Fegt bald ein Tsunami über die Börsen?
Man muss sehr vorsichtig sein mit allem, was man (über die Börse) liest. Niemand weiß besser, was an den Märkten geschehen wird, als ein anderer. Jede Prognose spiegelt zu hundert Prozent das wider,
das derjenige, der diese Prognose abgibt, in seinem Innersten mit sich trägt, was er wünscht, fürchtet und was ihn beschäftigt. Mehr nicht. Kein Crashprophet ist daher klüger als Sie, lieber Leser.
Er hat nur eine andere Psyche.
Wie so etwas abläuft, kann man wunderbar bei dem Finanzmarktkolumnisten Bill Bonner beobachten, der für den frei erhältlichen Internetdienst „dailyreckoning.com“ schreibt und dessen Buch „Tage der Abrechnung“ demnächst im Finanzbuch-Verlag in deutscher Ausgabe erscheinen wird.
Ich freue mich schon, denn ich liebe Bonners Melancholie und sein Untergangsdenken. Es spricht mich in tiefster Seele an. Doch ich weiß auch zu unterscheiden. Es berührt mich gefühlsmäßig, doch mein Verstand entlarvt Bonners Untergangssehnsucht als Wunschdenken. Deswegen werde ich mich auch niemals verleiten lassen, dessen Sichtweise entsprechend zu handeln.
Wie sich Bonners Finanzmarkt-Melancholie ergibt, sieht man an folgendem Beispiel: Bonner schreibt von Professor Bill Maguire vom Hazard Research Centre und vom University College London, der die spanischen Behörden vor einem Ausbruch des Cumbre Veija auf den Kanarischen Inseln warnt, „... dass ein Teil des Vulkans mit der Größe einer kleinen Insel bei einer Eruption in den Ozean stürzen könnte, was zu einem Tsunami führen könnte – ein 100 Meter hoher Wasserwall könnte dann mit 500 km/h in Richtung amerikanische Ostküste rasen und würde drohen, New York und andere Städte zu überschwemmen."
Am nächsten Tag findet man dann folgenden text von Bonner: „Es sind diese letzten Sommertage, die in mir eine "fin de siecle" Stimmung aufkommen lassen. Die Sonne geht jeden Tag früher unter ... die Tage sind warm ... die Nächte kühl ... Und in diesen letzten Stunden ... in denen selbst der Boden den warmen Sommerhauch auszuatmen scheint, in denen der Morgentau auf den Feldern liegt ... da frage ich mich: Irgendwo in den weiten Ozeanen der Zukunft ... da muss sich ein Tsunami formen, einer, der unser süßes Leben zerstören wird ... und uns in unseren Illusionen ertränken wird.“
Ist das nicht wunderbar geschrieben und gedacht? Man muss es jedoch – wie alle Propheterie – als Literatur betrachten und keineswegs als Realaussage, dass wir demnächst wirklich in unseren Illusionen ertrinken werden. Das Problem der meisten Crashpropheten ist nur, dass sie allesamt nicht so schön schreiben können.
berndniquet@t-online.de
Wie so etwas abläuft, kann man wunderbar bei dem Finanzmarktkolumnisten Bill Bonner beobachten, der für den frei erhältlichen Internetdienst „dailyreckoning.com“ schreibt und dessen Buch „Tage der Abrechnung“ demnächst im Finanzbuch-Verlag in deutscher Ausgabe erscheinen wird.
Ich freue mich schon, denn ich liebe Bonners Melancholie und sein Untergangsdenken. Es spricht mich in tiefster Seele an. Doch ich weiß auch zu unterscheiden. Es berührt mich gefühlsmäßig, doch mein Verstand entlarvt Bonners Untergangssehnsucht als Wunschdenken. Deswegen werde ich mich auch niemals verleiten lassen, dessen Sichtweise entsprechend zu handeln.
Wie sich Bonners Finanzmarkt-Melancholie ergibt, sieht man an folgendem Beispiel: Bonner schreibt von Professor Bill Maguire vom Hazard Research Centre und vom University College London, der die spanischen Behörden vor einem Ausbruch des Cumbre Veija auf den Kanarischen Inseln warnt, „... dass ein Teil des Vulkans mit der Größe einer kleinen Insel bei einer Eruption in den Ozean stürzen könnte, was zu einem Tsunami führen könnte – ein 100 Meter hoher Wasserwall könnte dann mit 500 km/h in Richtung amerikanische Ostküste rasen und würde drohen, New York und andere Städte zu überschwemmen."
Am nächsten Tag findet man dann folgenden text von Bonner: „Es sind diese letzten Sommertage, die in mir eine "fin de siecle" Stimmung aufkommen lassen. Die Sonne geht jeden Tag früher unter ... die Tage sind warm ... die Nächte kühl ... Und in diesen letzten Stunden ... in denen selbst der Boden den warmen Sommerhauch auszuatmen scheint, in denen der Morgentau auf den Feldern liegt ... da frage ich mich: Irgendwo in den weiten Ozeanen der Zukunft ... da muss sich ein Tsunami formen, einer, der unser süßes Leben zerstören wird ... und uns in unseren Illusionen ertränken wird.“
Ist das nicht wunderbar geschrieben und gedacht? Man muss es jedoch – wie alle Propheterie – als Literatur betrachten und keineswegs als Realaussage, dass wir demnächst wirklich in unseren Illusionen ertrinken werden. Das Problem der meisten Crashpropheten ist nur, dass sie allesamt nicht so schön schreiben können.
berndniquet@t-online.de