IPO diese Woche
Airbnb vor dem Börsendebüt: Experte sieht große Herausforderungen nach der Pandemie
Das Buchungsportal für Ferienunterkünfte Airbnb hat die anvisierte Spanne für seine IPO-Ausgabepreis angehoben. Anstatt einem Preis zwischen 44 und 50 US-Dollar soll dieser nun zwischen 56 und 60 US-Dollar liegen.
Das Unternehmen aus San Francisco könnte beim Handelsstart am Donnerstag (Tickersymbol: ABNB) nun mit bis zu 42 Milliarden US-Dollar bewertet werden.
Über einen Börsengang war schon seit Jahren spekuliert worden, doch der Ausbruch der Pandemie Anfang des Jahres brachte den Zeitplan durcheinander. Im zweiten Quartal brach der Umsatz um satte 72 Prozent ein. In den drei Monaten darauf erholte sich das Geschäft etwas, und im dritten Quartal stand nur noch ein Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Das Airbnb-Management hatte nach Ausbruch der Pandemie reagiert, sich über eine Kapitalerhöhung frisches Geld besorgt, und Personal- und Marketingkosten zusammengestrichen. Rund ein Viertel der Belegschaft verlor ihren Job.
Dank der Fortschritte beim Impfstoff könnte sich der weltweite Tourismus auf absehbare Zeit wieder stabilisieren. Dennoch ist Tourismus-Experte Max Starkov von der New Yorker Universität NYU bei Airbnb skeptisch: „COVID-19 ist nur eine der vielen Hürden, denen Airbnb ausgesetzt ist. Trotz des Hypes vor dem Börsengang gibt es weiteren Gegenwind für das ungebremste Wachstum von Airbnb“, sagt der Experte gegenüber wallstreet:online. Auf dem Höhepunkt seines Wachstums habe Airbnb etwa zehn bis zwölf Prozent der globalen Übernachtungsnachfrage abgedeckt. Langfristig dürfte das Unternehmen vermutlich kaum über zehn Prozent hinauskommen, meint Starkov und nennt mehrere mögliche Bremsklötze für die Wachstumsaussichten der Buchungsplattform.
„Der Homeoffice-Boom bedeutet, dass viele Eigentümer von Zweitwohnungen - potenzielle Airbnb-Gastgeber - nun monatelang von ihren Zweitwohnungen aus arbeiten, so wie ich derzeit auch. Das bedeutet, dass ein Teil der mietbaren Objekte vom Markt genommen wird.“ Die verfügbaren Wohnungen und Häuser auf Airbnb seien von 7 Millionen im Jahr 2019 auf heute nur noch 5,6 Millionen gesunken. Das hänge auch damit zusammen, dass viele Stadtmenschen sich eine Wohnung in der Vorstadt oder in Feriengebieten kauften. „Dadurch geht das Angebot an Zweitwohnsitzen weiter zurück“, so Starkov.
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Nicht zuletzt machen auch Regulierungen der Plattform zu schaffen. „Viele Gemeinden haben die kurzfristigen Vermietungen stark eingeschränkt – zum Beispiel mit Mindestaufenthalten von 30 Tagen oder maximal 90 Anmietungstagen pro Jahr.“ Um nach dem Börsengang die Erwartungen der Anleger zu erfüllen, müsse Airbnb massiv im asiatisch-pazifischen Raum expandieren und auch Hotelbuchungen auf seiner Plattform integrieren, glaubt der Experte.
Airbnb müsse als „vollwertiger Reiseveranstalter in den Hotelvertrieb einsteigen und das Duopol von Booking und Expedia angreifen. Um beides zu erreichen, wird Airbnb mit noch größerem Gegenwind konfrontiert sein: hohe Kosten, Erwerb neuer Kernkompetenzen, neue Tech-Tools, neues Know-how und neue Geschäftsmodelle.“
Am US-amerikanische IPO-Markt ist der Airbnb-Börsengang ein Ausrufezeichen am Ende eines Rekordjahres. Mehr als 140 Milliarden US-Dollar wurden nach Zahlen des Finanzdienstleisters Dealogic an amerikanischen Börsen in diesem Jahr eingespielt. Der Airbnb-Börsengang dürfte auch langjährige Mitarbeiter erfreuen, denn das Unternehmen hatte die Gehaltspakete vieler Mitarbeiter in der Vergangenheit durch Aktienoptionen ergänzt.
Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion