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     4046  0 Kommentare Jahresprognose für 2005

    Der schönste Satz, den ich über das anstehende neue Jahr gelesen habe, stammt aus einem kostenlosen Newsletter eines Börsenverlages im Internet. Hier schreibt der Autor: „Nun sitze ich seit geraumer Zeit über der Jahresprognose zu 2005. Leider muss ich gestehen, ich kann Ihnen zurzeit noch nicht sagen, ob die Börse 2005 steigen oder fallen wird.“

    Ich könnte mich bepinkeln vor Lachen, wenn ich das lese. Und da sage jemand, die Börse hätte nichts mit Humor zu tun. Das ist feinstes Kabarett, finde ich: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn das Jahr zu Ende ist. Huäh. Oder: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn ich zu Ende gerechnet habe, die Glaskugel ausgepackt habe, den Kaffeesatz in den Mülleimer gefiltert habe, mir beim Bleigießen nicht die Hände verbrannt habe.

    Ich selbst habe leider keine Ahnung, ob die Börse nächstes Jahr steigen oder fallen wird. Das Einzige, was man seriöserweise von sich geben kann, ist eine Einschätzung der Wirtschaft. Hier sehe ich weiteres Wachstum und weiterhin keine Inflation. Doch um die Reaktion der Märkte darauf prognostizieren zu können, müsste man schon allwissend sein. Oder eben sehr anmaßend. Ich denke, dass die Tendenz auf weiter niedrige/sinkende Zinsen gerichtet ist – und dass das insgesamt kein schlechtes Szenario für Aktien ist.

    Sehr oft machen die Märkte genau das, was keiner von ihnen erwartet – und treffen mitten in die sogenannten „Prognoselöcher“ hinein. In diesem Jahr ist freilich genau das Gegenteil davon passiert – und die Märkte haben exakt die Konsens-Prognose getroffen. Doch eine Regelmäßigkeit lässt sich daraus keinesfalls ableiten.

    Was der Konsens für 2005 erwartet, dass weiß ich nicht. Damit ist klar, dass genau das Gegenteil davon eintreten wird. Am Ende des Jahres 2005 werde ich es wissen. Oder doch nicht? Es ist schon ein Kreuz mit dieser Auseinandersetzung mit dem Gegenteil des Gegenteils.

    berndniquet@t-online.de

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Jahresprognose für 2005 Der schönste Satz, den ich über das anstehende neue Jahr gelesen habe, stammt aus einem kostenlosen Newsletter eines Börsenverlages im Internet. Hier schreibt der Autor: „Nun sitze ich seit geraumer Zeit über der Jahresprognose zu 2005. Leider …

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