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    Marktkommentar  1183  0 Kommentare Thomas Kruse (Amundi): Die protektionistischen Maßnahmen der USA schaden allen Beteiligten

    Den USA wird es trotz der Handelszölle nicht gelingen, den Aufstieg Chinas zu einem globalen Technologieführer zu verhindern, meint Thomas Kruse.

    Droht jetzt wirklich ein Handelskrieg? Donald Trump will chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar mit Strafzöllen belegen. Trotz des Säbelrasselns rechnet Thomas Kruse, CIO bei Amundi Deutschland, nicht mit massiven Schäden für China. Doch andere Volkswirtschaften könnten leiden.

    Der US-amerikanische Präsident Donald Trump hat bereits Zölle für zahlreiche Waren eingeführt, zunächst für Produkte aus der EU, Kanada und Mexiko. Betroffen sind zum Beispiel Aluminium und Stahl. Weitere Zölle, vor allem auf chinesische Waren, hat er angedroht, und China antwortet prompt mit Gegenmaßnahmen. Begünstigt wird Trumps Handeln durch die hohe Zustimmung, die er in den USA genießt.

     

    Vor allem der starke Rückhalt im eigenen Land motiviert das amerikanische Staatsoberhaupt dazu, weiter offensiv an das Thema Handel und Zölle heranzugehen, wie Trump jüngst wieder bei seinem Europa-Besuch bewiesen hat. Das Risiko wird immer höher, dass die Gespräche zur Vermeidung eines Handelskriegs tatsächlich abgebrochen werden. Dies könnte in der Folge eine gefährliche Spirale wechselseitiger Vergeltungsmaßnahmen in Gang setzen. Und dies hätte schlimme Auswirkungen auf den Welthandel, die Finanzmärkte und damit auch für die gesamte Weltwirtschaft.

     

    Zunächst verliefe dieser negative Effekt proportional zu der Höhe der eingeführten Zolltarife. Oberhalb einer bestimmten Schwelle der Tarife wäre jedoch der entstehende Schaden sogar überproportional höher – deutlich höher als der aus den Zöllen resultierende Vorteil. Daher sollten die Beteiligten bedenken, dass protektionistische Maßnahmen nicht nur andere Länder treffen, sondern auch jene Staaten, die sie einführen. So würden etwa die US-Autoexporteure unter der reduzierten Nachfrage leiden; sie wäre die zwangsläufige Folge europäischer protektionistischer Gegenschläge. Zudem würden sich die Kosten für die Materialien erhöhen, die die amerikanische Autoindustrie ihrerseits importieren muss.

     

    Trotzdem könnte die nächste Aktion der USA in der Erhöhung von Zöllen für importierte europäische Autos bestehen. Aktuell liegen sie bei 2,5 Prozent, demnächst könnten es 20 oder 25 Prozent werden. Dies hätte vor allem auf Deutschland, aber auch auf einige kleinere Länder wie die Slowakei und einige Nicht-Euro-Länder massive negative Auswirkungen, insbesondere, wenn sie in deutsche Lieferketten integriert sind. Deutlich wird dies anhand folgender Zahlen: Nach Angaben von internationalen Handelsstatistiken hatten im Jahr 2017 deutsche PKW-Exporte in die USA einen Wert von 20 Milliarden Euro. Das sind 15 Prozent der gesamten PKW-Exporte beziehungsweise 0,6 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Am zweitstärksten würden höhere Zölle Italien treffen. Aus dem Land wurden 2017 Autos im Wert von 4,3 Milliarden Euro in die USA exportiert. Dies entspricht 26 Prozent der italienischen Autoexporte beziehungsweise 0,25 Prozent des italienischen Bruttoinlandsprodukts. Allerdings hängt der Einfluss höherer Zölle auch davon ab, wie preiselastisch die Branche in den USA ist beziehungsweise wie preissensibel amerikanische Autokäufer sind.

     

     

    Höhere Zölle schaden allen Beteiligten

     

    Betrachtet man weitere mögliche Auswirkungen der erhöhten Zölle – etwa ein stärkeres Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Regionen Europas – so könnte dies einen wirtschaftlichen Schock bewirken. Andererseits ist es auch denkbar, dass Zölle zu einem schwächeren Euro führen, der wiederum die europäische Wirtschaft etwas stützen könnte. Insgesamt befürchten wir allerdings eher negative Auswirkungen höherer Zölle. Würden sie in der zuvor erwähnten Größenordnung von 20 bis 25 Prozent für europäische Autos beschlossen, würden wir unseren Ausblick für das Wirtschaftswachstum der Eurozone für 2018 um 0,1 Prozent und für 2019 und 0,2 Prozent senken, wobei Deutschland die größten Verluste zu tragen hätte.

     

    Anders sieht es in China aus. Chinas Politik ist vergleichsweise konsistent. Das Land hat einige Reformen durchgeführt und Erleichterungen für ausländische Exporteure beschlossen. So wurden die Importzölle für Autos und einige Verbrauchsgüter gesenkt und der Automobil- und der Finanzsektor für ausländische Investoren geöffnet. Außerdem wird China seine Politik und seine wirtschaftlichen Beziehungen weiter ausdifferenzieren, um keinen starken Rückgang des Wirtschaftswachstums zu riskieren. Kurzum: Trotz aller kurzfristiger Querelen sieht es mittelfristig so aus, dass Präsident Trumps protektionistische Manöver letztlich zu einer tieferen Einbindung der chinesischen Wirtschaft in die Gesamtheit der Schwellenländer führen werden. Dort werden sie mit offenen Armen empfangen; viele Schwellenländer haben großes Interesse, sich von der unberechenbaren amerikanischen Politik unabhängig zu machen und begrüßen Chinas Initiative der „Neuen Seidenstraße“.

     

     

    Chinas Wirtschaft bleibt stark

     

    Trotzdem würde sich die US-Zollschranke auch für Chinas Wirtschaft etwas negativ auswirken. So ergeben unsere Berechnungen, dass ein 25-prozentiger Zoll auf US-Produkte im Wert von 50 Milliarden US-Dollar das Wachstum Chinas bis zu 0,1 Prozent senken könnte. Ein 10-prozentiger Zoll auf US-Produkte im Wert von 200 Milliarden US-Dollar könnte das Wachstum um 0,2 Prozent senken. Das ist zwar unerfreulich, aber nicht dramatisch. Und es gibt immer noch die Chance, dass die USA und China bestimmte Vereinbarungen treffen, um ihren Streit bezüglich Zöllen und anderer protektionistischer Maßnahmen beizulegen.

     

    Doch trotz dieser Friktionen wird es den USA nicht gelingen, den Aufstieg Chinas zu einem globalen Technologieführer zu verhindern. China hat enorme Ressourcen, um in Forschung und Entwicklung zu investieren. Zudem profitiert das Land aufgrund seiner Größe und des riesigen Marktes enorm von Skaleneffekten. Diese Faktoren werden mittelfristig zu seinen Gunsten arbeiten. Es sollte dieser großen Volkswirtschaft gelingen, durch interne ökonomische Maßnahmen, insbesondere der Geldpolitik, die negativen Effekte aus der Behinderung seiner Exporte auszugleichen. Immerhin entsprechen die Exporte in die USA nur 3 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts.

     

     

    Reformen und Rohstoffe machen widerstandsfähig

     

    Allgemein herrscht die Meinung vor, dass ein Handelskrieg aufgrund der engen weltweiten Verflechtungen aller Volkswirtschaften kaum Gewinner hervorbringen würde. Aber einige Länder dürften sich als widerstandskräftiger erweisen als andere. Dazu zählen zum Beispiel jene Staaten, deren Wirtschaft mehr auf ihren Binnenmarkt ausgerichtet ist. Außerdem könnten Länder zunächst weitgehend von negativen Auswirkungen verschont bleiben, die von den Segnungen des globalen Wirtschaftswachstums profitiert haben, denen es also gelungen ist, für ein starkes inneres Gleichgewicht zu sorgen sowie ihre Ausgaben auf jene öffentlichen Bereiche zu lenken, die den höchsten Produktivitätszuwachs bringen.

     

    Ebenfalls besser gestellt sind auch jene Länder, die Wirtschaftsreformen durchgeführt haben. Weiterhin sind Länder weniger angreifbar, die einen effektiven Mix aus geldpolitischen und steuerrechtlichen Maßnahmen auf den Weg gebracht haben. Für einen begrenzten Zeitraum rechnen wir auch damit, dass Rohstoffexporteure von den aktuellen Entwicklungen mehr profitieren als Länder, die Industriegüter exportieren. Der Grund: Die Dynamik der Rohstoffproduktion und -beschaffung, welche in speziellen Zyklen verläuft, wird deren Preise stützen. Sobald sich dagegen der Zyklus der Weltwirtschaft verlangsamt, sinkt die Zuversicht der Produzenten und Exporteure von Industriegütern und sie werden ihre Investitionen zurückfahren.

     

     

    Schwellenländer werden unterschiedlich betroffen

     

    Bei den Schwellenländern beobachten wir zwei kritische Regionen: Im Hinblick auf den Automobilsektor und die Zwistigkeiten zwischen den USA und China sind aufgrund ihrer Lage und ihrer wirtschaftlichen Schwerpunkte voraussichtlich Osteuropa und Asien am stärksten betroffen. Sollte das Wirtschaftswachstum Chinas stärker sinken als erwartet, wird diese Tatsache auch einige Rohstoffexporteure mit vergleichsweise offenen Volkswirtschaften in Lateinamerika treffen wie etwa Chile, Peru und Kolumbien. In Asien werden vor allem Vietnam, Taiwan, Südkorea und Malaysia unter dem Handelskonflikt leiden.

     

    Dagegen werden eher geschlossene Wirtschaftsräume weniger von dem aus dem Handelskonflikt resultierenden sinkenden globalen Wirtschaftswachstum getroffen. In Asien bevorzugen wir daher Indien und Indonesien. Beide Länder haben Wachstumsgeschichten auf Basis guter Fundamentaldaten. Zudem richten wir unseren Fokus eher auf die Binnenwirtschaft; dazu zählen Branchen wie Konsumgüter und Finanzdienstleister. Ölexporte sind hingegen kaum direkt von Zöllen betroffen; daher haben wir Russland und andere Ölexporteure im Fokus.




    Wichtige Informationen

     

    Sofern nicht anders angegeben, beruhen die dargestellten Informationen auf Recherchen und Berechnungen von Amundi Asset Management per 20.07.2018. Sofern nicht anders angegeben, stammen alle hier geäußerten Meinungen von Amundi Asset Management und können sich ohne Vorankündigung ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Investitionen beinhalten gewisse Risiken, darunter politische und währungsbedingte Risiken. Die Rendite und der Wert der zugrunde liegenden Anlagen sind Schwankungen unterworfen. Dies kann zum vollständigen Verlust des investierten Kapitals führen. Diese Publikation beurteilt das Marktumfeld zu einem bestimmten Zeitpunkt und soll nicht als Prognose künftiger Ereignisse oder als Garantie künftiger Ergebnisse betrachtet werden. Die Leser sollten diese Informationen nicht als Research-Analyse, Anlageberatung oder Empfehlung spezifischer Fonds bzw. Wertpapiere betrachten. Die Einschätzungen dienen allein der Veranschaulichung und Aufklärung und sind Änderungen unterworfen. Diese Informationen repräsentieren nicht die tatsächlichen aktuellen, früheren oder künftigen Bestände bzw. Portfolios von Amundi Asset Management Produkten. Dieses Dokument stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen an einem Investmentfonds oder einer Dienstleistung dar.




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