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    Börsen-Zeitung  449  0 Kommentare Schwäne und Nashörner, Marktkommentar von Dietegen Müller

    Frankfurt (ots) - Er hat das C-Wort gesagt: Der Chef der
    Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat auf der
    Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung am Donnerstag auch von der
    sich abschwächenden Konjunktur in China als Risiko für Europas
    Wirtschaftsentwicklung gesprochen. China gilt als eines der größten
    Risiken für das Anlagejahr 2019. Die Bank of America Merrill Lynch
    (BofAML) meint in einer aktuellen Einschätzung, die jüngsten
    Exportzahlen aus dem Reich der Mitte und aus Asien zeigten eine
    globale Gewinnrezession an - bezogen auf den Gewinn je Aktie. Während
    BofAML für die nächsten zwölf Monate von stagnierenden Gewinnen
    ausgehe, nehme der Marktkonsens noch ein Gewinnwachstum von 6 Prozent
    an. Hier lauert also Korrekturgefahr.

    China könne so etwas wie ein "Elefant im Porzellanladen" sein,
    sagt Tillmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset
    Management, und werde ein wesentlicher konjunktureller Brennpunkt im
    Jahr 2019 sein. Auf Jahressicht hochgerechnet ist die chinesische
    Wirtschaft im vierten Quartal 2018 nur noch mit 6,4 Prozent
    gewachsen, dem niedrigsten Wert seit 1990.

    Allerdings erwartet die Großbank keine harte Landung in dem
    autoritären Staat. Galler begründet dies mit einer veränderten
    Haltung der chinesischen Regierung. Nachdem sie eine Zeit lang das
    Augenmerk darauf gerichtet habe, das Kreditwachstum zu begrenzen und
    den Schuldenabbau anzugehen, habe sie ihren Kurs um 180 Grad gedreht.
    Es werde mit zahlreichen Maßnahmen gegengesteuert. Dies dürfte sich
    stimulierend auf Investitionstätigkeit und Infrastrukturausgaben
    auswirken. Dagegen würden die Kurse am chinesischen Aktienmarkt eine
    harte Landung vorwegnehmen. Gemessen am CSI 300 Index hat der
    Aktienmarkt in Schanghai ausgehend von seinem Hoch im Januar 2018
    fast ein Drittel eingebüßt. Galler hält dies für übertrieben.

    Doch es bleiben Zweifel. China baut seine Wirtschaft hin zu mehr
    Konsum um, und das birgt in den Augen von einigen Beobachtern
    Risiken. Wie stark der Abschwung ausfallen werde, sei "eine offene
    Frage", sagt der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff. Er meint,
    angesichts des "inhärenten Widerspruchs zwischen einem immer stärker
    zentralisierten, von der Kommunistischen Partei geführten politischen
    System und der Notwendigkeit eines stärker dezentralisierten
    konsumgeleiteten Wirtschaftssystems" könne das langfristige Wachstum
    "relativ drastisch sinken".

    Aus chinesischen Regierungskreisen sind zudem irritierende Signale
    zu verzeichnen. So hat der chinesische Präsident Xi Jinping am
    vergangenen Monat erklärt, sein Land müsse nicht nur wachsam sein,
    was mögliche "Schwarze Schwäne" anbelangt - also Risiken, die nicht
    vorhergesehen werden. Genauso gelte es, "Graue Nashörner" abzuwehren.
    Damit dürften bekannte Gefahren gemeint sein - der Begriff bezieht
    sich wohl auf ein Buch der amerikanischen Autorin Michele Wucker
    ("The Gray Rhino: How to Recognize and Act on the Obvious Dangers we
    Ignore"). Xi sagte laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua,
    die chinesische Wirtschaft stehe vor tiefen und komplizierten
    Veränderungen. Hochverschuldete Firmen ohne erkennbare Perspektiven -
    so genannte Zombie-Firmen - sollten richtig aufgelöst werden, während
    zugleich Schwierigkeiten von kleineren Unternehmen pragmatisch
    angegangen würden.

    Auch der China-Kenner Michael Pettis, Fellow des Canegie Endowment
    for International Peace, sieht beunruhigende Zeichen. Es gebe einen
    fehlenden Zusammenhang zwischen den offiziellen Wachstumsdaten und
    der Wahrnehmung in der breiten Bevölkerung. "Fast jeder beklagt sich
    bitterlich über entsetzlich schwierige Konditionen, steigende
    Insolvenzen, einen kollabierenden Aktienmarkt und zerschlagene
    Hoffnungen. In meinen 18 Jahren in China habe ich nie dieses Niveau
    an finanziellen Sorgen und Elend gesehen", schreibt Pettis. Für ihn
    ist schon längst klar, dass die ausgewiesenen Zahlen für das
    Bruttoinlandprodukt das Wachstum deutlich überzeichnen.

    Die Frage ist nur, was einen angemessenen Hinweis auf den Zustand
    der chinesischen Wirtschaft gibt? Auch die weitere Entwicklung im
    Handelsstreit zwischen den USA und China wird die Märkte bewegen.
    Derzeit wird auf eine Besserung der Lage gesetzt. Auch Kenneth Rogoff
    meint, Chinas Volkswirtschaft habe die Zweifler seit vielen Jahren
    immer wieder eines Besseren belehrt. Anzufügen wäre
    wohl: Vorausgesetzt, es geraten keine grauen Nashörner oder schwarze
    Schwäne in den Weg.

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