt, der einst für die DekaBank
im Expertenrat der EU-Kommission saß, oder Ingo Speich, der sich als
Konzernschreck auf Hauptversammlungen einen Namen gemacht hat. Die
etablierten Verbände haben bereits kalte Füße bekommen, dass die
Diskussion über die Regeln für ein nachhaltiges Finanzwesen
weitgehend ohne sie laufen könnte - mit dieser Vermutung liegen sie
richtig.
Auffällig ist jedoch die Rolle, die der Beirat für die
Bundesregierung ausübt. Während ihr Klimapaket gerade von
zivilrechtlichen Gruppen als unzureichend kritisiert wird, kann die
Regierung im Finanzwesen nun Tatendrang demonstrieren und Vorschläge
des Gremiums übernehmen - auch mit dem Segen der Finanzindustrie, die
über etliche Firmen im Gremium präsent ist. Dabei wird Klimaschutz
nicht von der Finanzbranche in Gang gesetzt, die immer an die
ökonomische Perspektive jener Menschen und Unternehmen gebunden ist,
die sie finanziert. Banken, Versicherer und Fondshäuser können nur
Begleiter sein, die Rolle als Wegbereiter liegt beim Gesetzgeber.
(Börsen-Zeitung, 17.10.2019)
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