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     1109  0 Kommentare Ostern 2022: Schlimme Worte (und schlimme Taten)

    Eigentlich bin ich fast noch mehr von den Worten erschrocken, die ich derzeit vernehme, als von den Taten

    Am meisten gespannt bin ich, wie die Historiker einmal in einigen Jahren und Jahrzehnten die Jetztzeit bewerten werden?

     

    Ob sie das Heute als Ausgangspunkt für ein neues Zusammenwachsen von Europa und der westlichen Allianz sehen werden (egal ob die dann später realisiert worden ist oder nicht), oder eher als passives Mitwirken des gesamten Westens am größten Völkermord in Europa seit der Shoah?

     

    Eigentlich bin ich fast noch mehr von den Worten erschrocken, die ich derzeit vernehme, als von den Taten. Denn dass die Russen sich wie in Grosny und Aleppo verhalten werden, war mir ja klar, das hatte ich antizipiert.

     

    Doch was ich von unseren Politikern höre und auch von den Russen, versetzt mir schon den einen oder anderen Leberhaken. Für mich wirkt vieles, als sei da auf beiden Seiten etwas ausgeklinkt.

     

    (1) Im Westen höre ich immer wieder die Angst, die jetzigen Lieferungen von schweren Waffen an die Ukraine könnten von Putin als Eintritt der Nato in den Krieg gewertet werden. Und dann kommt natürlich sofort das Atombombenthema, das wir uns ja dummerweise von den Russen aus der Hand nehmen gelassen haben.

     

    Weil derzeit gerade alle vom Fußball reden, vielleicht das hier: Im Moment es in etwa so wie in einem Fußballspiel, das ohne Schiedsrichter gespielt wird und bei dem die eine Mannschaft bewusst nicht den Ball zu treffen versucht und nur auf die Beine der anderen Mannschaft zielt, um sie möglichst zu brechen. Während die andere Mannschaft, als einem Spieler versehentlich der Ball an die Hand springt, darüber diskutiert, ob sie den so gewonnenen Ball nicht freiwillig an die andere Mannschaft zurückgeben sollte.

     

    (2) Ganz neu kommt jetzt bei uns auch die Angst auf, wenn Putin den Krieg nicht gewinnen sollte, dann kleine Atomwaffen einsetzen zu können. Olaf Scholz und viele andere mit ihm werden also hoffen, dass Putin den Krieg gewinnt.

     

    (3) Im Osten wird währenddessen im russischen Fernsehen ganz offen vom Einsatz von Chemiewaffen gesprochen, die offiziell geächtet sind. Dass man damit den Gegner damit ausräuchern wolle.

     

    In Syrien konnten wir ja bereits sehen, wie es aussieht, wenn Giftgas eingesetzt wird, doch bisher ist das von den Tätern immer bestritten wird. Dass das jetzt sogar offiziell im Fernsehen angekündigt wird, ist eine neue Dimension des kompletten Ausgeklinktseins.

     

    (4) Wahrscheinlich hat Jesus Christus am Kreuz wirklich die einzig richtigen Worte gewählt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Leider hat er uns alle verlassen. Und seine Gegner wissen sehr gut, was sie tun.

     

    (5) Auch dass es wieder Lager in Europa gibt, in die entführte Ukrainer interniert werden, erweckt ungute Assoziationen? Erinnern Sie sich sich noch an meine Kolumne, als ich, damals noch übertrieben zu haben glaubend, gefragt habe, wann wohl die Nato eingreift? Wenn die Russen ihre Gegner vergasen?

     

    (6) Dazu auch noch zu der Steinmeier-Ausladung. Ja, das war eine diplomatische Unhöflichkeit der Ukraine. Doch ist es nicht genauso unhöflich gewesen, dass die Juden damals vor 80 Jahren bei der Vergasung keinen Schlips getragen haben?

     

    (7) Und noch ´ne Parallele: So wie damals bei Hitler, hat natürlich auch heute niemand etwas gewusst oder vorher geahnt. Damals bei der Reichstagswahl 1933 waren wir genauso Steinmeiers wie viele das heute wieder sind.

     

    (8) Nicht minder irritiert bin ich dann allerdings auch, als ich am letzten Wochenende einmal wieder mein Depot durchgerechnet und eine aktuelle Vermögensbilanz aufgestellt habe und dabei feststelle, trotz des Krieges und der großen Krise ein neuen Alltime-High erzielt zu haben. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln: Anscheinend wissen wir wirklich alle nicht, was wir tun.

     

    Und was mich zum Schluss in Hinsicht auf die Historiker dann doch noch brennend interessieren würde, ist dies hier: Wenn dann in ein paar Jahrtausenden die Archäologen unsere vernichtete Kultur ausgraben werden, wüsste ich nur zu gerne, ob Olaf Scholz im Todeskampf immer noch gezittert hat oder ob er aus Passivität bereits vor seinem Tod ganz starr gewesen ist?

     

    So etwas können Archäologen ja feststellen. Zeitgeschichtler sind in solchen Dingen hingegen zwangsweise blind.

     

    Und auch wenn es in diesem Jahr nur Galle zu essen und Essig zu trinken gibt, wünsche ich dennoch ein angenehmes Osterfest.

     

    Auferstehen wird dieses Jahr jedoch niemand, eher weitere Tausende zu Grunde gehen. Aber wir haben es ja so gewollt. Und wie hat der große Kenner der Menschheit es doch so treffend in seinem letzten Satz gesagt? Es ist vollbracht!

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Ostern 2022: Schlimme Worte (und schlimme Taten) Es wirkt alles ein bisschen wie Gehirnschäden

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