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     2704  0 Kommentare Der Aufschwung schon wieder zu Ende?

    Wo wir gerade bei den Journalisten sind. Machen sich wichtig, schwadronieren durch die Gegend, mauscheln herum, halten sich für wichtig, verbringen ihre Abende auf Kosten anderer mit diesem Wichtigsein – doch bis auf wenige Ausnahmen kommt dann nur Mist heraus. Können nicht verstehen, wollen nicht verstehen.

    Die „Welt am Sonntag“ titelt ihre neueste Ausgabe „Aufschwung geht schon wieder zu Ende“. Welche Manpower und Kreativität hier wohl stundenlang zusammen gesessen hat, um dieses Geniestück zu Wege zu bringen? Oder ist das nur ein paar Vollalkoholikern durchgerutscht?

    In keiner anderen Zeitung wird auf fast jeder Seite einmal über die Soziale Marktwirtschaft lamentiert und Ludwig Erhard gepriesen. Immer wieder Ludwig Erhard, die Soziale Marktwirtschaft und wie gut das alles war. Ludwig Erhard selbst hätte diese Schreiberlinge sicherlich in der Luft zerfetzt, denn Erhard wusste viel zu gut, dass die Wirtschaft fast ausschließlich Psychologie ist. Und welche Wirkung derartige Schlagzeilen auf das Abspringen der Binnenkonjunktur haben, kann sich jeder selbst beantworten. Ein Rattenpack.

    Dabei ist es auch völlig falsch, was hier berichtet wird. Wir haben gar keinen Aufschwung gehabt, weshalb er auch nicht zu Ende gehen kann. Hier wird noch in den alten Kategorien der Inflationszeit gedacht. Im Zuge des Endes der Inflation ist aber auch der Konjunkturzyklus tot. Wir schwanken seit Jahren um ein Miniwachstum. Und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben. Doch ein „Anspringen“ der Konjunktur von ein Prozent Wachstum auf zwei Prozent ist genauso wenig ein Aufschwung wie ein Rückfall auf ein Prozent das Ende eines Aufschwunges darstellt.

    Doch das muss man erst einmal begreifen. Und man muss es auch begreifen wollen. Wir befinden uns in einer völlig neuen Zeit, in der die Gesetzmäßigkeiten der jüngsten Vergangenheit keinen Bestand mehr haben. The trend was our friend. But now he is dead.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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