Die zwei Risiken der Aktienmärkte
Politik und Zinsschock
Die anstehende Präsidentschaftswahl in Frankreich, überraschende Neuwahlen in Großbritannien, ein türkisches Referendumsergebnis pro autoritäres Präsidialsystem und Auseinandersetzungen mit Nordkorea stellen grundsätzlich Belastungsfaktoren für Aktien dar. Mehr als Konsolidierungen scheinen sie jedoch nicht auszulösen. Krisenerprobte Finanzmärkte unterstellen offenbar, dass diese kalten Risiken nicht heiß werden. Der Wiedereinmischung des Weltpolizisten USA können einige Marktteilnehmer sogar etwas Positives abgewinnen. Aktienstützend wirken auch die stabilen volkswirtschaftlichen Fundamentalargumente. Dennoch rechtfertigen sie keine nachhaltige Trendwende der bislang freizügigen Geldpolitik, die die Mutter als Aktienkrisen auslösen würde: Den Zinsschock.
Brexit – Das nächste Kapitel
Nachdem Premierministerin May bislang vorgezogene Neuwahlen ausschloss, verkündet sie nun weniger als einen Monat nach dem britischen EU-Scheidungsantrag überraschend vorgezogene Neuwahlen für den 8. Juni 2017.
Sie nutzt die Gunst der zuletzt starken Umfragewerte, um ihre konservative Parlamentsmehrheit gegenüber der oppositionellen Labour Partei nachhaltig zu stärken. Für May ist es zudem wichtig, nach knappem Brexit-Referendum im Juni 2016 eine zweite starke Rückendeckung für vermutlich harte Verhandlungen mit der EU zu erhalten.
Hauptgrund für Neuwahlen ist jedoch das Erkaufen von mehr Zeit. Ansonsten hätten die Brexit-Verhandlungen bis zur regulären Parlamentswahl 2020 beendet sein müssen. Wer will schon ohne konkrete Brexit-Ergebnisse in einen Wahlkampf gehen? Frau May hat erkannt, dass die EU-Verhandlungspartner kein konziliantes Entgegenkommen vor allem in Handelsfragen zeigen können, was auch in weiteren EU-Ländern frevelhafte Gedanken kommen ließe.
Auch die wiedergewonnene Stärke des britischen Pfundes deutet darauf hin, dass sich der Ausstieg Großbritanniens zeitlich verzögert. Angesichts von ca. 20.000 offenen Verhandlungspunkten ist eine zweijährige Verhandlungszeit völlig unrealistisch. Im Extremfall käme ein unordentlicher Brexit zustande, der der britischen Regierung im Nachhinein das politische Genick brechen würde.
In der Pfundaufwertung scheint aber ebenso die leise Hoffnung zum Ausdruck zu kommen, dass über diesen langen Prozess der Auseinandersetzung die Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Hard Brexit mit massiven Wohlstandsverlusten für die britische Bevölkerung immer größer werden und sich schließlich doch noch ein Happy End des EU-Verbleibs einstellen könnte.