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    Interviews  755  0 Kommentare Marcel Schnyder (R&Co): „Ein Bondcrash ist nur eine Frage der Zeit“

    Im Interview mit Finanz und Wirtschaft spricht Marcel Schnyder, CIO bei Reichmuth & Co. Privatbankiers, über die aufgeheizte Lage an den Rentenmärkten.

    Herr Schnyder, an den Aktienmärkten fehlt die klare Richtung. Woran liegt das? Müssen sich Anleger vor einem turbulenten Herbst fürchten?

    Schnyder: Es fehlen klare Impulse, die wenigen positiven und negativen Faktoren neutralisieren sich. Fundamental sind die meisten Aktienmärkte nicht mehr günstig bewertet, und die Wachstumsaussichten sind unterdurchschnittlich. Aber der Anlagenotstand ist wegen der Negativzinsen gross. Deshalb sind Aktien – besonders Qualitätstitel mit stabiler Ausschüttung – weiterhin attraktiv.

    Wie weit stabilisiert das den Markt?

    In gewissem Sinn ist es eine Stütze, aber keine Versicherung gegen eine Marktkorrektur. Sie fragen, ob es einen turbulenten Herbst geben könnte? Das kann man sich durchaus vorstellen. Die Präsidentschaftswahlen in den USA, die Verfassungsreformabstimmung in Italien in Kombination mit den Schwierigkeiten einiger europäischer Banken sowie eine mögliche US-Zinserhöhung im Dezember, das sind Themen, die für Unruhe sorgen. Davor sollte man sich jedoch nicht fürchten.

    Sondern?

    Furcht ist ein schlechter Ratgeber. Wichtig ist, sich entsprechend vorzubereiten, falls es tatsächlich zu Turbulenzen kommen könnte. Wir haben rund 40% unserer amerikanischen und europäischen Aktienquote über Put-Optionen abgesichert. 

    Hinzu kommen die Quartalszahlen der Unternehmen. Was hat mehr Gewicht, die Quartalsberichte, die Präsidentenwahl oder der Zinsentscheid des Fed im Dezember?

    Der wichtigste Treiber im aktuellen Umfeld ist und bleibt die Geldpolitik. Die Quartalszahlen der Unternehmen werden in der Summe kaum überraschen, und die Präsidentschaftswahlen werden medial zwar als Jahrhundertereignis dargestellt. Sie haben auf die Finanzmärkte aber keinen nachweisbar nachhaltigen Effekt.

    Trotzdem noch ein Wort zu den Unternehmensgewinnen. Anfang Jahr sind die Schätzungen der Analysten meist zu optimistisch. Wie sieht das Bild gegen Ende des Jahres aus, ist das Gegenteil der Fall?

    Die Messlatte für positive Überraschungen liegt um diese Jahreszeit effektiv niedriger. Die Erwartungen nach den Gewinnrevisionen in der ersten Jahreshälfte vermitteln heute einen fairen Eindruck. Das Wachstum bleibt aber bescheiden, und die Gewinnmargen sind historisch hoch, weshalb wir nicht mit stark positiven Überraschungen rechnen. Gesamtwirtschaftlich sind die Rezessionsrisiken auf absehbare Zeit gering. Auf der anderen Seite ist die Wachstumsdynamik trotz stark expansiver Geldpolitik unterdurchschnittlich.

    Sie sichern Aktienpositionen ab. Wo liegt die Gefahr, für die Börsen, für die Finanzmärkte insgesamt?

    Der verzweifelte Versuch der Notenbanken, auf Drängen der Politik die Wirtschaft am Laufen zu halten und möglichst alle Banken und Staaten zu retten, führt zwangsläufig zu Fehlallokationen. Niedrige oder sogar negative Zinsen verleiten die Anleger, für Vermögenswerte wie zum Beispiel Obligationen, Immobilien, aber auch Aktien immer höhere Preise zu zahlen oder vermehrt in illiquide Anlagen zu investieren. Die Korrelation der Anlageklassen untereinander steigt, die Liquidität am Rentenmarkt nimmt dramatisch ab.

    Ist ein Bondcrash zu befürchten?

    Ja, die Gefahr eines Bondcrashs ist nicht von der Hand zu weisen. Zumindest eine Korrektur am Bondmarkt ist nur eine Frage der Zeit. Ausgelöst wird sie entweder durch Schuldenrestrukturierungen in Europa, durch einen Verlust des Vertrauens in die Geldpolitik oder durch einen Inflationsschub, der die Zentralbanken zum Handeln zwingt.

    Lesen Sie hier das vollständige Interview aus Finanz und Wirtschaft (Nr. 81, 12.10.2016)




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