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     3847  0 Kommentare Warnungen von oben, Warnungen von unten

    Es liegt in der Natur der Finanzmärkte, dass hier niemals Ruhe, Stillstand und Ausgeglichenheit herrschen kann. Der wichtigste Hintergrund hierfür ist die Divergenz der Meinungen der Marktteilnehmer. Ist der eine optimistisch, ist der andere pessimistisch. Das ist der erste Grad der Komplexität.

    Der zweite Grad der Komplexität liegt darin, dass ein Optimismus bezüglich der Gegenwart noch lange nicht auch einen Optimismus für die Zukunft bedeuten muss. Und umgedreht. Sieht die Gegenwart also gut aus, so ist das nur auf der einen Seite eine gute Nachricht, denn auf der anderen Seite muss das natürlich für viele bedeuten, dass es in Zukunft zwangsläufig schlechter werden wird.

    So warnt gegenwärtig beispielsweise der IWF vor einer Blase am Rentenmarkt, die bald platzen und die Zinsen deutlich in die Höhe katapultieren könnte. Natürlich haben derartige Warnungen einen fundamentalen Hintergrund. Doch andererseits – bei der gegenwärtigen Konjunkturschwäche: Warum sollen die Rententräume hier eigentlich platzen? Vielleicht bekommen wir Niedrigzinsen für die nächsten 20 Jahre. Ich halte das gar nicht für unwahrscheinlich.

    Wichtiger ist mir jedoch, auf Folgendes hinzuweisen: Es ist immer der Ausgangspunkt unserer Suche, der bereits festlegt, was wir überhaupt finden können. Unser Blickwinkel entscheidet alles – die Wirklichkeit hingegen fast nichts.

    Man stelle sich einmal vor, wir hätten in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation viel höhere Zinsen. Was würde es da für ein Gejammer vom IWF geben?!!! Nun haben wir jedoch niedrige Zinsen – doch das ist auch wieder falsch. Denn niedrige Zinsen bedeuten, dass sie zukünftig steigen könnten. Für den IWF ist die Sache also aussichtslos. Der skeptische Grundansatz diktiert dem IWF, was er denken und sagen muss.

    Ein einzelner Börsianer sollte sich davon nicht beeindrucken lassen, das Geschehen durchblicken – und seiner Wege ziehen. Und das bedeutet: Stets Aktien und Bonds halten. Denn nur der Mix erlaubt eine gute Performance auf Dauer. So werden zwar Haussen abgemildert, Baissen jedoch noch stärker abgefedert.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Warnungen von oben, Warnungen von unten Es liegt in der Natur der Finanzmärkte, dass hier niemals Ruhe, Stillstand und Ausgeglichenheit herrschen kann. Der wichtigste Hintergrund hierfür ist die Divergenz der Meinungen der Marktteilnehmer. Ist der eine optimistisch, ist der andere …