Die Geschichte der Derivate Teil 4
Niederlande – Geburtsstunde der Optionsscheine - Seite 2
Die Geburtsstunde von Aktienderivaten
Die Amsterdamer Börse war zwar nicht die erste Einrichtung dieser Art. In Antwerpen zum Beispiel gab es eine solche Räumlichkeit schon seit 1531. Doch die Amsterdamer Börse war der erste zentrale Platz, an der Aktien geregelt über einen Makler gehandelt wurden. Die Amsterdamer Börse stellt daher eine weitere Pioniertat der Niederländer in der Geschichte des modernen Finanzwesens dar. Jeder, der über genügend Geld verfügte, konnte sich am Aktienhandel beteiligen, egal ob Buchhalter, Witwe oder Adelsmann. Den Preis bestimmten alleine Angebot und Nachfrage. Doch die Innovationskraft ging noch weiter: Nur kurze Zeit später entwickelte sich in Amsterdam auch ein Derivatemarkt. Zwar kannten schon frühere Kulturen Terminkontrakte, jedoch ausschließlich auf physische Waren. Amsterdam war hingegen die erste Börse, in der Derivate auf Wertpapiere basierten, darunter Optionen, Future-ähnliche Kontrakte und andere derivative Instrumente. Der in Spanien geborene Kaufmann Josseph de la Vega hat das „Trading“ an der Amsterdamer Börse in seinem im Jahr 1688 veröffentlichten Buch „Confusion de Confusiones“ festgehalten. Es gilt als erster Börsenratgeber der Weltgeschichte.
1608: Aufkommen der Leerverkäufer
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Ein weiterer prominenter Akteur an der Amsterdamer Börse war der Kaufmann Isaac le Maire. Er gründete 1608 ein Syndikat, das Aktien der VOC auf Termin verkaufte ohne sie zu besitzen. Er setzte also auf einen fallenden Kurs, um sich später billig einzudecken. Bei dem Geschäft handelte es sich somit um den ersten dokumentierten Leerverkauf in der Finanzgeschichte. Zunächst schien die Spekulation aufzugehen, denn der Kurs der VOC-Aktie geriet tatsächlich unter Druck. Doch dann erholten sich die Papiere, was Le Maire und seinen Mitstreitern erhebliche Verluste beschert haben soll. Die Amsterdamer Börse reagierte auf die spekulative Attacke und erließ 1610 ein Verbot für Leerverkäufe. Effektiv durchgesetzt wurde das Verbot jedoch nicht wirklich. Bis zum heutigen Tag sind Leerverkäufe – zu Neudeutsch auch Shortselling –möglich.