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    Im Interview  1312  0 Kommentare 3U Holding: „Unsere Geschäftsmodelle erweisen sich als weitgehend virenresistent“

    Im ersten Quartal konnte 3U Holding ihren Wachstumstrend fortsetzen. Auch bestätigt das Unternehmen, was in diesen Tagen nicht unbedingt üblich ist, die Prognose für 2020. Unsere Redaktion hat sich mit 3U-Vorstandssprecher Michael Schmidt über die Perspektiven im laufenden Jahr unterhalten. Schmidt redet dabei über den aktuellen Stand bei den M&A-Aktivitäten sowie über die Situation im Bereich Cloud Computing. Der angedachte Börsengang von weclapp ist ebenso Thema des Interviews wie die großen Bauprojekte in Würzburg und Koblenz.

    Der 3U Konzern ist mit seinen drei Segmenten unverändert sehr breit aufgestellt. Angesichts von Aktivitäten in Informations- und Telekommunikationstechniken, Erneuerbaren Energien und Onlinehandel mit Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik - besteht da nicht die Gefahr, den Fokus zu verlieren?

    Schmidt: Unsere Strategie umfasst alle drei Segmente. Wir arbeiten an der innovativen Weiterentwicklung unserer Technologien, beseitigen Wachstumshemmnisse und erschließen neue Potenziale. In den strategischen Schwerpunkten Cloud Computing und Onlinehandel streben wir marktführende Positionen an. Und in allen Tochtergesellschaften haben wir unternehmerisch denkende, hochqualifizierte Geschäftsführer, die in enger Kooperation mit dem Vorstand daran arbeiten, diese Ziele zu erreichen. Als Vorstand engagieren wir uns übergreifend und vor Ort, unterstützen mit Rat und Tat bis ins Tagesgeschäft hinein und halten den Teams den Rücken frei, was Administration und Finanzierung angeht. Die Entwicklung der letzten vier Jahre zeigt, dass wir da auf einem guten Weg sind. Und: Die Vielfalt der Geschäftsmodelle erweist sich gerade dieser Tage, in Zeiten hoher Unsicherheit im wirtschaftlichen Umfeld, als stabilisierender Faktor.

    Wenn man sich die Zahlen der 3U Holding zum ersten Quartal ansieht, dann denkt man, dass Corona 3U noch nicht erreicht hat. Das Umsatzplus liegt bei 22 Prozent. Geht Corona an Ihnen spurlos vorbei?

    Schmidt: Das betrifft zunächst unsere Verantwortung als Arbeitgeber! Wir haben im 3U Konzern frühzeitig auf die Alarmzeichen reagiert und die nötigen Gegenmaßnahmen getroffen, um unsere Beschäftigten und ihre Familien vor einer Infektion und deren Verbreitung zu schützen und den laufenden Betrieb ohne Unterbrechung aufrecht erhalten zu können. Unsere Geschäftsmodelle und deren schon seit Jahren betriebene Digitalisierung erlauben es uns heute bereits, fast alle Tätigkeiten von zuhause auszuführen. Moderne Mittel der Kommunikation und der Zusammenarbeit sind bei uns einfach selbstverständlich. Wo Präsenz zwingend erforderlich ist – wie in unserem Distributionszentrum in Montabaur – haben wir unter anderem ein Modell des umschichtigen Arbeitens etabliert. Uns ist aus der Belegschaft bis heute kein Corona-Fall gemeldet worden. Und wir tun alles dafür, dass dies auch so bleibt.

    Aber die Geschäftszahlen stehen ja doch auf einem anderen Blatt. Wie kommt es zu dem starken Wachstum inmitten einer sich anbahnenden Rezession?

    Schmidt: Gerade in der aktuellen Lage kommt uns die breite Aufstellung mit unseren drei Segmenten zugute. Sie hilft uns, Risiken aus gegebenenfalls betroffenen Geschäftsbereichen abzufedern, andere stabil zu halten und teilweise sogar von einer Art Sonderkonjunktur zu profitieren. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist neben der technischen Verfügbarkeit der Anlagen fast ausschließlich von der Witterung abhängig. Und noch nie haben Wind und Sonne uns so gute Quartalszahlen wie in diesem Segment beschert. Unser Onlinehandel ist im Marktsegment Do-it-Yourself tätig, das als eine von wenigen E-Commerce-Branchen bislang keine Rückgänge zu verzeichnen hatte. Offenbar motiviert das Homeoffice den einen oder anderen doch dazu, sein Wohn- und Lebensumfeld zu verbessern – und unsere Tochtergesellschaft Selfio wird von einer Fachzeitschrift als der führende Onlinehändler der Branche tituliert und von den Kunden auch so wahrgenommen. In unserem Geschäftsbereich Telekommunikation haben die Beschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie geradezu für einen Nachfrageschub gesorgt. Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und Telefonkonferenzen machen das Festnetz wieder zu einem höchstbegehrten Medium. Wir mussten, wir durften unsere Netzkapazitäten deutlich erweitern, übrigens mit nur relativ geringen Investitionen. Der Geschäftsbereich Telekommunikation hat im ersten Quartal 2020 erstmals seit langem wieder einen Zuwachs erzielt und gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahres 15 Prozent mehr Umsatz und 30 Prozent mehr EBITDA generiert.

    Und wieso erhöht sich das Ergebnis so überproportional zum Umsatz – nicht nur in diesem Bereich, sondern im ganzen Konzern?

    Schmidt: Auch die Ertragskraft unserer Segmente unterscheidet sich je nach den Geschäftsmodellen. Der höhere Anteil margenstärkeren Geschäfts wirkt sich also unmittelbar auf die Ergebnissituation aus. Dass die Stromerzeugung, Telekommunikation und Cloud Computing stark zugelegt haben, macht sich sofort bemerkbar, zunächst im geringeren Materialaufwand. Wir haben aber auch den Umsatz schneller gesteigert, als wir Personal aufgebaut haben. So sorgen die niedrigeren Kosten auch für ein besseres Ergebnis. Es ist generell unsere Strategie, konsequent auf Margenstärkung hinzuarbeiten. Das gilt auch für unser SHK-Segment, wo wir derzeit die Einkaufskonditionen im Fokus haben: Bessere Lieferantenbeziehungen und vermehrt Eigenmarken im Sortiment – damit werden wir auch dort eine Ertragsstärkung herbeiführen.

    Viele Unternehmen ziehen ihre Prognose für 2020 zurück oder verringern sie. 3U bestätigt den Ausblick. Aber wie viel Unsicherheit aufgrund von Corona steckt in diesem Ausblick?

    Schmidt: Die Sorge um die Folgen der Anti-COVID-19-Maßnahmen ist berechtigt. Das räumt ja gerade auch die Bundesregierung ein. Ob uns das tendenziell doch noch zurückwerfen könnte bei der Erfüllung unserer Prognose, kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Aber einstweilen erweisen sich unsere Geschäftsmodelle als weitgehend virenresistent: Windparks, Telefonie, Cloud Computing sind eher technisch und von den Abläufen her vielfach virtuell und daher von Ansteckungsgefahren kaum betroffen.

    Der Umsatz im Cloud Computing bei weclapp, Ihrem strategischen Schwerpunkt, geht um mehr als 56 Prozent nach oben. Dort ist aber der Mittelstand die Zielgruppe. Ist das eine Gefahr für das zweite und dritte Quartal?

    Schmidt: Grundsätzlich gilt: Es gibt keine inhärenten Wachstumsgrenzen unserer ERP-Plattform und der weclapp als Unternehmen. Resultierend aus den COVID-19-Beschränkungen sind aber bei der weclapp aktuell einige Kundenprojekte, von den Kunden ausgehend, in Wartestellung. Das Kundeninteresse insgesamt stagniert aktuell. Unsere Bestands- und Zielkunden sind bekanntermaßen kleine und mittelgroße Mittelständler, Dienstleister, Agenturen, spezialisierte Händler. Dass diese Firmen im Augenblick andere Sorgen haben als neue Unternehmenssoftware einzuführen, ist verständlich. Wir spüren das im schwächeren Neugeschäft. Und wenn einige aus unserem Kundenkreis die Folgen der Krise nicht wegstecken können, dann werden sie auch unsere Plattform nicht mehr nutzen. Hier sehen wir also durchaus Risiken. Allerdings gründet unser Geschäftsmodell auf Dauerschuldverhältnissen, welche der weclapp zu einer relativ hohen Planungssicherheit verhelfen – mit bereits rund 3.000 Kunden, eine Vielzahl davon in Wachstumsmärkten aktiv und damit weniger von der aktuellen Krise betroffen. Wir haben mehrere Szenarien durchgerechnet, und selbst wenn weclapp im Geschäftsjahr 2020 nur 50 Prozent des Neuumsatzzieles erreichen sollte, so könnten wir doch die geplanten Ergebnisse halten. Das geplante starke Umsatzwachstum soll zu einem guten Teil durch Vertriebspartner erzielt werden und die damit verbundenen Provisionen würden entfallen, in dem Maße wie diese weniger Neukunden akquirieren. Aber wir sind in dieser Phase alles andere als untätig! Wir nutzen unsere gegebenenfalls vorübergehend freigewordenen Ressourcen für eine beschleunigte Produktentwicklung, die Internationalisierung sowie die Weiterentwicklung unserer prozessorientierten Organisation. Auch deshalb sind wir überzeugt, dass die Wachstumsstory der weclapp mit dem Ende der Beschränkung und einer Erholung der Wirtschaft mit hohem Tempo weitergehen wird.

    Digitalisierung wird in und nach der Krise immer wichtiger. Gibt es in dieser Hinsicht schon Reaktionen von weclapp-Kunden, vom Markt?

    Schmidt: Perspektivisch werden uns hier, wie auch bei der Telekommunikation, die Erfahrungen der Menschen und Unternehmen mit Homeoffice, Internetkollaboration und intensivierter Digitalisierung in die Hände spielen. Wir wissen, dass cloudbasierte Plattformen wie die unsere zu wichtigen Triebkräften bei der Digitalisierung werden. Die Akzeptanz für unsere Lösung wird dabei sicherlich ansteigen und uns spätestens nach Ende der Beschränkungen zusätzlichen Rückenwind verleihen.

    Die M&A Aktivitäten dürften aber in der Krise erlahmen, oder?

    Schmidt: Transaktionen zum Erwerb oder zur Veräußerung von Unternehmen sind in der derzeitigen Situation in der Tat erschwert – das spüren wir in der 3U Holding, aber auch hinsichtlich unseres geplanten anorganischen Wachstums bei der weclapp. Dort haben wir von unserer Shortlist bisher sechs heiße Kandidaten genau unter die Lupe genommen. Entweder wurden die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen oder pandemiebedingt einstweilen auf Eis gelegt. Kurz gesagt, unsere Strategie des anorganischen Wachstums ist fürs Erste aufgrund der externen Umstände deutlich verlangsamt. Ob wir 2020 einen Zukauf im Geschäftsbereich Cloud Computing tätigen, kann ich Ihnen hier und heute nicht zusagen. Wir halten weiter systematisch Ausschau nach potenziellen Übernahmekandidaten und werden zu gegebener Zeit auch hierzu erste Erfolge vermelden können.

    Wie sieht es unter diesen Umständen mit den Börsenplänen bei weclapp aus?

    Schmidt: Nun, da eine oder zwei erfolgreiche Übernahmen essenzielle Meilensteine auf dem Weg zum Börsengang der weclapp darstellen, müssen wir vorerst feststellen, dass der mögliche IPO sich weiter verschiebt. Bitte bedenken Sie dabei, das haben wir immer gesagt: Wir bringen eine starke weclapp in einem günstigen Börsenumfeld zu einem möglichst hohen Unternehmenswert und damit hohem Emissionserlös an die Börse.

    Sie weisen einen hohen Finanzmittelbestand aus, den Sie für Akquisitionen einsetzen wollen. Geht das noch? Oder müssen Sie diese Reserven der Krise opfern? Können Sie nicht auch eigene Aktien als Akquisitionswährung nutzen?

    Schmidt: Sie weisen ja darauf hin: Im vergangenen Jahr wurde der Liquiditätsbestand des 3U Konzerns deutlich ausgeweitet und alle Finanzkennzahlen verbessern sich laufend. Unser Finanzmittelbestand bildet ein sehr gutes Polster, um die aktuelle Krise unbeschadet überstehen zu können. Sämtliche Kreditverbindlichkeiten im 3U Konzern sind langfristig und beschränken sich ausschließlich auf Projektfinanzierungen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Demnach gehen wir davon aus, dass wir besagtes Polster, wenn überhaupt, nur in relativ geringem Maße beanspruchen müssen. Also stehen für eventuelle Akquisitionen in gutem Umfang Mittel bereit. Ob und inwieweit wir eigene Aktien der 3U Holding oder der weclapp als Akquisitionswährung einsetzen könnten, dazu gibt es derzeit keine Beschlusslage. Bei den Aktien im Eigenbestand ist eher an einen Verkauf gegen Bar gedacht.

    Noch ein Wort zu den großen Projekten der 3U Holding. In Würzburg und Koblenz haben Sie Gewerbeareale gekauft, die auf den ersten Spatenstich warten. Wie ist denn der Stand auf Ihren Baustellen?

    Schmidt: Beide Vorhaben entwickeln sich wie geplant. InnoHubs, das Bürogebäude in unmittelbarer Nähe der Universität Würzburg, wird Heimat des gemeinsamen Artificial Intelligence Clusters aus Forschung, Wirtschaft und weclapp. Vor Baubeginn werden wir aber dafür nicht benötigte Büroflächen an Interessenten verkaufen, um so die Finanzierung des eigentlichen Bauvorhabens abzusichern. Da beginnt jetzt die Vermarktung. Das neue Distributionszentrum in Koblenz wird von uns als Hub für unsere Supply Chain genutzt. Damit erhalten wir die Möglichkeit, unsere Logistik zu optimieren und zu erweitern – und dadurch auch die Ertragsseite des strategisch wichtigen Onlinehandels nach vorn zu bringen. Hier erwarten wir in den nächsten Wochen die Baugenehmigung, um dann sofort loszulegen.

    Und Ihr Ausblick? Wie sind die ersten Geschäftstendenzen im zweiten Quartal?

    Schmidt: Heute auf der Hauptversammlung unterstreichen wir erneut, dass wir die Prognose aufrechterhalten, allen COVID-19-Risiken zum Trotz. Gehen Sie davon aus, dass derzeit fast alle Zeichen in die richtige Richtung deuten.

    Dieses Interview ist eine Kooperation von wallstreet-online mit der Redaktion von www.4investors.de.




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