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    Börsen-Zeitung  446  0 Kommentare Niedrige Renditen voraus, Marktkommentar von Kai Johannsen

    Frankfurt (ots) - In der neuen Handelswoche steht die nächste
    turnusmäßige Ratssitzung bei der Europäischen Zentralbank (EZB) auf
    dem Programm. Die Marktteilnehmer warten mit Spannung darauf, rechnen
    viele Analysten doch damit, dass sie nun womöglich die ersten Signale
    vernehmen könnten, ab wann man sich denn auf den beginnenden Ausstieg
    aus der ultralockeren Geldpolitik - dem Quantitative Easing (QE) -
    einstellen kann. Gemeint ist damit das allmähliche Herunterfahren der
    Anleihekäufe, die die Renditen am europäischen Rentenmarkt niedrig
    halten, entweder direkt aufgrund der Käufe der EZB oder indirekt
    aufgrund des Verdrängungsprozesses der Investoren in andere
    Marktsegmente, wodurch als Folge auch in diesen Bondsegmenten die
    Renditen unter Druck stehen.

    Geringe Inflation

    Natürlich ist es möglich, dass EZB-Präsident Mario Draghi mit
    solchen konkreten Hinweisen aufwarten wird, wahrscheinlicher ist
    aber, dass die EZB Vorsicht walten lässt und manche Worte ihres
    Präsidenten an den Märkten anschließend - wieder einmal -
    überinterpretiert werden mit entsprechend kurzlebigen
    Anpassungsreaktionen an den Märkten, die schon in den Folgetagen
    wieder egalisiert werden. Die EZB hat allen Grund, vorsichtig zu
    sein. Da stehen zum einen noch wichtige Wahlen in der Eurozone auf
    der Agenda in diesem Jahr, in Deutschland und womöglich ja auch in
    Italien. Die Europäische Zentralbank wird mit einer Änderung ihrer
    Politik oder auch nur mit einer entsprechenden Kommunikation über
    eine mögliche Änderung der Geldpolitik wohl kaum dafür sorgen wollen,
    dass sie mit Marktturbulenzen, d.h. nach oben schießenden
    Anleiherenditen, die Wahlen beeinflusst, weil Länder wieder
    Schwierigkeiten über die höheren Marktzinssätze bekommen. Zum anderen
    spielt die jüngste Inflationsentwicklung in der Eurozone den
    europäischen Währungshütern nicht unbedingt in die Hände. Mit einer
    Mai-Inflationsrate von 1,4% gegenüber dem Vorjahresmonat lag die
    Teuerung deutlich unter April (1,9%) und auch noch unter den
    Erwartungen der Marktteilnehmer (im Schnitt: 1,5%). Und sie könnte in
    den kommenden Monaten niedrig bleiben und womöglich noch weiter
    fallen. Im Blick wird die EZB dabei sicherlich die Ölpreisentwicklung
    haben. Zwar haben sich die Ölförderländer rund um die Opec darauf
    geeinigt, die Drosselung der Förderung beizubehalten, d.h. um neun
    Monate zu verlängern, aber die rechte Wirkung an den Ölmärkten will
    nicht aufkommen. Der Ölpreis neigt zur Schwäche; ein Fass Brent-Öl
    kostet schon wieder weniger als 50 Dollar. Das könnte den gewünschten
    Inflationsschub wieder zunichtemachen und damit auch das Ende von QE
    weiter in die Zukunft verschieben.

    Aber selbst wenn der Ölpreis in Richtung von 60 Dollar gehen
    sollte, selbst wenn die Wahlen ohne Rechtsruck über die Bühne gehen
    und selbst wenn die EZB irgendwann die Rhetorik ändert und die ersten
    Renditeschübe nach oben als Reaktion darauf erfolgt sind, sollte man
    sich darauf einstellen, dass die Rentenmärkte mitnichten zur alten
    Welt - also dem Vorkrisenmodus mit deutlich höheren Anleiherenditen -
    zurückkehren.

    Das QE wird bekanntermaßen nicht über Nacht eingestellt und alle
    Anleihen aus dem billionenschweren EZB-Portfolio dann tags darauf
    verkauft. Das ist klar. Es wird auf eine allmähliche Rückführung
    hinauslaufen, also zunächst Drosselung der Käufe, bis sie irgendwann
    bei null sind. Das zeigt dann aber immer noch Markteinfluss. Zu
    bedenken ist in diesem Zusammenhang aber auch, was die EZB schon auf
    dem Buch hat. Da sie diese Anleihen nicht verkaufen wird, erhält sie
    - wenn auch prozentual niedrige - immer noch Zinszahlungen, die sie
    anlegt. Bei einem billionenschweren Portfolio ist das nicht zu
    vernachlässigen. Auch diese Wiederanlage von Zins und Zinseszins
    zeigt Wirkung an den Märkten, d.h. das deckelt den Renditeauftrieb.
    Und da die EZB auch langlaufende Bonds im Bestand hat und die
    durchschnittliche Laufzeit des Portfolios am Ende der Käufe
    vielleicht im Bereich von sechs bis zehn Jahren liegt, lässt sich
    leicht ausmalen, wie lange die Effekte der Käufe bzw. Zinsanlage die
    Märkte noch beeinflussen werden.

    Und ein nicht zu unterschätzender Faktor wird von vielen Experten
    immer gern ausgeblendet. Das ist die Reaktion des Marktes, d.h. der
    Anleger, auf höhere Renditen. Man darf nicht vergessen, dass
    Versicherer, Pensionsfonds, Fonds/Assetmanager nun schon seit Jahren
    mit niedrigen und immer weiter fallenenden Renditen leben. Sollte es
    wirklich mal Auftrieb geben, werden sie begierig zugreifen. Allein
    diese Käufe bremsen den Renditeauftrieb dann schon wieder ab bzw.
    können ihm den Garaus machen. Höhere Renditen sind also nicht in
    Sicht.

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