checkAd

    Fair geht vor  936  0 Kommentare Spreadstellung

    Trotz der zuletzt heftigen und teilweise auch berechtigten Kritik sind Zertifikate nach wie vor ein sehr gutes Mittel, um Chancen und Risiken in einem Portfolio besser zu modellieren – vorausgesetzt, es wird bei gegebener Marktmeinung das richtige beziehungsweise beste Zertifikat ausgewählt. Um bei rund 300.000 Papieren den Überblick zu behalten, müssen Anleger daher in der Lage sein, qualitativ hochwertige Produkte von weniger guten zu unterscheiden.

    Dies erfolgt zum einen über die Berechnung des Chancen/Risiko-Verhältnisses des jeweiligen Produkts: Dazu sollte nicht nur die Bonität des Emittenten berücksichtigt, sondern auch ein Vergleich zu Konkurrenzprodukten (Peer Group-Vergleich) angestellt werden. Oft stellt sich heraus, dass es selbst bei attraktiven Zertifikaten mit einem guten Rating noch vorteilhaftere Alternativen gibt. Zum anderen muss die Handelsqualität des jeweiligen Emittenten einbezogen werden.

    Und genau hier liegt das Problem: Anleger neigen häufig dazu, lediglich das Chancen/Risiko-Verhältnis sowie die Bonität eines Emittenten zu betrachten. Gerne wird jedoch übersehen, dass ein ausgezeichnetes Produkt auch über eine sehr gute Handelsqualität verfügen sollte. Dazu zählen neben der ausreichenden Anzahl von gestellten Kursen insbesondere der Spread und die Stabilität des Spreads. Denn ein plötzlich ansteigender Spread – in Krisenzeiten nicht unüblich – lässt bei vorzeitigem Verkauf des Zertifikats die Verluste noch größer werden.

    Scope hat die Auswirkungen der Krise auf den Spread in zwei Untersuchungen analysiert: Einerseits konnte in der vierteljährlich erscheinenden Zertifikatestudie nachgewiesen werden, dass das Spreadniveau allgemein tatsächlich gestiegen ist. In nahezu allen Kategorien wurden die Spreads im vierten Quartal 2008 deutlich erhöht. So beträgt zum Ende des Jahres 2008 der durchschnittliche Spread in der Kategorie Discount Classic 0,83 Prozent, während er im dritten Quartal im Durchschnitt noch bei 0,55 Prozent und im ersten Quartal 2008 sogar bei nur 0,4 Prozent lag.

    Bei Bonus-Zertifikaten fällt die Bilanz noch deutlicher aus: Ende 2008 betrug der durchschnittliche Spread 0,97 Prozent – im dritten Quartal 2008 hingegen 0,52 Prozent und Anfang 2008 sogar nur 0,41 Prozent. Wird ein durchschnittlicher Spread über alle Zertifikate gemessen, so lag dieser Ende 2008 bei 0,8 Prozent. Anfang 2008 war er nur halb so hoch.

    Zudem zeigt die Studie, wer allgemein die besten Konditionen stellte, also wer durchschnittlich die attraktivsten Briefkurse vorzuweisen hatte. Hier konnte Goldman Sachs überzeugen: Dieser Emittent bot die besten Preise und somit vergleichsweise die attraktivsten Renditen. Zu beachten ist hier jedoch auch die Kehrseite der Medaille. Von niedrigen Ask-Preisen profitieren zweifelsfrei die Käufer von Zertifikaten. Für Inhaber von Zertifikaten dagegen ist es wichtig, dass Emittenten die Spreads niedrig halten und somit die Geldkurse im attraktiven Bereich liegen. Hier hatte die UBS die Nase vorn: Unter allen relevanten Emittenten konnten die Schweizer im vierten Quartal 2008 die niedrigsten Spreads vorweisen. Dies zeugt von einer hohen Fairness.

    Andererseits beschäftigte sich die Studie mit den Veränderungen der Spreads seit der Lehman-Pleite. Betrachtet wurde dabei der Zeitraum 01.09.2008 bis 23.02.2009. Die Auswertung zeigt, dass die in Prozent gemessenen Spreads deutlich gestiegen sind, was jedoch aufgrund der zurückgegangenen Basiswertkurse nicht sonderlich aussagekräftig ist. Interessant ist deshalb die Frage, inwiefern sich die absoluten Spreads verändert haben.

    Das Positive vorweg: Obwohl im Durchschnitt eine Spreaderhöhung festzustellen ist, haben lediglich 50 Prozent der Emittenten tatsächlich die Spreads angehoben. Rund ein Fünftel hat die Spreads gar deutlich gesenkt. Dazu zählen z.B. die Deutsche Bank, die LBBW und die DZ-Bank. Dieses vorbildliche Verhalten trifft leider nicht auf alle Emittenten zu. So gab es etwa bei der Citigroup, der BHF-Bank und Goldman Sachs teilweise deutliche Spreaderhöhungen. Beachtet werden sollte hier jedoch, dass Spreaderhöhungen nicht durch den Handel, sondern auch aufgrund stark gestiegener CDS entstehen können.

    Wie wichtig neben der attraktiven Konstruktion und der ausreichenden Anzahl von Kursstellungen auch die Stabilität beziehungsweise die Höhe des Spreads ist, verdeutlicht das Beispiel eines Bonus-Zertifikats: Wenn der Basiswertkurs kurz vor der Knock-In-Schwelle steht, ist es sehr ärgerlich, wenn zu dem eigentlichen Verlust noch ein vervielfachter Spread kommt.

    Das Scope Zertifikate-Rating berücksichtigt diesen Umstand. Neben dem Chancen/Risiko-Verhältnis und der Bonität des Emittenten wird auch die Handelsqualität herangezogen, die je nach Ausprägung dynamisch gewichtet wird. Hierbei stehen insbesondere die Höhe des Spreads sowie dessen Schwankungsverhalten im Vordergrund. Das Ergebnis ist mehr Transparenz für Anleger.



    Sasa Perovic
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Scope wurde im Jahre 2002 als unabhängige Ratingagentur mit Sitz in Berlin gegründet. Das Unternehmen ist europaweit auf das Rating und die Analyse von mittelständischen Unternehmen, Anleihen, Finanzinstitutionen, Zertifikaten, Investment- und Immobilienfonds spezialisiert. Scope ist von der ESMA als offiziell zertifizierte Credit Rating Agency (CRA) in der Europäischen Union zugelassen. Weitere Informationen zu Scope finden sie auf www.scoperatings.com.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von 2Sasa Perovic
    Fair geht vor Spreadstellung Trotz der zuletzt heftigen und teilweise auch berechtigten Kritik sind Zertifikate nach wie vor ein sehr gutes Mittel, um Chancen und Risiken in einem Portfolio besser zu modellieren – vorausgesetzt, es wird bei gegebener Marktmeinung das richtige …

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer