Öl – sind die Aussichten wirklich so schwarz?
Nach der kräftigen Erholung zwischen März und Juni ist der Ölpreis auf Mehrjahrestiefs abgerutscht. Investoren befürchten, dass nach dem Iran-Deal sich das Umfeld auf dem Ölmarkt weiter verschlechtern könnte. Sind die Nachrichten bereits in der Notierung enthalten, oder besteht die Gefahr weiteren Preisdrucks? Wie sehr wird die Einigung mit dem Iran den weltweiten Ölmarkt belasten?
Der iranische Ölminister Bijan Namdar Zanganeh hat angekündigt, dass das Land nach einem Wegfall der Sanktionen die Ölexporte um 500.000 Barrel pro Tag erhöhen werde. Weitere 500.000 Barrel pro Tag sollen in den nächsten sechs Monaten hinzukommen.
Derzeit produziert das Land rund 2,8 Mio. Barrel pro Tag und macht damit einen kleinen Teil des Weltmarkts aus. Die US Energy Information Administration (EIA), eine Behörde des Energieministeriums, prognostiziert, dass die weltweite Produktion im laufenden Jahr um 2,2 Mio. Barrel pro Tag auf 95,5 Mio. Barrel pro Tag zulegen wird. Die Sanktionen gegen den Iran werden zumindest bis Mitte Dezember in Kraft bleiben, wenn die Vereinten Nationen einen Bericht vorlegen, ob sich der Iran an die Vereinbarung des Atom-Abkommens hält. Experten rätseln zudem, wie groß die Öllagervorräte des Iran sind.
Öl – sind die Perspektiven wirklich so schwarz?
Laut den Schätzungen hat der Iran zwischen 30 und 50 Mio. Barrel Öl auf Schiffen auf den Weltmeeren gelagert. Dieses Öl könnte nach der Aufhebung der Sanktionen sehr schnell auf den Markt kommen. Zusätzliches Öl aus dem Iran würde die Lage auf dem Ölmarkt weiter verschlechtern, beläuft sich das weltweite Überangebot aktuell doch bereits auf rund 2,5 Mio. Barrel pro Tag. Am Weltmarkt herrsche ein „massives Überangebot“, sagte die International Energy Agency, der in Paris sitzende weltweite Branchenverband, unmissverständlich.
USA und Saudi-Arabien mit Rekordproduktion
Laut den Angaben der EIA liegt die US-Ölförderung mit rund 9,4 Mio. Barrel pro Tag nur 0,2 Mio. Barrel unter dem höchsten Niveau seit dem Beginn der Aufzeichnungen der EIA im Jahr 1983. Die Rekordförderung führt dazu, dass die US-Öllagervorräte auf Spitzenwerte gestiegen sind und um rund 100 Mio. Barrel über dem Fünfjahresdurchschnitt liegen.
Das sorgt für kräftigen Preisdruck bei Öl, zumal Saudi-Arabien die Förderung auf den Rekord von 10,6 Mio. Barrel pro Tag hochgefahren hat, um den Marktanteil zu halten, indem Länder mit höheren Förderkosten allmählich aus dem Markt gedrängt werden.
Weil auch die Produktion im Irak mit 4,4 Mio. Barrel pro Tag Spitzenwerte erreicht, ist die Förderung der OPEC-Mitglieder mit insgesamt rund 32,1 Mio. Barrel pro Tag auf ein Dreijahreshoch gestiegen. Nun fordert der Iran, der viertgrößte Produzent der OPEC, einen größeren Teil vom Kuchen und will mehr von dem Rohstoff verkaufen.
US-Wirtschaft schwächelt…
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Während das weltweite Ölangebot stärker sprudelt als je zuvor, schwächelt die Nachfrage nach dem Rohstoff deutlich, was vor allem an der schwachen Wirtschaft in den USA und China liegt. Mit einem Ölverbrauch von 19,4 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2015 ist die USA der mit weitem Abstand weltgrößte Verbraucher vor China mit 11,2 Mio. Barrel. Zuletzt hat die US-Notenbank die Prognose für das Wirtschaftswachstum für 2015 auf 1,8 bis zwei Prozent eingedampft.
Investoren sollten allerdings nicht vergessen, dass das Wirtschaftsministerium seit Mitte 2015 die ohnehin bereits einmal saisonal bereinigten Daten zum Wirtschaftswachstum ein zweites Mal saisonal bereinigt. Entsprechend wird das Wirtschaftsministerium für 2015 ein Wachstum ausweisen, dass viel höher sein wird, als nach der bisherigen Methode.
Lesen Sie morgen im zweiten Teil, wie das Wachstum in den USA tatsächlich aussieht, wie Öl-Investments aussehen könnten und warum China einen so starken Einfluss hat…