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    Marktkommentar  131  0 Kommentare Jörg Angelé (BANTLEON): EZB hebt Inflationsprognose an

    EZB hebt Inflationsprognose massiv an und reduziert Anleihenkäufe

    17.12.2021 - Die EZB hat am 16. Dezember das Auslaufen der PEPP-Netto-Anleihenkäufe per Ende März 2022 beschlossen. Darüber hinaus wurde ein konkreter Fahrplan für die Rückführung aller Anleihenkäufe im nächsten Jahr festgelegt. Die Entscheidung erfolgte vor dem Hintergrund der massiven Aufwärtsrevision der Inflationsprognose für 2022 von 1,7% auf 3,2%. Zugleich rechnet die Notenbank für die Jahre 2022 und 2023 mit einer kräftigen Zunahme der Wirtschaftsleistung um 4,2% bzw. 2,9%. Die Netto-Anleihenkäufe werden im kommenden Jahr geringer ausfallen, als von vielen Marktteilnehmern bis zuletzt erwartet. Da die Inflationsrisiken unserer Einschätzung nach über das Jahr 2022 hinaus gross bleiben werden, dürften die Käufe 2023 gänzlich eingestellt werden. Eine erste Anhebung des Einlagensatzes wäre damit 2023 möglich

    Die wichtigsten Ergebnisse

    Die EZB hat am 16. Dezember das Auslaufen der PEPP-Netto-Anleihenkäufe per Ende März 2022 beschlossen. Darüber hinaus wurde ein konkreter Fahrplan für die Rückführung aller Anleihenkäufe im nächsten Jahr festgelegt. Demnach sollen die PEPP-Käufe bereits im 1. Quartal geringer ausfallen als im laufenden Vierteljahr. Im 2. und 3. Quartal werden im Rahmen des APP vorübergehend mehr Anleihen erworben (40 Mrd. bzw. 30 Mrd. EUR pro Monat statt 20 Mrd. EUR). Zwischen Oktober und Dezember 2022 sollen die APP-Käufe dann auf das aktuelle Niveau von 20 Mrd. EUR pro Monat gesenkt werden.

    Um flexibel auf Stressphasen an den Finanzmärkten reagieren zu können, sollen die Rückflüsse aus endfälligen Wertpapieren und Couponzahlungen im Rahmen des PEPP erworbener Anleihen benutzt werden. Unter anderem wird explizit auf die Möglichkeit verwiesen, auch künftig griechische Staatsanleihen zu kaufen – trotz nicht vorhandenen IG-Ratings. Die Reinvestitionsphase wurde darüber hinaus um ein Jahr bis mindestens Ende 2024 verlängert.

    Unsere Einschätzung

    Es fällt der EZB zunehmend schwer, ihre ultraexpansive Geldpolitik noch zu rechtfertigen. Die Wirtschaftsleistung hat das Vorkrisenniveau im 3. Quartal quasi erreicht und dürfte 2022 sogar den Vorkrisenwachstumspfad übertreffen – hiermit rechnen selbst die Währungshüter. Gemäss den neuen Projektionen soll das Wirtschaftswachstum 2022 und 2023 mit 4,2% bzw. 2,9% kräftig ausfallen. Neuerliche Störfeuer durch die Pandemie würden den Konjunkturaufschwung lediglich verzögern, nicht aber aus der Bahn werfen. Zudem wird klar, dass die hohe Inflation erheblich hartnäckiger ist, als von der Notenbank bis vor Kurzem behauptet. Die Teuerungsrate wird unserer Einschätzung nach bis zum 3. Quartal 2022 bei oder über 3,0% liegen. Das spiegelt sich inzwischen auch in den Projektionen der Notenbank wider. Die Quasi-Verdoppelung der Inflationsprognose für 2022 von 1,7% auf 3,2% ist ein Paukenschlag. 

    Wir erwarten, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter aufhellt und das Lohnwachstum anzieht. Die Risiken einer spürbaren Zunahme des unterliegenden Preisauftriebs nehmen mithin zu. Zwar liegen die Inflationsprojektionen der EZB für die Jahre 2023 und 2024 mit jeweils 1,8% knapp unter dem Notenbankziel von 2,0%, diese Prognosen taugen jedoch kaum als Begründung, geldpolitisch weiter Vollgas zu geben. Es dürfte vielen Menschen schwerfallen nachzuvollziehen, weshalb nach zwei Jahren mit Inflationsraten von 2,6% bzw. 3,2% ein Anstieg der Verbraucherpreise um 1,8% in den Folgejahren eine nennenswerte Verfehlung des Zentralbankziels darstellt. 

    Davon abgesehen berücksichtigen die Prognosen der EZB nicht die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum. Dies künftig zu tun, hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Sommer allerdings in Aussicht gestellt. Seit 2016 hätte die Teuerungsrate bei Berücksichtigung dieser Kosten jährlich um 0,15%-Punkte höher gelegen. Da sich hieran in den nächsten Jahren nichts ändern sollte, wird das Inflationsziel auf Basis der aktuellen Projektionen quasi erreicht. 

    Vor diesem Hintergrund ist die geplante sukzessive Rückführung der Anleihenkäufe im nächsten Jahr nur konsequent. Da die Markterwartungen im Vorfeld des EZB-Ratstreffens jedoch nicht sonderlich hoch waren, ist der jetzt angekündigte Plan zur Reduzierung der Anleihenkäufe jedoch eine »falkenhafte« Überraschung. Das gilt insbesondere für die Festlegung auf konkrete Tapering-Schritte bis Ende 2022. Die Netto-Anleihenkäufe werden im kommenden Jahr damit geringer ausfallen, als von vielen Marktteilnehmern bis zuletzt erwartet. Da die Inflationsrisiken unserer Einschätzung nach über das Jahr 2022 hinaus gross bleiben werden, dürften die APP-Käufe 2023 gänzlich eingestellt werden. Eine erste Anhebung des Einlagensatzes wäre damit 2023 möglich. 


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