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Überraschend schwache Inflation in der Eurozone im April
LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die überraschend schwache Inflationsrate in der Eurozone im April dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer vorsichtigen Haltung bestätigen. Trotz der anhaltend lockeren Geldpolitik hat sich der Preisdruck überraschend abgeschwächt. Wie das Statistikamt Eurostat am Donnerstag in Luxemburg mitteilte, lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum im April 1,2 Prozent höher als vor einem Jahr. Volkswirte hatten hingegen eine unveränderte Rate von 1,3 Prozent erwartet.
Noch deutlicher ging die Inflation zurück, wenn schwankungsanfällige Komponenten wie Energie, Lebens- und Genussmittel ausgeklammert werden. Die sogenannte Kerninflationsrate fiel von 1,0 Prozent im März auf 0,7 Prozent im April. Das ist der niedrigste Wert seit rund einem Jahr. Ökonomen verwiesen hier aber auch auf Sondereffekte. So dürfte das frühe Osterfest in diesem Jahr die Preisentwicklung verzerrt haben.
Die Bedeutung der Kerninflation wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) verstärkt beachtet. EZB-Präsident Mario Draghi begründete damit auch die extrem lockere Geldpolitik. Die Kernrate gilt unter Ökonomen als Richtgröße für den Inflationstrend.
Der jetzige Rückgang dürfte der EZB alles andere als gefallen. Denn sie kann als weiterer Beleg dafür gelten, dass ihre Geldpolitik das gewünschte Ziel einer spürbar höheren Inflation nicht erreicht. Schließlich strebt die Notenbank auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an.
"Die Hoffnung der EZB auf einen nachhaltigen Anstieg der Kernteuerungsrate im Verlauf von 2018 wird sich einmal mehr nicht erfüllen", kommentierte Christoph Weil, Ökonom bei der Commerzbank. Die Wahrscheinlichkeit sei gestiegen, dass die EZB im Juni ihre Projektionen nicht nur für das Wachstum, sondern auch für die Kerninflation senken muss. Schließlich hatte sich das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal merklich abgeschwächt.
Ökonomen erwarten trotzdem, dass die EZB ihre Anleihekäufe zum Jahresende auslaufen lässt und einen Ausstieg aus der utralockeren Geldpolitik einläutet. Aus rechtlichen Gründen dürfte eine Fortführung der Käufe im kommenden Jahr problematisch sein. "Mit Blick auf die Zielvorgaben gibt es hierfür eigentlich keinen zwingenden Grund", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zur schwachen Inflation komme auch noch eine geringere Wachstumsdynamik hinzu. "Mario Draghi wird deshalb für einen Stopp der Anleihekäufe zum Jahresende sein ganzes rhetorisches Geschick zum Besten geben müssen", so Gitzel.
Die Reaktionen an den Finanzmärkten hielten sich insgesamt in Grenzen. Der Eurokurs gab nach den Daten kurzzeitig nach. Er erholte sich jedoch rasch wieder und stieg erneut über 1,20 Dollar. Die Anleihekurse in der Eurozone legten zu. Der deutsche Leitindex Dax konnte davon nicht nachhaltig profitieren./jsl/jkr/jha/