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     1951  0 Kommentare „Europa muss seine Erwartungen zurückschrauben“ - Seite 2

    In einem Handelskrieg wären die Folgen für die USA allerdings massiv: Fast die gesamten amerikanischen Exporte würden ausgelöscht. Das würde, anders als Trump hofft, zu einem Rückgang des BIP von sechs bis sieben Prozent führen. In Deutschland würde der Rückgang nur rund 0,3 Prozent des BIP betragen.

    Ich denke also, dass, solange im Weißen Haus rational gedacht wird, es nicht zu einem Handelskrieg kommen wird.

     FR:  Der Euroraum hat auch ohne Trump genug Sorgen. Wie hat sich der Brexit auf die Wirtschaftslage ausgewirkt?

    Fuest:  Wir hatten 2016 ein moderates Wachstum von 1,8 Prozent, und das wird sich auch in diesem Jahr fortsetzen. Der ifo-Wirtschaftsklima-Index zeigt jedenfalls nach oben. Interessant ist die Situation hinsichtlich der Einschätzung der Wirtschaftslage in Großbritannien. Die Wirtschaftsforscher hatten ja dort als Folge des Brexit mit einem starken Wachstumsrückgang gerechnet. Tatsächlich zeigte sich das BIP vom Brexit nahezu unbeeindruckt. Und das lag vor allem am Konsum der privaten Haushalte, die als Reaktion auf die zu erwartende Inflationssteigerung unter anderem langlebige Konsumgüter angeschafft haben.

    Auch kam es infolge des Brexit zu einer permanenten Abwertung des Pfunds um circa zehn Prozent. Wenn man das mit der britischen Importquote multipliziert, ergibt das einen Wohlstandsverlust von drei Prozent.

    FR: Wie zeigt sich dieser Wohlstandsverlust an den Kapitalmärkten?

    Fuest: Wenn wir den wechselkursbereinigten FTSE100-Index betrachten, sehen wir in den vergangenen 15 Monaten einen leichten Rückgang. Im selben Zeitraum hat aber der S&P 500 auf Dollar-Basis rund 15 Prozent zugelegt. Noch deutlicher zeigt sich der Rückgang bei den in Großbritannien heimischen Unternehmen des FTSE250: Die haben bis Ende März auf Dollarbasis sogar fast acht Prozent abgegeben.

    Das alles zeigt, dass der Brexit der britischen Wirtschaft stärker schadet als der europäischen.

    FR: Wie geht es mit Großbritannien und der EU nun weiter?

    Fuest: Es ist klar, dass die Briten aus dem Binnenmarkt ausscheiden. Jetzt ist die Frage: Gibt es eine Zollunion oder eine Freihandelszone? Die EU will die Zollunion, da das europäischen Unternehmen einen privilegierten Zugang zum britischen Markt verschafft. Die Briten wollen Souveränität in der Handelspolitik. Da sie in einer Zollunion aber nicht frei über die Zölle bestimmen können, lehnen sie diese Lösung ab. Ich vermute, dass wir bestenfalls auf ein Freihandelsabkommen zusteuern.

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    Verfasst von Thomas Gräf
    „Europa muss seine Erwartungen zurückschrauben“ - Seite 2 Präsident Trump, der Brexit, die Schuldenkrise in der Eurozone – die Gefahren für Wirtschaft und Kapitalmärkte sind vielfältig. FundResearch sprach mit Professor Clemens Fuest, dem Leiter des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, darüber, wo Europa und Deutschland heute stehen.

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