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     565  0 Kommentare Verflixte neue Welt: Wie sich nachhaltiges Investieren praktisch umsetzen lässt

    Institutionelle und private Investoren stehen vor der Herausforderung, die Themen Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage zu konkretisieren. Andreas Enke, Vorstand bei der Vermögensverwaltung Geneon, macht praktische Vorschläge.ESG-konformes Investieren ist angesagt. Doch wie komplex dieses Thema ist, zeigen zum Beispiel die Diskussionen über Elektroautos, die die Bundesregierung jetzt noch stärker fördern will, um das Klima weniger zu belasten. Das fängt schon mit dem Strom an, der geladen wird. Es liegt auf der Hand, dass Elektroautos eigentlich nur dann ökologisch Sinn machen, wenn sie Strom aus erneuerbaren Energiequellen nutzen, und keinen Kohlestrom.


    Doch damit ist es nicht getan. Bei der Herstellung der Lithium-Ionen-Akkus fallen große Mengen an Kohlendioxid an, auch wenn in der Presse zum Teil über falsch und damit zu hoch berechnete Emissionsmengen berichtet wird. Dazu kommt, dass sich die Batterien, Stand heute, nicht wirtschaftlich recyceln lassen. Und die Förderung der Batteriemetalle Kobalt und Lithium ist häufig mit starken Umweltbelastungen verbunden. Diese Aussagen betreffen nur den ökologischen Aspekt.
    Nachhaltigkeit umfasst jedoch auch soziale Kriterien und solche der guten Unternehmensführung (Governace). Beim Gros der E-Auto-Akkus stammt das benötigte Kobalt aus dem afrikanischen Land Kongo. Der Abbau findet dort in der Regel nicht nur unter starken Belastungen der Umwelt, sondern auch der Menschen statt. Spiegel online titelte neulich: "Kobaltförderung im Kongo - Hier sterben Menschen für unsere Akkus".
    Außerdem gehört in dem Land Kinderarbeit zum Alltag. Das Thema wird durch das dritte Kriterium, die Corporate Governance, noch komplexer. Dies soll kein Plädoyer gegen Tesla & Co sein. Vielmehr geht es darum, an einem einfachen Beispiel zu verdeutlichen, wie vielfältig und kompliziert nachhaltiges Investieren ist.
    Erweiterung des magischen Dreiecks
    Die "klassische" Geldanlage betrachtet bisher ausschließlich die ökonomischen Aspekte Rendite, Sicherheit und Liquidität. Beim ethisch-nachhaltigen Investieren wird dieses "magische Dreieck" um die Dimensionen Ökologie, Sozialverträglichkeit und gute Unternehmensführung erweitert.
    Wollen Anleger nachhaltig-ethisch investieren, müssen sie ihr individuelles Anlageprofil hinsichtlich der ESG-Kriterien definieren - analog zu den finanziellen Kriterien Rendite, Sicherheit und Liquidität. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen, um sich praktisch dem Thema zu nähern.

    Die erste Stufe ist, ein oder mehrere Ausschlusskriterien in den Investmentprozess einzubauen. So haben sich bereits vor Jahren verschiedene Versicherungen von Kohleinvestments verabschiedet. Oder der norwegische Staatsfonds: Er meidet mittlerweile fossile Energieträger vollständig, also außer Kohle auch Öl und Gas. Ein erfreulicher Nebeneffekt ist dabei, dass der Fonds ein bislang bestehendes Klumpenrisiko so reduziert. Denn ihm fließen ja Gelder aus der norwegischen Öl- und Gasförderung zu.
     


    Zu den sonst üblichen Ausschlusskriterien zählen neben fossilen Brennstoffen in der Regel auch Kernenergie (zumindest außerhalb der angelsächsischen Länder), Rüstung, zivile Waffen, Tabak, Alkohol, Pornografie oder Kinderarbeit. Die Liste lässt sich erweitern. Häufig wird auch mit Schwellen gearbeitet, so dass beispielsweise Supermarktketten nur dann zum Investmentuniversum gehören, wenn nicht mehr als fünf Prozent des Umsatzes auf den Verkauf von Zigaretten und alkoholischen Getränke entfallen.
    ESG-Thematik delegieren
    Eine andere Möglichkeit besteht darin, in ethisch-nachhaltige Fonds oder ETFs zu investieren. Hier wird die Beurteilung, welche Aktie oder Anleihe ökologisch und sozial vertretbar ist, an den Fondsmanager ausgelagert. Das erleichtert den Investmentprozess für die Anleger und Vermögensverwalter. Allerdings müssen sie hier beurteilen, ob ein konkretes Produkt zu ihrem individuellen ESG-Profil passt. Eine Hilfestellung liefern hier externe Bewertungen wie beispielsweise die Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen.
    Sollen dagegen weiterhin Einzeltitel zum Investmentuniversum zählen, können sich Anleger oder Vermögensverwalter verschiedene Nachhaltigkeitsindizes zunutze machen - beispielsweise den Natur-Aktien-Index, den FTSE4Good oder den Global Challenges Index. Sie bewerten dann nicht einzelne Aktien oder Anleihen, sondern überlassen das dem Index-Anbieter. Bei einem aktiven Management gewichtet der Investor die einzelnen Titel des Index über oder unter. Hier ist allerdings zu beachten, dass sich die verschiedenen Indizes stark darin unterscheiden, welche Werte sie als ethisch und ökologisch einstufen, und welche nicht.
    Eine eigenständige ESG-Analyse ist dagegen für Privatinvestoren und Vermögensverwalter aufgrund der Komplexität kaum möglich. Das kann nur mit der Unterstützung von Ratingagenturen gelingen, die wie die Indexanbieter unterschiedlich ausgerichtet sind. Die Kosten für entsprechendes Research sind nicht unerheblich.
    Auf allgemeingültige Definition verzichten
    Es ist kaum zu erwarten, dass sich die Anleger auf eine allseits anerkannte Werteskala einigen. Vor diesem Hintergrund bleibt keinem Investor anderes übrig, als seine eigenen Kriterien für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung festzulegen. Das ist die erste und unverzichtbare Voraussetzung, um ethisch und nachhaltig zu investieren. Orientierung hierfür können beispielsweise die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen oder die zehn Prinzipien des UN Global Compact liefern.

    Autor Andreas Enke zählt zu den Inhabern und Vorständen der Vermögensverwaltung Geneon Vermögensmanagement.  Der Diplom-Kaufmann verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Beratung vermögender Privat- und Geschäftskunden bei verschiedenen Großbanken.

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