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     1936  0 Kommentare Sorglosigkeit und Lethargie lassen Kurse bröckeln

    Der Markt war gestern weitgehend auf sich selbst gestellt. Es gab keine wesentlichen, marktbewegenden Makrodaten, dafür jedoch genügend anderen Gesprächsstoff. Die Marktteilnehmer bereiten sich auf die erwartete Erhöhung des US-Leitzinses Ende Juni, sowie auf die kommende Earningssaison vor. Die Kursbewegungen fanden in einer engen Handelsspanne statt, die Dynamik war sehr gering.

    Die jüngsten Zahlen von Investors Intelligence zeigen für die vergangene Woche eine Zunahme der Bullen um 12,5 auf nun 55,7 Prozent. Das ist der größte Zuwachs seit Mai 2003. Der Bärenanteil fiel um 17,5 Prozent. Ein solch hohes Bullenniveau ist historisch gesehen ein Warnsignal. Das versagte zwar vor einem Jahr, weil der Effekt des nach einem mehrjährigen Bärenmarkt an der Seitenlinie geparkten, anlagewilligen Kapitals einfach alles überrannte. Aber jetzt ist ein Punkt erreicht, wo sich Zu- und Abflüsse der US-Aktienfonds bestenfalls gerade noch die Waage halten. In dieser Situation gewinnen diese Zahlen von Investors Intelligence ihre Relevanz zurück.

    Der SOX ließ es sich nicht nehmen, auf intraday- und Schlusskursbasis unter seinen Aufwärtstrend aus dem Spätjahr 2002 zu tauchen. Der Transport-Index schaffte den Sprung aus dem Doppel-Topp-Szenario nicht. Der Housing-Index wurde bis auf seine wichtige Supportlinie bei knapp über 370 heruntergekauft. VIX und VXO beendeten den Tag unter ihrem jeweiligen Eröffnungskurs: Zurückgehende Volatilität bei gleichzeitig nachgebenden Aktienkursen drückt auf dem niedrigen Pegel der "Angstmesser" gefährliche Sorglosigkeit aus. Der TRIN stieg in bärisches Terrain auf und signalisiert eine Verschlechterung der Marktbreite. Das Put/Call-Verhältnis stieg leicht, mit 0,83 ist es von den zuletzt gesehenen Extremen weit entfernt. Die Implikation ist leicht bärisch.

    Die Kursentwicklung des SOX war mindestens über die vergangenen sechs Jahre stets signifikant mit dem breiten Markt, etwa dem S&P 500, korreliert. Es gab in diesem Zeitraum lediglich drei Phasen, in denen sich die Entwicklung voneinander abkoppelte: In den ersten Monaten des Jahres 1998 hing der SOX durch, während sich der breite Markt gut entwickelte. Im Frühjahr 2000 tauchte der S&P 500 zunächst früher unter als der Halbleiterindex. Umgekehrt schwächelten zum Jahreswechsel 2003/2004 die Chip-Aktien im Vergleich zum breiten Markt deutlich. Man kann im Verlauf der Korrelationsergebnisse leicht kritische Marktphasen ausmachen, der zeitliche Vorlauf des SOX beträgt dabei wenige Tage bis zwei Wochen. Dies untermauert die These von der Indikatorfunktion des SOX, die auch aus fundamentaler Sicht mehr als plausibel ist. Schließlich sind Chips die Rohstoffe der Elektronik, die unser Wirtschaftsleben entscheidend prägt.

    Nach dem Hexensabbat setzt sich das fort, was ich am vergangenen Freitag als bärischer werdender Unterton bezeichnet hatte. Der Druck geht von der Technologie aus. Der NDX ist bei dem Versuch gescheitert, über die Verbindungslinie der letzten fallenden Hochs zu springen und sich oberhalb seines aus dem Spätjahr 2002 stammenden Aufwärtstrends zu halten. Noch liegen aber beide in Reichweite, die 50-Tage-Linie stützt von unten. Noch ist also ein Befreiungsschlag möglich, aber hierzu muss die Lethargie der vergangenen Tage weichen.

    Die TimePattern formen ein im Bärensinne insgesamt stabiler werdendes Bild. Beim NDX wird ein Abwärtspotenzial bis auf rund 1400 angezeigt, das in der ersten Julihälfte erreicht würde. Beim S&P 500 soll bis dahin die Marke von 1100 angekratzt werden. Beim DAX stehen im selben Zeitraum rund 3900 auf dem Programm. Der SOX hat dementsprechend Abwärtspotenzial bis in die Region 410 bis 430.

    Gesamteindruck: Die Märkte beginnen sich vor dem Zinsschritt Ende Juni zu verbeugen. Nach einer zeitlich und preislich limitierten Abwärtsbewegung steht im Juli eine Wende nach oben an. Der Seitwärtsmarkt bleibt intakt.

    Im TrackRecord sind gestern neu eingegangene Short-Positionen dokumentiert.

    Kontakt: info@timepatternanalysis.de


    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Sorglosigkeit und Lethargie lassen Kurse bröckeln Der Markt war gestern weitgehend auf sich selbst gestellt. Es gab keine wesentlichen, marktbewegenden Makrodaten, dafür jedoch genügend anderen Gesprächsstoff. Die Marktteilnehmer bereiten sich auf die erwartete Erhöhung des US-Leitzinses Ende …