SI Titelstory November 2021
Kapitalschutzreport 2021 - Im Würgegriff von Pandemie und Politik
Obwohl die Welt seit Corona in einem Umbruch steht wie selten zuvor, erweisen sich einige der Kapitalschutzthemen, die wir an dieser Stelle über die Jahre fortentwickelt haben, als stabil.
Mehr drucken, mehr ausgeben, mehr kontrollieren
Obwohl die Welt seit Corona in einem Umbruch steht wie selten zuvor, erweisen sich einige der Kapitalschutzthemen, die wir an dieser Stelle über die Jahre fortentwickelt haben, als stabil. Insbesondere der weitere Pfad der Geld- und Fiskalpolitik passt erstaunlich gut zu den hier schon bislang favorisierten Formen des Kapitalschutzes – denn fast scheint es, als sei egal, welche Krise das Land oder die Märkte trifft, die Antwort von Politik und Notenbanken ist stets die gleiche: mehr Geld drucken, mehr Geld ausgeben und mehr Kontrolle über die Bürger. Insofern haben die Corona-Maßnahmen lediglich zu einer Beschleunigung bereits vorhandener Trends geführt. Diese war allerdings derart stark, dass inzwischen vermehrt die Nebenwirkungen sichtbar werden. Für die aktuelle Standortbestimmung darf besonders auf unseren Bericht vom „Go for Gold-Kongress“ sowie auf das Interview mit Prof. Dr. Max Otte verwiesen werden. Zu Grundsatzfragen dürfte in diesem Zusammenhang auch unser Beitrag über die Jahreskonferenz des Ludwig von Mises Institut Deutschland von Interesse sein.
Inflation – hergekommen, um zu bleiben
Am augenfälligsten ist derzeit das dramatische Anziehen der Inflation, die medial allerdings noch als ein bloß vorübergehendes Phänomen wegerklärt wird. Da sind wir nicht so sicher: Zwar ist es wahrscheinlich, dass die durch die Lockdown-Maßnahmen zum Teil schwer beschädigten Lieferketten – eine Ursache der Preissteigerungen – sich mit der Zeit wieder einschwingen werden. Auch werden Basiseffekte dazu führen, dass die Preisschocks des laufenden Jahres im nächsten Jahr aus den jährlichen Zuwachsraten verschwinden – die verlorene Kaufkraft erhalten die Menschen jedoch trotzdem nicht zurück. Der eigentliche Treiber hinter den Preissteigerungen bleibt indes die Geldpolitik. So hat die EZB sich offiziell von ihrem „Stabilitätsziel“ einer Inflation von bis zu 2% p.a. verabschiedet und strebt nun eine Geldentwertung von 2% p.a. als Zielgröße an. Dieses symmetrische Inflationsziel darf auch überschritten werden, zumal, wenn es in den Vorjahren – zumindest nach den offiziellen Preisstatistiken – unterschritten wurde. Im Prinzip ist diese Neuausrichtung eine Selbstermächtigung, künftig ernsthafte Anstrengungen zur Inflationsbekämpfung zu unterlassen. De facto kann die EZB ohnehin nur eine verbale Inflationsbekämpfung in Verbindung mit kleineren symbolischen Maßnahmen leisten, will sie das aufgetürmte Schuldenkartenhaus nicht zum Einsturz bringen.
Nominalwerte – dreifach unattraktiv
Besondere Brisanz erhält die Situation durch den Umstand, dass allein in Deutschland Billionen an Nominalwertanlagen an der Seitenlinie geparkt sind, beispielsweise auf laufenden Konten oder in Staatsanleihen, die schon jetzt keine Rendite und im Ernstfall auch keine Sicherheit bieten. Nicht nur, dass die Betroffenen inzwischen fast flächendeckend mit Negativzinsen abgespeist werden: Nun prasseln auf sie auch noch die Horrornachrichten von der Preisfront ein. Es ist also wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich Teile dieser Gelder doch noch in Bewegung setzen, um preistreibend Jagd auf Sachwerte zu machen. Allerdings verschwindet der Geldüberhang dadurch nicht aus der Welt; das Geld wechselt lediglich den Besitzer. Erschwerend kommt hinzu, dass Bankkonten, Staatsanleihen, aber auch Lebensversicherungen für den Ernstfall durch regelrechte Enteignungsklauseln vergiftet sind. So werden alle seit 2013 emittierten Euro-Staatsanleihen mit der sogenannten Collective Action Clause versehen, die spätere Schuldenschnitte per Mehrheitsbeschluss erlaubt. Keineswegs besser sieht es bei Bankkonten aus: Dort greift seit 2015 das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG), das auch als „Bankenrettungsgesetz“ bezeichnet wird – zu Recht, denn der Bankkunde bleibt bei dieser Rettung auf der Strecke. Näheres zu der seit Jahren verschlechterten Rechtsstellung von (privaten) Gläubigern erfahren Sie im Interview mit Erich Hambach.
Basisempfehlung Sachwerte
Unsere Basisempfehlung der letzten Jahre bleibt also aktuell: Sachwert schlägt Geldwert. Angesichts der überwiegend blasenhaften Preisentwicklung und der Preisschwankungen gilt es allerdings, sowohl hinsichtlich der Assetklassen als auch hinsichtlich des Einstiegszeitpunkts selektiv vorzugehen. Insbesondere allfällige Rückschläge sind in diesem Umfeld Kaufgelegenheiten. Das gilt vor allem für Edelmetalle, die nicht nur Sachwert, sondern eigentlich auch das bessere Geld darstellen. Je nach Anlagebedarf und Risikofreude kann und sollte man hier auf die großen Vier – Gold, Silber, Platin und Palladium – streuen, wobei konservative Anleger Gold bevorzugen. Wer noch wenig fungibles Altgold besitzt, kann dies einschmelzen lassen und dadurch marktgängiger machen; hierzu sei auf das Interview mit Raphael Scherer auf S. 54 verwiesen. Auch eine Beimischung der aktuell sehr gefragten Industriemetalle könnte in geringem Umfang attraktiv sein. Ausschließlich für qualifizierte Anleger bietet der Swiss Industrial Metal AMC hier die Beteiligung an einem entsprechenden Portfolio mit physischen, auch seltenen bzw. strategischen Metallen an. Mehr Informationen dazu unter www.swissindustrialmetal.ch.
Juniorpartner als Hoffnungsträger
Eine weitere Veränderung der Rahmenbedingungen ergibt sich aus dem Regierungswechsel im Bund. Im Moment sieht es – trotz aller Widersprüche zwischen den beteiligten Parteien – nach einer sogenannten Ampelkoalition aus. Während SPD und GRÜNE über kein ernsthaftes marktwirtschaftliches Profil verfügen, ist die FDP den marktwirtschaftlichen Idealen zwar verpflichtet, in dieser Konstellation aber nur der kleinste Partner. Im besten Fall wird das ungleiche Dreierbündnis also nur eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners betreiben können. Wunder sollten sich Anleger allerdings nicht erwarten, denn auch die Formulierung „keine neuen Substanzsteuern“ eröffnet Steuererhöhungsspielraum. Dabei liegt es in der Logik des Steuerstaats, dass er nur dort zugreifen kann, wo etwas zu holen ist. Anleger bleiben also im Visier. Zudem sind jederzeit krisenhafte Zuspitzungen möglich, in denen nach dem Motto „Not kennt kein Gebot“ auch drastischere Einschnitte in die Vermögen oder Einkommen der Bürger auf breite politische Zustimmung stoßen werden, zumal die Staatsverschuldung bereits jetzt gigantisch ist (vgl. Kasten auf S. 12).
Virtuelle Mauer
Außerdem hat bereits die alte Regierung Zusatzbelastungen festgelegt, beispielsweise die Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Derivaten, wodurch Absicherungsgeschäfte über Futures steuerlich benachteiligt werden. Immerhin konnte eine Ausweitung der Neuregelung auf Optionsscheine und Zertifikate noch einmal abgewehrt werden. Offenbar, um der Abwanderung produktiver Kräfte einen Riegel vorzuschieben, wird die Wegzugsbesteuerung ab 1.1.2022 auch bei einem Wegzug in ein anderes EU-Land deutlich verschärft – so viel zu den Sonntagsreden vom „Gemeinsamen Markt“. Eingebracht wurde das Gesetz ausgerechnet vom mutmaßlichen künftigen Bundeskanzler Olaf Scholz, damals noch in seiner Rolle als Finanzminister. Besonders negativ wirkt sich diese virtuelle Mauer auf Unternehmer aus, die in aller Regel nicht über die Liquidität verfügen, um die Aufdeckung der stillen Reserven ihres Geschäftsbetriebs aus der eigenen Portokasse zu bezahlen, ohne das Unternehmen zu verkaufen oder sich zu verschulden. Welche Entwicklungen es zuletzt in anderen Ländern gab und wo zurzeit, nicht nur für Kapitalanleger, ein besseres Klima herrscht, darüber informiert der Länderspezialist Christoph Heuermann im großen Interview ab S. 28. Beachten Sie in diesem Zusammenhang bitte auch unsere Besprechung zum frisch erschienenen Buch „Richtig auswandern und besser leben“.
Willkür und Aktionismus
Solange in der Welt allerdings Corona bzw. die Maßnahmen gegen Corona wüten, ist nicht nur das Wirtschaften allgemein erschwert, sondern auch das Auswandern. Die Gefahr, zu stranden, ist insbesondere für „Ungeimpfte“ während der Corona-Saison real. Betrachtet man die weltweite Vielfalt und die raschen Änderungen der Maßnahmen, denen oft genug jegliche Evidenzbasierung fehlt, scheinen Willkür und Aktionismus die wesentlichen Triebkräfte dieser Politik zu sein. Eine Prognose künftiger Maßnahmen ist entsprechend nicht möglich. Allerdings ist es ein böses Omen, dass selbst ehedem favorisierte Auswanderländer wie Australien, Neuseeland, Kanada oder Italien inzwischen mit eiserner Faust regiert werden.
Mehr Transparenz – für den Staat!
In Deutschland muss man zudem immer ein Auge darauf haben, welche Maßnahmen zusätzlich durch die EU auferlegt werden. So berichtete der Finanzjournalist Norbert Häring in seinem Blog von einem geplanten EU-Vermögensregister. Man kann sich leicht ausmalen, welche Möglichkeiten zur Kontrolle und Besteuerung eine solche Datensammlung eröffnet, zumal sie auch Vermögensgegenstände beinhalten sollte, die für den Staat bislang kaum sichtbar waren, wie Edelmetalle, Kunst, Antiquitäten oder Kryptogelder. Nachdem die Pläne einen medialen Sturm der Entrüstung entfacht hatten, sah sich die EU-Kommission zu einem Rückzieher genötigt. Ein erster gescheiterter Vorstoß bedeutet aber bekanntlich nicht, dass das Thema dauerhaft vom Tisch wäre. Hinter der Initiative standen übrigens Abgeordnete der Grünen-Fraktion des EU-Parlaments, die auf diese Weise „über Bande“ gespielt hatten. Wissensdurstig bleibt aber auch der bundesdeutsche Staat selbst: Denn 2022 soll der um ein Jahr verschobene Zensus nun doch durchgeführt werden. Besonders die Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) hat es in sich, geht es hier doch um detaillierte Informationen zu den Wohn- und Wohneigentumsverhältnissen der Bürger.
Ländermix
In unübersichtlichen Zeiten bleibt die rechtssichere Diversifikation des Vermögens in andere Länder ein wichtiger Baustein des Kapitalschutzes. Diese kann im Wesentlichen über Auslandskonten, Auslandsdepots, ausländische Lagerstätten für Edelmetalle oder Policenkonstruktionen erfolgen. Bitte beachten Sie hierzu besonders auch die Kapitalschutzausgaben der Vorjahre (bis 2017 zurück jeweils im November erschienen, davor im Oktober), denen Sie vielerlei Anregungen zu diesen Themen entnehmen können. Sie finden Artikel zu bestimmten Suchwörtern übrigens als Abonnent (mit Login-Passwort) bequem auf unserer Website smartinvestor.de mithilfe der GENIOS-Suche (mehr dazu im Artikel „Das Gedächtnis des Smart Investor“ in Ausgabe 3/2020).
Diversifikation
Da das Umfeld darüber hinaus von einer erheblichen Sprunghaftigkeit der politischen Maßnahmen und einem Grundtenor zunehmender Eigentumsfeindlichkeit gekennzeichnet ist, sollte zudem besonders auf die Flexibilität und Mischung der Anlagen geachtet werden. Wie sehr Sie auch von einer Anlage oder einem Land überzeugt sind, legen Sie nie alle Eier in einen Korb. Apropos: Einen originellen Ansatz stellen wir mit der „Personellen Diversifikation“ im Kasten auf S. 8 vor: Warum sollte man nicht einfach Teile seines Vermögens an Menschen seines Vertrauens verteilen, bevor man sie über Steuern und Abgaben an den Staat verliert?
Mischung und Streuung
Trotz aller Unwägbarkeiten favorisieren wir die eingangs erwähnte Schwerpunktbildung im Bereich der Sachwertanlagen, dort allerdings mit einer breiten sachlichen Mischung und Streuung. Neben dem Basisinvestment in physische Edelmetalle sind attraktiv bewertete Minenaktien oder Fonds mit Kapitalschutzappeal interessante Bausteine zur Vermögenssicherung. Bei Immobilien dürfen wir auf unsere letzten Immobilienausgaben (jeweils im Oktober) verweisen, in denen immer wieder auch die Gefahr hoheitlicher Eingriffe (etwa in Form von Zwangshypotheken) thematisiert wurde. Laufende Aktienempfehlungen, insbesondere auch aus dem Value-Bereich, finden Sie ohnehin in jeder Smart-Investor-Ausgabe.
Außerhalb des Fokus – exotische Anlagen
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