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     121  0 Kommentare Ruhe vor dem Sturm / Kommentar zur Entwicklung des Ölmarkts von Dieter Kuckelkorn.

    Frankfurt (ots) - Der traditionell für geopolitische Krisen anfällige Ölpreis
    hat in dieser Woche den niedrigsten Stand im laufenden Jahr erreicht. Angesichts
    der vielen weltweiten Verwerfungen und Auseinandersetzungen, die sich
    größtenteils auf den neuen Kalten Krieg zwischen den USA und ihren Verbündeten
    einerseits und Russland und China andererseits zurückführen lassen, ist dies
    verwunderlich.

    Hauptgrund für die Baisse am Ölmarkt ist die in weiten Teilen der Welt schwache
    Konjunkturentwicklung. In China ist diese das Ergebnis der bisherigen Politik
    einer fast kompromisslosen Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. In Europa und
    teilweise auch in den USA lässt sich die Konjunkturschwäche auf die enorme
    Verteuerung von Energieträgern wie Erdgas und Strom zurückführen, die wiederum
    vor allem ein Ergebnis von eklatanten energiepolitischen Fehlentscheidungen ist.
    Dass die Nachfragesituation bei Rohöl aktuell nicht gut aussieht, wird auch
    daran deutlich, dass sich Saudi-Arabien zu weiteren Preisnachlässen für
    asiatische Kunden veranlasst sieht.

    Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass der Ölpreis auf diesem niedrigen
    Niveau bleiben wird. Wenngleich die Konjunktur in Europa schwach bleiben wird,
    dürfte sie sich in den USA aufgrund des sich abzeichnenden Endes der
    Zinserhöhungen und in China aufgrund des Kurswechsels in der Bekämpfung der
    Pandemie bald wieder erholen. Dies sollte für einen gewissen Anstieg des
    Ölpreises sorgen.

    Vor allem aber zeichnet sich mit Blick auf die aktuellen geopolitischen
    Konflikte eine ausgeprägte Kehrtwende des Ölpreises ab. Die Preisobergrenze der
    G7-Staaten und der Europäischen Union für russisches Öl ist zwar bereits
    offiziell in Kraft getreten. Aufgrund einer längeren Karenzzeit wird sie jedoch
    erst in einigen­ Wochen ihre volle Wirkung entfalten. Dann werden zudem
    russische Gegensanktionen, über die in Moskau derzeit nachgedacht wird, die Lage
    verschärfen, und ab Februar zündet die nächste Stufe der westlichen Sanktionen
    in Gestalt eines fast vollständigen Boykotts russischen Öls durch die EU. Es
    wird also unweigerlich ein knapperes Angebot auf eine größere Nachfrage treffen.

    Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich die aktuellen geopolitischen
    Konflikte zu neuen akuten Krisen auswachsen. In der Ukraine wird eine wesentlich
    stärkere Involvierung von Nato und EU unvermeidlich sein, wenn der Westen einen
    Zusammenbruch von ukrainischer Armee und Regierung verhindern will. Damit dürfte
    sich der Krieg ausweiten. Der Besuch des chinesischen Präsidenten in Riad macht
    die Abkehr der Erdöl-Supermacht Saudi-Arabien vom Westen unübersehbar, was
    weitreichende Reaktionen der US-Regierung nach sich ziehen wird. Jederzeit
    explodieren kann auch der Konflikt des zunehmend auf China und Russland
    setzenden Iran mit Israel und den USA.

    Hinzu kommen weitreichende strukturelle Veränderungen am Ölmarkt, beispielsweise
    die Aufgabe des Petrodollar als Hauptzahlungsmittel für Erdöl oder die
    Ausbildung langfristiger Vertragsbeziehungen nach dem Vorbild des Erdgasmarktes
    - Entwicklungen, die sich aufgrund der instabilen weltpolitischen Lage stark
    beschleunigen können. In ein paar Monaten könnte sich somit herausstellen, dass
    die aktuelle Baisse am Ölmarkt nur die Ruhe vor dem Sturm war.

    (Börsen-Zeitung, 09.12.2022)

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