Und was ist jetzt mit dem Brexit? - Seite 3
Ebenso mögen massive Deregulierungen z.B. in der Finanzindustrie zunächst ein Standortvorteil sein. Doch selbst amerikanische Banken, die London seit Jahrzehnten lieben, gehen aktuell fremd und investieren lieber in Kontinentaleuropa. Auf rechtliche Grauzonen hat niemand Lust.
Nicht zuletzt ist für Konzerne, aber auch Startups die Arbeitnehmerfreizügigkeit wichtig, bei der sich Johnson zugeknöpft wie im kältesten Winter zeigt. Dabei sind auch für Großbritannien ausländische Fachkräfte unverzichtbar. In Krankenhäusern und Fabrikhallen werden die Bio-Briten immer rarer: Jeder achte BMW-Mitarbeiter in Großbritannien ist EU-Bürger, kein Brite.
Insgesamt betrachtet ist für ausländische Unternehmen der Schritt auf die Insel zu riskant. Und für Fish and Chips und zerkochtes Gemüse kommt niemand. Ohne Deal werden sogar viele britische Firmen Good Bye sagen.
Eigentlich würde kein verantwortlicher Politiker eine No Deal-Brexit-Krise riskieren. Damit fährt man auf der falschen Seite, auf der linken Spur. Es sei denn der Nachname fängt mit J an. Hauptsache, er hat der EU nicht nachgegeben. Und wenn die Wirtschaft leidet, schiebt er es einfach auf Corona.
Brüsseler Selbstgerechtigkeit ist fehl am Platz
Es ist völlig richtig, dass sich der europäische Stier von Johnson nicht kastrieren lässt. Wenn Erpressungen zu einem besseren Deal führten, könnten schlafende Hunde in anderen Ländern geweckt werden: Sich vieler Pflichten der EU entledigen und dennoch möglichst alle Rechte behalten.
Dafür zahlt aber auch die EU einen Wirtschafts-Preis. So ist Großbritannien einer der größten Exportmärkte für Deutschland. Die deutlich größeren Wirtschafts-Schmerzen wird aber das Königreich aushalten müssen.
Häme und Brüsseler Selbstgefälligkeit sind aber unangebracht. Der größte Feind Europas ist sicher nicht das Vereinigte Königreich, es sind die Chinesen und Amerikaner, die unseren Wohlstand nachhaltig bedrohen. Um im Haifischbecken der Wettbewerbsfähigkeit zu überleben, muss die EU an die eigene Komfortzone ran. Über-Bürokratie, Verteilen von Geschenken ohne Gegenleistung, Technologiefeindlichkeit, das Vergraulen von Investoren, immer mehr staatswirtschaftliches Gesundbeten und ein nur lockerer Zusammenhalt wie bei Aasgeiern müssen wie Unkraut ausgemerzt werden.
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Die europäische Unart, sich um des lieben Friedens willen immer auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verständigen und zur Erhaltung der innereuropäischen Freundschaft Konflikte mit großem diplomatischem Geschick zu umschiffen und auch noch stolz darauf zu sein, ist ein schleichendes wirtschaftliches Gift, dass früher oder später auch zum geopolitischen Tod führt.
Den Briten wünsche ich einstweilen viel Spaß mit ihrer Insel-Isolation und Empire-Romantik. Das macht sie zwar nicht satt, aber offensichtlich glücklich.
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