Aktien Europa
Trotz Turbulenzen: Value-Titel auf dem Vormarsch
Der Abschwung an den Aktienmärkten verunsichert derzeit viele Anleger. Doch gerade in dieser Situation lohnt ein genauerer Blick auf die Unternehmen in Europa, und wie sie sich auf die aktuelle Lage vorbereitet haben.
Legt man die häufig von Anlegern verwendeten Benchmarks zugrunde – den MSCI Value und den MSCI Growth – so haben diese unterschiedliche Outperformance-Zyklen. Der MSCI Europe Growth verzeichnet seit 2011 eine starke Outperformance. Seit vergangenem Sommer scheint sich der Trend aber umzukehren. Angesichts des Konjunkturtiefs könnte nun der Value-Ansatz wieder Trumpf sein.
Vor zwei Jahren führte die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone zu einer massiven Unterbewertung europäischer Aktien, die sich im Zuge der darauffolgenden Hausse wieder weitgehend aufgelöst hat. Jedoch befindet sich die europäische Wirtschaft heute in einem zyklischen Tief, ähnlich wie zuletzt im Jahr 2003.
Innerhalb der europäischen Börsenlandschaft gibt es immer wieder große Bewertungs-unterschiede, aus denen Value-Fondsmanager Nutzen ziehen können – wie etwa in der Zeit von 2003 bis 2006. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass sich die europäische Industrie im Zeitraum von 2003–2013 tiefgreifend verändert hat: Das zeigt die Globalisierung der Absatzmärkte und der Produktionsstandorte, sowie eine immer stärkere Spezialisierung und Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens.
Angesichts dieser Trends haben wir als Value-Investoren untersucht, wie die europäischen Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen auf diese Entwicklungen reagiert haben und welche Folgen sich daraus für ihre Margen und Bewertungen ergeben. Dabei haben wir uns von den klassischen Dogmen gelöst – wie etwa jenes bezüglich einer langfristigen Rückkehr zum Durchschnitt, niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse bzw. Kurs-Buchwert-Verhältnisse oder einer möglichen Rückkehr des Wirtschaftswachstums.
Die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren massive Kostensenkungen durchgeführt, ihre Geschäftsportfolios neu ausgerichtet und sich immer stärker spezialisiert. Dadurch gelingt es ihnen, in diesem Zyklustief eine höhere Rentabilität zu erzielen als im vorhergehenden Zyklustief. Selbst eine leichte Konjunkturerholung dürfte dazu führen, dass die stark auf Europa ausgerichteten Industrieunternehmen in den kommenden Jahren sehr viel höhere Rentabilitätsniveaus erreichen. Als Beispiele können hier die britische GKN, oder auch die deutsche HeidelbergCement dienen. Wobei gerade in der Zementindustrie durch den Zusammenschluss der beiden Branchengrößen Holcim und Lafarge noch eine eigene Dynamik kommen kann.
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Neben den oben genannten Gründen sorgen aber auch regulatorische oder technologische Veränderungen in bestimmten Sektoren für neue Markteintrittsbarrieren und zwingen die bereits bestehenden Akteure, sich radikal zu verändern und sich innerhalb ihrer Branchen neu zu positionieren.
Europa ist der Wirtschaftsraum, der zurzeit bei Zyklikern das größte Margen-Potenzial aufweist, sobald eine (wenn auch nur moderate) Erholung ihrer Geschäftsaktivitäten einsetzt. Diese Tatsache ist in den aktuellen Kursen bei weitem noch nicht eingepreist.