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    System-Kritik  120684  7 Kommentare "Kettenreaktion von Sparkassen-Insolvenzen"? - Was ist da dran?

    Heiß diskutiert wird zurzeit ein Bloomberg-Bericht über "versteckte Risiken", die von den deutschen Sparkassen ausgehen sollen. Was ist dran?

    Wenn der "Handelsblatt-FinanceToday-Newsletter" Schlagzeilen wie "Sparkassen als Sorgenkinder" oder "Sparkassen: Drohen reihenweise Insolvenzen?" veröffentlicht, schrillen die Alarmglocken. Gedankliche Kettenreaktionen enden womöglich im bösen Bild von Banken Runs. Bei einer solchen Berichterstattung ist deshalb Vorsicht geboten, zumal es zurzeit keine handfesten Fakten darüber gibt, dass das deutsche Sparkassen-System tatsächlich vor dem Kollaps steht.

    Die aktuellen Berichte beziehen sich auf einen Bloomberg-Artikel vom 5. Oktober 2018. Darin wird von "Belastungserscheinungen" geschrieben, die aufgrund der engen Verbindungen von Politikern zu den öffentlichen-rechtlichen Sparkassen entstünden. Schnell wird ein passendes Zitat gefunden: "Das größte Bankensystem in Deutschland wird überwiegend von Menschen gesteuert und überwacht, deren Finanzkenntnisse fragwürdig sind", sagte Ralf Jasny, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Frankfurt.

    Als weiteres Argument für die angebliche Krisenanfälligkeit der Sparkassen wird die Zinswende angeführt. "Ein rascher Anstieg der Zinsen könnte für alle gleichzeitig Probleme bereiten", sagt Isabel Schnabel, Finanzprofessorin an der Universität Bonn und Mitglied im Wirtschaftsberaterrat von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Wir könnten an einen Punkt kommen, an dem es zu viele sind, um zu versagen", so Schnabel.

    Auf der weiteren Suche nach fundierter Kritik am Sparkassen-System, die tatsächlich Grund zu akuter Besorgnis wäre, stößt man in dem vermeintlichen Alarm-Bericht auf eine alte Warnung der Ratingagentur Fitch aus dem März dieses Jahres: Hier werden ebenfalls steigende Zinsen als Hauptgefahrenquelle für die öffentlich-rechtlichen Finanzinstitute ins Feld geführt. Demnach seien die meisten langfristigen Vermögenswerte der Sparkassen Hypotheken und andere Instrumente, die die aktuell niedrigen Zinsen einsperren würden. Die kurzfristigen Einlagen bestünden aber aus dem Geld auf den Konten der Sparkassen-Sparer. Diese Gelder müssten bei steigenden Zinsen schneller neu bewertet werden. Das würde die Sparkassen stärker treffen als größere Banken, die über diversifizierte Portfolios verfügten. "Ein Einbruch könnte zu einer Kettenreaktion von Sparkasseninsolvenzen führen, die für das Sparkassensystem schwer oder unmöglich zu absorbieren wäre", sagte dazu Reint Gropp, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.

    Zum Schluss weisen die Bloomberg-Autoren daraufhin, dass Länder wie Frankreich, Italien und Österreich ihren Sparkassen-Sektor durch Fusionen und externe Investoren auf Vordermann gebracht hätten. "Es gibt einen Grund, warum so viele andere EU-Länder, die ähnliche Systeme hatten, diese reformiert haben", sagte Nicolas Véron, Senior Fellow bei Bruegel, einem wirtschaftlichen Think Tank mit Sitz in Brüssel. "Deutschland ist im Grunde genommen das letzte Land, das keine Reformen in diesem Bereich vorweisen kann", so Véron.

    Alle Kritikpunkte an den deutschen Sparkassen sind berechtigt, aber nicht neu und deshalb wenig alarmierend. Von "Sparkassen-Insolvenzen" und "Sorgenkindern" zu schreiben, schießt über das Ziel hinaus. Immerhin heißt es im Bloomberg-Bericht, dass die Verteidiger des Sparkassen-Systems auf die Stabilität der Banken in vergangenen Krisen hinweisen.

    Quelle:

    Bloomberg

    Handelsblatt-FinanceToday

     




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