checkAd

     1413  0 Kommentare Los, hau drauf, Donny!

    Zu gerne würde ich noch erleben können, was die Historiker in zwanzig oder dreißig Jahren einmal über den US-Präsidenten Donald Trump sagen werden. Ist er ein Zwischenkasper oder der erste Wegbereiter einer neuen (Wirtschafts-) Ordnung der Welt?

    Gerade habe ich das neue Buch des Franzosen Michel Houellebecq ausgelesen und stehe beim Schreiben dieser Kolumne noch sehr unter dem Eindruck dieses Romans, der sicherlich so deutlich wie nie zuvor die Befindlichkeiten unserer regionalen Wirtschaften, unseres Lebens und seiner Institutionen wie Ehe und Familie im Zeitalter der Regentschaft der globalen Märkte aufgezeigt hat.

    Michel Houellebecq: Serotonin (Deutsche EA, 7.1.2019)

    Im Vergleich zu dem lächerlichen Vorgängerbuch "Unterwerfung" ist "Serotonin" ein wirkliches Meisterwerk. Natürlich mit vielen Längen, Füllstoff und Schwächen, doch eine derartige hoffnungslose Vereinzelung von Menschen sowie Chancenlosigkeit alles Hergebrachten habe ich noch niemals erlebt.

    Die freien Märkte werden es nicht richten können, ich glaube, das begreifen heute immer mehr Menschen. Die Frage ist nur, wie wir die Alternative dazu modellieren. Donald Trumps eher pubertäres Losklotzen mit Einfuhrzöllen ist sicherlich nicht die Lösung, vielleicht jedoch ein Anfang. Denn bald wird bestimmt nicht nur der Pont-l’Évêque-Käse vom Markt verschwinden, sondern alle kleinen und mittelgroßen Bauern und Industrien. Damit sind unsere Traditionen dann komplett ausgestorben. Vielleicht auch zu Recht. Denn Pont-l’Évêque, diesen Namen kann man ja nicht einmal schreiben. Wie soll man daher so ein Produkt verkaufen können?

    Donald Trump und die Türkei

    Besonders gut gefallen hat mir in der abgelaufenen Woche jedoch ein nicht primär wirtschaftliches, sondern politisches Ereignis. Da hat Donald Trump richtig auf den Tisch gehauen und der Türkei gedroht, sie wirtschaftlich zu vernichten, wenn sie es wagen sollten, die Kurden in der Türkei zu bombardieren.

    Endlich einmal ein offenes und klares Wort, habe ich da gedacht und mich gefreut. Endlich! Es steht zwar in deutlichem Kontrast zu dem Abzug der USA aus Syrien, doch nun warten wir erst einmal ab, was passiert.

    Es sind wirklich spannende Zeiten, in denen wir augenblicklich leben. Denn auch die Briten sind ja ebenso wie die USA gerade auf dem Weg in komplettes Neuland. Manchmal hat es eben auch etwas Gutes, wenn etwas Altes abstirbt.

     



    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen

    Verfasst von Bernd Niquet
    Los, hau drauf, Donny! Endlich einmal klare und offene Worte