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    BEHAVIORAL FINANCE  2252  1 Kommentar Zuviel Deutschland im Depot

    „Home sweet home“: Im Alltag umgeben wir uns am liebsten mit Dingen, die uns vertraut sind. Vor Fremdem schrecken wir jedoch zunächst zurück, denn es löst ein diffuses Gefühl von mangelnder Kontrolle in uns aus. Am Aktienmarkt ergeht es uns da kaum besser: Wer regelmäßig BMW auf der Straße herumfahren sieht, glaubt nur allzu leicht, eine BMW-Aktie besser einschätzen zu können als das Papier eines nahezu unbekannten japanischen Mitbewerbers. Beim BMW-Investment hat der Anleger vermeintlich alles unter Kontrolle. Auch wenn dieses Kontrollgefühl zumeist nicht mehr als eine Illusion ist – schließlich bewegt sich ein Aktienkurs auf Basis vielfältiger Faktoren, die selbst ein BMW-Liebhaber nur schwer beurteilen kann.

    Dazu kommt: Die meisten Anleger dürfte einen Kursverlust umso mehr bedauern, wenn er mit einer unbekannten Automobil-Aktie aus dem Ausland entstanden ist, als wenn der Verlust einem Investment in die vertraute BMW-Aktie geschuldet ist. Man kann sich schließlich sehr leicht vorstellen, den ungewohnten, gewagten Schritt in Richtung Ausland eben nicht getan zu haben.

    Die altbekannte Folge dieses Verhaltens: In unseren Depots liegen hauptsächlich Dividendentitel von Unternehmen, die uns vertraut sind, also hauptsächlich heimische Titel. Daran ist grundsätzlich auch nichts verkehrt, doch die Anleger verzichten damit auf die Vorteile internationaler Streuung. Diese sogenannte Home Bias, also die Neigung hauptsächlich heimische Aktien im Depot zu haben, ist schon lange bekannt. Seit Jahren predigen viele Behavioral-Finance-Experten und Investmentberater, dass man sein Vermögen besser streuen sollte. Dennoch schlummerten Ende 2010 in Deutschlands Depots noch 48,8 Prozent heimische Aktien. Dabei stellen deutsche Aktien auf dem Weltmarkt gerade einmal 2,55 Prozent, d.h. würde man seine Investments auf die ganze Welt gleichverteilen wollen, dürften deutsche Aktien nur ebendiesen Anteil eines jeden Depots ausmachen. Wir halten also 46,25 Prozent zu viel an heimischen Dividendentiteln.

    Homebias Deutschland2 Zuviel Deutschland im DepotAbbildung 1: Home Bias in Deutschland 2010. Quelle: Cognitrend[1]

    Anscheinend sind die Gardinenpredigten der Berater nicht ganz verhallt: Die Home Bias hat sich in den letzten Jahren etwas verringert, wie man der zweiten Grafik entnehmen kann. Wir können es nur vermuten, aber der Rückgang mag nichts damit zu tun haben, dass deutsche Anleger plötzlich Behavioral-Finance-Experten geworden sind. Wenn man die Daten indes einmal mit früheren Jahren vergleicht, wird deutlich, dass verstärkt die Eurozone angesteuert wurde. Dank der gemeinsamen Währung wirkten die anderen Euroländer schon gar nicht mehr so fremd und die Investmentfonds- und Zertifikateanbieter dürften in den letzten Jahren ihr übriges getan haben, indem sie verstärkt europäische Produkte bewarben und verkauften. Da zumindest private Anleger nicht nur zur Home Bias, sondern auch zu naiver Diversifikation neigen – gern wird ein Investmentbetrag schön gleichmäßig auf sämtliche vom Berater vorgelegten Alternativen verteilt – landeten diverse europäische Produkte in den Depots. Internationale Streuung ist so immer noch nicht erreicht.

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    Christin Stock
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    Christin Stock, Analystin und Bloggerin.
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    Weitere Informationen zur Autorin und der Behavioral Finance: www.blognition.de.
    Verfasst von 2Christin Stock
    BEHAVIORAL FINANCE Zuviel Deutschland im Depot „Home sweet home“: Im Alltag umgeben wir uns am liebsten mit Dingen, die uns vertraut sind. Vor Fremdem schrecken wir jedoch zunächst zurück, denn es löst ein diffuses Gefühl von mangelnder Kontrolle in uns aus. Am Aktienmarkt ergeht es uns da kaum besser: Wer regelmäßig BMW auf der Straße herumfahren sieht, glaubt nur allzu leicht, eine BMW-Aktie besser einschätzen zu können als das Papier eines nahezu unbekannten japanischen Mitbewerbers.