EUR/USD
Wöchentlicher Marktkommentar: Italien in der Sackgasse
Der Euro hat sich gestern buchstäblich auf Tauchgang begeben: Gegenüber dem US-Dollar verlor die europäische Gemeinschaftswährung satte 2,5 Cent und notiert momentan bei 1,36 zum Greenback. „Handelstage mit einer so deutlichen, klaren Bewegung sind selten an den Devisenmärkten“, sagt Torsten Gellert, Managing Director FXCM Deutschland. Der Grund für den Kurseinbruch liegt in Italien: Der angekündigte Rücktritt Silvio Berlusconis hat am Markt offenbar mehr Fragezeichen hinterlassen als Antworten gegeben und die italienischen Staatsanleihen rentieren mit Rekordwerten, da die Anleger das Vertrauen in den Mittelmeerstaat zunehmend verlieren. Wie es nun mit Italien und seinen Schuldenproblemen weiter gehen soll, bleibt unklar. „Die Freude über das Ende der Berlusconi-Ära währte am Montagabend nur kurz“, so Gellert.
Nach der Nachricht über Berlusconis baldigen Rücktritt als italienischer Ministerpräsident, gab es zunächst Hoffnung auf Reformen und somit eine Verbesserung der kritischen Staatsverschuldung. „Nachdem aber klar geworden ist, dass es auch ohne Berlusconi keine Patentlösungen gibt und ein Führungswechsel allein noch lange keine Besserung garantiert, sind die Marktteilnehmer skeptisch geworden. Wie auch bei der Griechenland-Thematik spielt hier das Vertrauen der Märkte eine entscheidende Rolle. Die Abwärtsspirale der italienischen Finanzmisere mit steigender Verschuldung, höherer Verzinsung von Staatspapieren und Bilanzdefiziten der staatlichen Hand ist in vollem Gange“, so Gellert.
Der Hintergrund: Misstraut der Markt Italien, ist der Staat gezwungen, den Investoren immer höhere Renditen für Staatsanleihen zu bieten. Und je höher die Unsicherheit wird, desto höher werden die Risikoaufschläge für die Papiere. Die Folge: Für Italien wird es immer teurer, sich zu refinanzieren – und der Schuldenberg wächst immer schneller. Die Italienischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit schnellten gestern auf ein Rekordniveau von bis zu 7,5 Prozent. „Ab einem gewissen Zins-Niveau gibt es für Staaten keinen Weg zurück aus der Verschuldung. Am Ende der Sackgasse wartet die Insolvenz“, so Gellert.
Die EZB hat seit einigen Monaten immer wieder mit Ankäufen italienischer Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt einem Anstieg der Zinsen entgegengewirkt. Aber das lässt sich nicht beliebig fortsetzen und ist im Mandat der EZB nicht vorgesehen. Der neue EZB Chef Draghi, obwohl Italiener, hat schon deutlich gemacht, dass er nicht vorhat, diese Linie fortzusetzen. Auch der europäische Rettungsfonds wäre wohl trotz Hebelung und Aufstockung nicht in der Lage, Italien zu halten, da die Größe und Gesamtverschuldung Italiens ein Vielfaches von Griechenland beträgt. „Wenn Italien nicht das Vertrauen der Marktteilnehmer zurückgewinnen kann, zerfällt die Eurozone“, resümiert Gellert, der zugleich deutliche Schritte anmahnt: „Die italienische Politik muss jetzt für klare Verhältnisse sorgen. Das heißt, Maßnahmen beschließen und sie auch umsetzen.“
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