Die modernen Alchemisten (3)
George Soros und die Alchemie
George Soros hat sich intensiv mit den Themen Alchemie und Finanzmärkte auseinander gesetzt. Der Hauptkritikpunkt von Soros an den herrschenden ökonomischen Theorie ist es, dass sie sich an der Methode der Naturwissenschaften orientiert – und folglich in ihrem Gegenstandsbereich kein eigenes Denken thematisieren kann. Das bedeutet: Wenn wir eine Wirtschafts- oder eine Marktprognose erstellen wollen, dann müssen wir das Denken aller Beteiligten selbst übernehmen.
Um das zu verdeutlichen, ein Beispiel: Nehmen wir an, zwei Menschen sitzen an einem Tisch und besitzen jeder eine Tafel Schokolade. Was wird nun passieren, wenn ich eine weitere Tafel Schokolade auf den Tisch lege?
Um eine Antwort zu finden, muss ich anscheinend den beiden Menschen jeweils bestimmte Verhaltensweisen unterstellen. Ich muss im Voraus, also bevor ich es experimentell überprüfen kann, Verhaltensannahmen machen, wie diese Menschen sich in unterschiedlichen Situationen verhalten werden. Entscheidend ist dabei, dass ich die Situation vor dem Überprüfen „modellieren“ muss. Ich muss also meinen beiden Wirtschaftssubjekten gewisse Vorstellungen und Verhaltensweisen „unterschieben“ oder besser „aufzwingen“. Das müssen natürlich nicht unbedingt meine sein, es werden vielmehr diejenigen sein, von denen ich glaube, dass diese Menschen sie hegen und an den Tag legen.
Doch das Problem ist ein prinzipielles: Wenn ich in Bereichen menschlicher Handlungen etwas prognostizieren will, dann muss ich den Beteiligten etwas „aufzwingen“. Doch genau das ist, worauf George Soros in seinem Buch „Die Alchemie der Finanzen“ hinweist, nichts anderes als eine alchemistische Vorstellung – dem unedlen Metall die Goldeigenschaft aufzwingen. Im Resultat heißt das: Jeder, der glaubt, eine richtige Prognose im Kontext von autonomen menschlichen Handlungen zu besitzen, ist ein Alchemist – ein Finder des Steines der Weisen und ein Kreateur von Homunculi.
Und so finden sich denn auch auf dieser Seite und im ganzen Netz und überall dort, wo sich beschriebenes Papier antreffen lässt, lauter Weisensteine. So viele Weisensteine, dass man vor Weisensteinen fast nicht mehr treten und schon gar nicht mehr atmen kann. Auch das macht natürlich den Reiz unserer modernen Zeit aus: Früher suchten nur wenige vereinzelte Philosophen nach einem einzigen Stein der Weisen. Heute hingegen gibt es die Weisensteine gleich im Dutzend – aber was sage ich: Dutzende von Millionen ...
So, liebe Leser, und jetzt haben Sie sicherlich erst einmal die Nase voll von Niquet-Texten. Da passt es gut, dass ich in der nächsten Woche eine Vorweihnachts-Pause einlegen werde. Die nächste Kolumne von mir finden Sie deshalb am kommenden Freitag an dieser Stelle.
berndniquet@t-online.de
George Soros hat sich intensiv mit den Themen Alchemie und Finanzmärkte auseinander gesetzt. Der Hauptkritikpunkt von Soros an den herrschenden ökonomischen Theorie ist es, dass sie sich an der Methode der Naturwissenschaften orientiert – und folglich in ihrem Gegenstandsbereich kein eigenes Denken thematisieren kann. Das bedeutet: Wenn wir eine Wirtschafts- oder eine Marktprognose erstellen wollen, dann müssen wir das Denken aller Beteiligten selbst übernehmen.
Um das zu verdeutlichen, ein Beispiel: Nehmen wir an, zwei Menschen sitzen an einem Tisch und besitzen jeder eine Tafel Schokolade. Was wird nun passieren, wenn ich eine weitere Tafel Schokolade auf den Tisch lege?
Um eine Antwort zu finden, muss ich anscheinend den beiden Menschen jeweils bestimmte Verhaltensweisen unterstellen. Ich muss im Voraus, also bevor ich es experimentell überprüfen kann, Verhaltensannahmen machen, wie diese Menschen sich in unterschiedlichen Situationen verhalten werden. Entscheidend ist dabei, dass ich die Situation vor dem Überprüfen „modellieren“ muss. Ich muss also meinen beiden Wirtschaftssubjekten gewisse Vorstellungen und Verhaltensweisen „unterschieben“ oder besser „aufzwingen“. Das müssen natürlich nicht unbedingt meine sein, es werden vielmehr diejenigen sein, von denen ich glaube, dass diese Menschen sie hegen und an den Tag legen.
Doch das Problem ist ein prinzipielles: Wenn ich in Bereichen menschlicher Handlungen etwas prognostizieren will, dann muss ich den Beteiligten etwas „aufzwingen“. Doch genau das ist, worauf George Soros in seinem Buch „Die Alchemie der Finanzen“ hinweist, nichts anderes als eine alchemistische Vorstellung – dem unedlen Metall die Goldeigenschaft aufzwingen. Im Resultat heißt das: Jeder, der glaubt, eine richtige Prognose im Kontext von autonomen menschlichen Handlungen zu besitzen, ist ein Alchemist – ein Finder des Steines der Weisen und ein Kreateur von Homunculi.
Und so finden sich denn auch auf dieser Seite und im ganzen Netz und überall dort, wo sich beschriebenes Papier antreffen lässt, lauter Weisensteine. So viele Weisensteine, dass man vor Weisensteinen fast nicht mehr treten und schon gar nicht mehr atmen kann. Auch das macht natürlich den Reiz unserer modernen Zeit aus: Früher suchten nur wenige vereinzelte Philosophen nach einem einzigen Stein der Weisen. Heute hingegen gibt es die Weisensteine gleich im Dutzend – aber was sage ich: Dutzende von Millionen ...
So, liebe Leser, und jetzt haben Sie sicherlich erst einmal die Nase voll von Niquet-Texten. Da passt es gut, dass ich in der nächsten Woche eine Vorweihnachts-Pause einlegen werde. Die nächste Kolumne von mir finden Sie deshalb am kommenden Freitag an dieser Stelle.
berndniquet@t-online.de