checkAd

    Gastbeitrag des Smartbroker-Chefs  15758  0 Kommentare Thomas Soltau: „Für viele Unternehmen ist es fünf vor zwölf“

    Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise werden für viele Unternehmen immer bedrohlicher. „Die staatlichen Hilfen kommen nicht beim Mittelstand an“, kritisiert Smartbroker-Chef Thomas Soltau. Banken würden viele Kreditanträge ablehnen, weil nach wie vor die Bonitäts-Regeln aus der Zeit vor Corona angewendet werden. Der Berliner Finanzmarkt-Experte appelliert daher erneut an die Verantwortlichen und fordert umfangreiche Steuerrückzahlungen – bevor es endgültig zu spät ist.

    Vor genau neun Tagen erschien auf wallstreet-online.de ein Artikel, in dem es um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ging. Ich hatte darin geschildert, welche Szenarien uns drohen, welche Fehler seitens der Regierung aus meiner Sicht bislang gemacht wurden und welche Maßnahmen schleunigst ergriffen werden sollten. Ich sage es wirklich nur ungern, aber inzwischen haben sich fast alle Annahmen bewahrheitet. Für viele Unternehmen ist es inzwischen fünf vor zwölf.

    Der gegenwärtige Shutdown hat nicht nur die weltweiten Aktienkurse einstürzen lassen, sondern zugleich auch eine unvorstellbare Wirtschaftskrise eingeleitet, deren Folgen wir vermutlich noch viele Jahre lang spüren werden. Bei den Banken stapeln sich die Kreditanträge, bereits 470.000 Unternehmen haben für ihre Belegschaft Kurzarbeit angemeldet, ganze Industriezweige stehen still. Ein Ende der Einschränkungen ist freilich noch lange nicht in Sicht.

    In den USA hat sich die Zahl der Erstanträge für Arbeitslosenhilfe innerhalb einer Woche verzehnfacht. Der „Spiegel“ spricht deshalb von einer „Corona-Explosion“. Nach Ansicht von Währungshüter James Bullard könnten in den Vereinigten Staaten kurzfristig bis zu 50 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Auch in Norwegen, also einem Land, dessen Sozialsystem unserem in vielerlei Hinsicht ähnlich ist, hat sich die Arbeitslosenquote verfünffacht. Ende Februar betrug der Wert 2,3 Prozent, inzwischen sind es 10,9 Prozent. Das ist die höchste Zahl seit rund 80 Jahren.

    Hilfen der Bundesregierung scheitern am Bürokratiewahnsinn

    Die beiden internationalen Beispiele zeigen, was uns in den kommenden Wochen bevorsteht und warum die bisherigen Hilfen nicht ausreichen. Selbst Kritiker müssen zugeben, dass die Bundesregierung unfassbar schnell und pragmatisch gehandelt handelt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versprach sogar vor zwei Wochen in der Sendung „hart aber fair“ , dass durch die Corona-Krise nicht ein einziger Arbeitsplatz wegfallen werde. Doch inzwischen dürfte allen klar sein, dass die Realität leider anders aussieht.
     


    HIER KLICKEN UND SMARTBROKER-DEPOT ERÖFFNEN



    Bis zu einem gewissen Punkt kann ich verstehen, dass Politiker versuchen, die aufgeregte Situation mit Worten zu beruhigen. Mir ist auch völlig klar, dass es für eine derartige Extremsituation keinen Notfallplan gibt, den man einfach nur aus der Schublade ziehen muss. Aber Herr Altmaier und seine Kabinettskollegen sitzen nicht bei den Banken, sie bearbeiten keine Anträge und sehen deshalb vermutlich nicht, dass der Großteil der aktuellen Maßnahmen am typisch deutschen Behördenwahnsinn scheitert. Wer einen Eindruck bekommen möchte, wie es derzeit in vielen tausend Unternehmen aussieht, dem möchte ich den lesenswerten Artikel von Impulse-Geschäftsführer Nikolaus Förster ans Herz legen.

    Der ehemalige Financial Times Deutschland-Journalist berichtet darin von Gesprächen, die er mit Unternehmern geführt hat. Immer wieder geht es dabei um bürokratische Hürden bei der Bearbeitung von Anträgen, abgelehnte Hilfskredite und abgestürzte Server. Bestes Beispiel ist die Investitionsbank Berlin (IBB). Ende vergangener Woche waren dort alle Systeme unter der Last der Anträge zusammengebrochen. Mehrere Lokalmedien berichteten über lange Wartezeiten. Kurze Zeit später wurde entschieden, dass die IBB vorerst keine Anträge auf Darlehen mehr annimmt.

    Diese Berichte decken sich mit meinen Beobachtungen und den Nachrichten, die ich derzeit von meinen Geschäftskontakten erhalte. Hier ist ein Überblick:

    Die bewilligten Soforthilfen sind zu klein und zwar in doppelter Hinsicht: Zum einen in Bezug auf die Gesamtsumme und zum anderen im Hinblick auf die tatsächliche Unterstützung für viele Unternehmen. Ein Beispiel: Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern erhalten für einen Zeitraum von drei Monaten bis zu 15.000 Euro. Diese Summe reicht bestenfalls für die Miete. Gehälter und andere laufende Posten können davon keineswegs bestritten werden.

    Wie bereits in der vergangenen Woche vermutet, kommt die „richtige Hilfe“ nicht beim Mittelstand an. Zwar gibt es finanzielle Unterstützung, allerdings nur in Form einer Art Ersthilfe, die wie ein Rettungswagen funktioniert, der bei einem Unfall gerufen wird. Der anschließende (und viel teurere) Krankenhausaufenthalt kann davon nicht bezahlt werden. Viele Mittelständler, Handwerksbetriebe und Selbstständige verfügen nicht über die jetzt nötigen Geldreserven. Außerdem fehlt ihnen in den allermeisten Fällen der Zugang zum Finanzmarkt, um sich über Anleihen zu refinanzieren. Bedeutet im Umkehrschluss: Große Konzerne kommen tendenziell leichter an frisches Geld.
     


    HIER KLICKEN UND SMARTBROKER-DEPOT ERÖFFNEN



    Bankmitarbeitern wurde in den vergangenen zehn Jahren eingetrichtert, bei der Kreditvergabe ganz genau hinzusehen (Stichwort: Basel I bis III). So lange die Hausbanken in der Corona-Krise einen Teil des Ausfallrisikos tragen, wird nach wie vor ein Großteil der Anträge in den Papierkorb wandern. In gewisser Weise kann man den Banken diese Denkweise nicht verübeln. Oder würden Sie einem Unternehmen einen Kredit gewähren, das auf absehbare Zeit keinerlei Umsätze erwirtschaften kann? Vermutlich nicht

    Immerhin hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor einigen Tagen erkannt, dass die üblichen Bonitäts-Anforderungen der KfW nicht zur gegenwärtigen Situation passen. Das System blockiert sich auf Dauer selbst. Scholz kündigte an, die Regeln in dieser Notsituation lockern zu wollen. Die Hausbanken sollen „Fünfe grade sein lassen“. Der Vizekanzler dürfte vermutlich die Medienberichte über besonders gewissenhafte Finanzbeamte gelesen haben, die sich über den von oben verordnetem Pragmatismus hinwegsetzen und strenge Nachweise einfordern, die in Zeiten von Corona eigentlich nicht benötigt werden.

    Außerdem gibt es in manchen Bundesländern (z.B. in Hessen) Fördertöpfe, die erst dann in Anspruch genommen werden dürfen, wenn Unternehmer alle liquiden Mittel aufgebraucht haben. Damit wird die Situation weiter verschärft. Denn was passiert, wenn der Shutdown noch einige Monate fortgesetzt wird und die verbleibenden Mittel aufgebraucht sind? Vielleicht sind die Fördertöpfe bis dahin schon leer, möglicherweise haben die Hausbanken dann längst kapituliert und nehmen keine weiteren Anträge entgegen.

    Damit wären wir bei der Frage, was nun passieren muss, um ein Unternehmenssterben rechtzeitig abzuwenden. Bereits in der vergangenen Woche hatte ich eine sofortige Steuerrückzahlung ins Spiel gebracht. Konkret geht es mir um eine anteilige Erstattung der Gewerbesteuern und Körperschaftssteuern der letzten beiden Jahre. Der große Vorteil ist aus meiner Sicht der Zeitfaktor.

    Finanzämter haben eine Schlüsselfunktion

    Die Finanzämter kennen alle Umsätze aus diesem Zeitraum. Sie kennen die Anzahl der Mitarbeiter, die Höhe der abgeführten Steuern und sogar die notwendigen Kontoverbindungen. Mit anderen Worten: Keine andere Behörde ist so nah dran und hat daher eine ähnlich starke Hebelwirkung. Da in meinem Modell nicht jedes Unternehmen individuell durch eine Bank geprüft werden muss, ist der Personalbedarf deutlich geringer. Die Firmen kommen schnell an Bargeld.

    Natürlich hat auch dieser Vorschlag einen „Haken“. Ich habe viele Nachrichten zu meinem ersten Artikel erhalten und möchte deshalb gerne auf die durchaus berechtigte Kritik antworten: Ja, es stimmt, dass die Kommunen die Steuerrückzahlung nicht allein stemmen können. Aus meiner Sicht ist es aber um ein Vielfaches leichter, die Gemeinden durch den Bund zu stützen, als jedes Unternehmen über ein komplexes Netz an Fördertöpfen am Leben zu halten.

    Und es gibt noch einen Punkt, den ich an dieser Stelle unterstreichen möchte: Die Steuerrückzahlungen belohnen die Unternehmen und Selbstständigen, die all die Jahre Abgaben gezahlt und damit unsere Gesellschaft finanziert haben. Viele Leserfragen drehten sich außerdem um die Frage, wie der Staat den Steuerschaden bewerkstelligen soll, der durch meine Forderung ausgelöst werden würde.

    Aus meiner Sicht steht inzwischen außer Frage, dass wir in eine schwere Rezession rutschen werden. Deshalb sollten wir lieber vorbeugen und Unternehmen unterstützen. Die von mir ins Spiel gebrachten Steuerrückzahlungen können beispielswiese mit einer Rückzahlungspflicht verbunden werden, was bedeutet, dass der Staat in einigen Jahren das ihm eigentlich zustehende Geld zurückerhält. Bei den Hilfskrediten wird ganz ähnlich verfahren.

    Das oberste Ziel ist für mich derzeit die Sicherung von Arbeitsplätzen. Man kann sich leicht ausrechnen, was es kosten würde, wenn sich auch bei uns die Arbeitslosenquote binnen weniger Wochen verfünffacht. Weniger Einkommen bedeutet weniger Lohnsteuer, aber auch weniger Umsätze in den verbleibenden Wirtschaftszweigen und schließlich weniger Einnahmen aus der Mehrwertsteuer.
     


    HIER KLICKEN UND SMARTBROKER-DEPOT ERÖFFNEN



    Einen Vorgeschmack liefert bereits der Blick auf das Kurzarbeitergeld: Die Bundesregierung geht aktuell von 2,15 Millionen betroffenen Personen aus. Das bedeutet, dass der Staat künftig für 2,15 Millionen Menschen aufkommen muss, die sonst ganz regulär Steuern einzahlen. Und diese Zahl dürfte weiter drastisch ansteigen. Aktuelles Beispiel Lufthansa: Die deutsche Vorzeige-Airline hat erst diesen Mittwoch bekanntgegeben, 87.000 Menschen in Kurzarbeit schicken zu wollen.

    Umso mehr begrüße ich die steuerfreie Prämienzahlung an Angestellte, die in der aktuellen Krise richtig Gas geben. Ein weiteres positives Beispiel sind für mich Unternehmen, die das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent aufstocken (können) und damit Kaufkraft sicherstellen. Das ist ein richtiges Zeichen.

    Noch ist es nicht zu spät zum Handeln

    Sorgen machen sollten wir uns meiner Meinung nach auch um Startups. Diese jungen Unternehmen sind essenziell für die Konkurrenzfähigkeit unseres Landes. In den bisherigen Rettungspaketen der Regierung werden sie noch nicht berücksichtigt. Erst am Dienstag wurde bekanntgegeben, dass der Staat einen Rettungsschirm in Höhe von 2 Milliarden Euro spannen wird. Das Geld soll allerdings nicht direkt an die Startups gehen, sondern an private Investoren oder das Gründerteam.

    Details sind noch nicht bekannt. Dieses Beispiel zeigt, dass eine schnelle Steuerrückzahlung in der gegenwärtigen Situation zwar nicht an allen Stellen hilft, aber die beste Lösung darstellt (natürlich nicht die einzige). Eine Sache muss uns klar sein: 100 Prozent werden wir nicht schaffen, die Corona-Krise wird Arbeitsplätze kosten und die Staatsverschuldung in die Höhe treiben. Wenn wir aber jetzt schnell und entschlossen reagieren, können wir viele Firmen retten.

    Einen guten Vorschlag hat aus meiner Sicht auch der Autor, Blogger und Finanzexperte Dr. Daniel Stelter gemacht. Stelter argumentiert tendenziell in meine Richtung. Auch er will bei den Finanzämtern ansetzen. Allerdings schlägt er vor, den Unternehmen jeden Monat 1/12 ihres üblichen Umsatzes zu überweisen. Wer das Geld nicht brauche, soll angehalten werden, es zurück zu überweisen. Umgekehrt soll die Rückzahlung erst nach der Krise und einer angemessenen „Schutzphase“ erfolgen. Die Diskussion zeigt mir, dass wir die Chance haben, diese Krise gut zu überstehen, wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen und nicht in bürokratischen Strukturen verhaften.



    Zum Autor: Der gelernte Bankkaufmann Thomas Soltau ist seit 2014 Vorstand der wallstreet:online capital AG. Die Unternehmen wurde im Jahr 2000 in Berlin gegründet. Die Idee war damals wie heute, Kapital­anlagen für Selbst­entscheider deutlich günstiger als bei der Haus­bank anzu­bieten. Im Jahr 2004 wurde das Web­portal FondsDISCOUNT.de gelauncht, mit diesem Service gilt das Unter­nehmen mittler­weile als einer der führenden Fonds­vermittler in Deutschland. Im Dezember 2019 folgte Smartbroker - ein vollwertiger Online-Broker mit Discountkonditionen. Smartbroker wurde bereits wenige Wochen nach dem Start von mehreren Fachzeitschriften ausgezeichnet. "Euro am Sonntag" und das "Extra-Magazin" vergaben beispielsweise die Bestnote sehr gut.


    Diskutieren Sie über die enthaltenen Werte

    Smartbroker Gruppe
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Hier schreibt die Unternehmenskommunikation der Smartbroker-Gruppe. Weitere Informationen zu uns und unseren Marken finden Sie unter: smartbroker-holding.de
    Mehr anzeigen

    Verfasst von Smartbroker Gruppe
    Gastbeitrag des Smartbroker-Chefs Thomas Soltau: „Für viele Unternehmen ist es fünf vor zwölf“ Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise werden für viele Unternehmen immer bedrohlicher. „Die staatlichen Hilfen kommen nicht beim Mittelstand an“, kritisiert Smartbroker-Chef Thomas Soltau. Banken würden viele Kreditanträge ablehnen, weil nach …