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    Fracking/Saudis/Russen  1900  3 Kommentare Wer profitiert vom Ölpreisverfall? - Seite 2



    Nicht kaputt zu kriegen

    Die Maßnahmen zur Marktstabilisierung blieben natürlich nicht ohne Wirkung. WTI-Rohöl erholte sich zunächst deutlich und pendelte sich dann vor gut einem Jahr wieder zwischen 45 und 55 Dollar pro Barrel ein. Viele Anleger glauben, dass diese Spanne einem neuen Gleichgewichtspreis entspricht, der in etwa die Marktgegebenheiten widerspiegelt. Kurzfristig mag dies zutreffen. Man darf aber nicht übersehen, dass die OPEC ihr Kernziel von 2014 faktisch aufgegeben hat – nämlich der Fracking-Konkurrenz den Garaus zu machen. Und das bleibt nicht folgenlos. Denn auch die amerikanische Fracking-Industrie profitiert von den wieder gestiegenen Preisen. Sie hat die Krise überlebt und kehrt gerade mit voller Kraft zurück.

    Zurzeit liegt die amerikanische Frack-Öl-Produktion schon wieder bei 9,3 Millionen Barrel pro Tag, und damit 700.000 Barrel über dem Tiefstand vom vergangenen Herbst. Die Internationale Energieagentur rechnet damit, dass sie bis zum Jahresende um weitere 430.000 Barrel pro Tag zulegen wird. Für 2018 gehen die Schätzungen zwar auseinander. Analysten erwarten aber im Durchschnitt einen weiteren Zuwachs um knapp 800.000 Barrel allein aus der US-Fracking-Industrie, und die Gesamtförderung in allen Ländern außerhalb der OPEC soll sogar um 1,5 Millionen Barrel steigen. Hinzu kommt, dass die Schieferölunternehmen ihre Kosten inzwischen deutlich drücken konnten, und dass bei den neuen Förderstätten ein Teil der Erschließungskosten ohnehin schon ausgegeben wurde. Das bedeutet, dass die Projekte auch dann in Produktion gehen werden, wenn sich Öl auf nur noch 40 Dollar verbilligt. Wenn die OPEC also nicht reagiert, dann wird der globale Ölmarkt in den nächsten ein bis zwei Jahren wieder überversorgt sein – und zwar selbst dann, wenn der Ölpreis jetzt noch weiter fällt.

    Das Dilemma

    Um nicht missverstanden zu werden: Ein Umfeld mit Preisen von 40 Dollar oder weniger pro Barrel ist natürlich auch für die Fracking-Industrie nicht die beste aller Welten. Der jüngste Preisrutsch hat die Aktivitäten in den USA letzte Woche schon wieder leicht zurückgehen lassen (nachdem die Zahl der neuen Bohrlöcher zuvor allerdings 23 Wochen in Folge gestiegen war). Das Problem der OPEC ist nur: Solche Preise sind inzwischen nicht mehr niedrig genug, um die unliebsame Konkurrenz dauerhaft von der Landkarte zu tilgen. Das Kartell hat deshalb in den nächsten Monaten nur zwei Möglichkeiten. Entweder lässt es den Dingen seinen Lauf und riskiert einen neuen, signifikanten Preisverfall. Oder aber, es gelingt ihm, mit weiteren Förderbeschränkungen den Markt doch noch irgendwie zu stabilisieren. Jede nennenswerte Preiserholung würde aber die Fracking-Szene zu noch höheren Investitionen ermutigen – und damit die Überproduktion nur noch mehr anheizen.
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    Gerhard Heinrich
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    Gerhard Heinrich ist freier Finanzredakteur. Er schreibt unter anderem für den Börsenbrief EMERGING MARKETS TRADER (www.emerging-markets-trader.de).
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    Verfasst von 2Gerhard Heinrich
    Fracking/Saudis/Russen Wer profitiert vom Ölpreisverfall? - Seite 2 Ölaktien sehen zurzeit wenig inspirierend aus. Allerdings bietet die aktuelle Konstellation am Ölmarkt durchaus einige Chancen für Anleger.

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