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    ROUNDUP  602  0 Kommentare Finanzaufsicht war früh über mögliche 'Cum-Ex'-Deals informiert

    BERLIN (dpa-AFX) - Zu den unter "Cum-Ex"-Geschäften bekannt gewordenen dubiosen Aktiendeals zulasten der deutschen Staatskassen gab es schon frühzeitig erste Verdachtsmomente. Die Finanzaufsicht habe Ende 1999 einen anonymen Hinweis erhalten, der möglicherweise derartige Geschäfte beschrieben hat, wie aus einer am Montag bekanntgewordenen Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervorgeht. Die Finanzaufsicht sei dem Hinweis nachgegangen, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwortschreiben weiter.

    Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte, die Finanzaufsicht BaFin erweise sich bei "Cum-Ex" als eine entscheidende Schwachstelle: "Die Aufsichtslücke ist noch gravierender als gedacht, nicht erst durch den Bankenverband 2002, sondern schon 1999 hat der Staat durch einen Hinweis an die BaFin von CumEx erfahren - und dann mehr als 10 Jahre verschlafen."

    Bei den auch "Dividendenstripping" genannten komplizierten Geschäften wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag eines Unternehmens rasch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Das führte dazu, dass Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern mehrfach ausgestellt wurden, die so aber gar nicht gezahlt wurden. Die Behörden kamen dem erst später auf die Schliche.

    Nach mehr als zehn Jahren war das Steuerschlupfloch geschlossen worden, doch die Opposition im Bundestag will die Vorgänge in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages aufklären. Der Gesamtschaden durch "Cum-Ex-Geschäfte" wird auf zwölf Milliarden Euro geschätzt. Unter Juristen gehen die Meinungen darüber auseinander, ob es sich um illegale Geschäfte handelt.

    In der Antwort des Finanzministeriums heißt es: Der Bafin-Vorgänger, das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) habe Ende 1999 einen anonymen Hinweise auf Verkaufspositionen ("Short-Positionen") in ausländischen, im Freiverkehr gehandelten Aktien während der Dividendenzahlungen erhalten. "Obwohl der Handel in ausländischen Aktien gegen eine Cum-Ex-Gestaltung spricht, ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der anonyme Hinweisgeber eine solche schildern wollte." Das Aufsichtsamt sei dem Hinweis im Rahmen einer Sonderprüfung der damals zuständigen Landeszentralbank nachgegangen. Mit "Short-Positionen" spekulieren Anleger - etwa durch einen Leerverkauf - auf den fallenden Kurs einer Aktie.

    Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu "Cum-Ex"-Geschäften will an diesem Donnerstag unter anderen den früheren Präsidenten der Finanzaufsicht Jochen Sanio anhören. Sanio war 1995 BAKred-Vizepräsident und wechselte im Jahr 2000 ganz an die Spitze. Anschließend war er Chef der Gesamt-Finanzaufsicht BaFin. Geladen ist auch die Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), Sabine Lautenschläger, die früher bei der BaFin für Banken zuständig war.

    Schick kritisierte weiter, obwohl Hinweisgeber die BaFin seit 1999 immer wieder auf "Cum-Ex" aufmerksam gemacht hätten, sei im Jahr 2016 eine Bank wegen dieser Geschäfte pleite gegangen. Präsident Sanio sei in Aufarbeitung der sogenannten Dividendenstrippingfälle der WestLB 2007 eingebunden gewesen, habe aber nie Lehren daraus gezogen./sl/DP/tos





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